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Liebe für Haß.
Roman
von
Jiriedrich Kriedrich.
(Fortsetzung.) .
(Nachdruck verboten.)
üringer erzählte nun der Wahrheit gemäß
Alles, was Saloa ihm zwei Tage zuvor
mitgetheilt hatte, die Rohheit des angeb-
lichen Grafen gegen Albert, die ebenso
rohe und absichtliche Reizung Lei der Be-
gegnung und Salva's ebenso rasches wie
unerwartetes Handeln.
Nicht ohne Erschütterung hatte der
Staatsanwalt ihm zugehört.
„Wahrlich, ich weiß nicht, ob ich selbst
anders gehandelt hätte!" ries er. „Es
gibt Beleidigungen, die nur durch den
Tod des Gegners ausgelöscht werden.
Wußten Sie, daß Salva einen Revolver
bei sich führte?"
„Nein."
„Glauben Sie, daß es von vornherein
Salva's Absicht gewesen ist, seinen Feind
bei einer Begegnung zu erschießend"
„Nimmermehr!" versicherte Düringer.
„Heute wollte er abreisen, zunächst, um
seine unglückliche Frau aufzusuchen,
dann um zu seiner Tochter zurückzu-
kehren. Hätte ich ihn gestern Morgen
nicht zu dem Spazierritte veranlaßt, so
würde das Schreckliche nie geschehen
sein; freilich konnte ich es nicht ahnen,
ich hatte sogar die feste Ueberzeugung,
daß der Graf nach dem Vorgesallenen
kaum wagen werde, sich hier wieder
öffentlich zu zeigen."
„Weshalb trug aber der Herr v. Salva
den Revolver bei sich d" warf der Staats-
anwalt ein.
„Diese Frage vermag ich nicht zu
beantworten, er trug ihn bereits auf
seinen Spazierritten, ehe der Gras hie-
her gekommen war."
„Daß die Geliebte des Grafen wäh-
rend der Nacht entflohen ist, wissen
Sied"
„Ja, ich hörte es."
„Der Diener beschuldigt sie, Geld und
viele seinem Herrn gehörende Schmuck-
sachen mit sich genommen zu haben;
er hat sofort deshalb an den Bruder
seines Herrn, an den Fürsten von X.
telegraphirt, und ich erhielt von dem-
selben vor ungefähr einer Stunde durch
den Telegraphen das Ersuchen, weder
gegen die entflohene Dame, noch gegen
den Diener, wenn sich gegen denselben
ein ähnlicher Verdacht Herausstellen

„Nie, weshalb?" fragte Düringer.
„Er beschuldigte anfangs auch Sie und Ihren Sohn,
an der Erschießung seines Herrn theilgenommen zu haben,
als ich näher in ihn drang, vermochte er diese Beschul-
digung freilich nicht aufrecht zu halten. Er suchte sie
durch die Bestürzung, in der er sich befunden habe, zu
erklären; auf mich machte es indessen den Eindruck, als
ob es seine Absicht gewesen sei, Ihnen Unannehmlich-
keiten zu bereiten."
Düringer erzählte, wie er den Diener vor wenigen
Tagen Abends in seinem Parke getroffen und ihm aller-
dings gesagt habe, daß er lieber am Tage denselben be-
suchen möge.
„Er ist schon seit langen Jahren bei dem Prinzen
in Diensten gewesen und Herr v. Salva
versicherte, daß derselbe einen noch
schlechteren Charakter als sein Herr
habe," fügte er hinzu. „Ich selbst kann
den Gedanken nicht los werden, daß ich
bereits früher irgendwo mit ihm zusam-
men gekommen bin, sein Gesicht, seine
dreisten und tückischen Augen sind mir
bekannt und doch vermag mein Gedächt-
niß mir keine Aufklärung zu geben."
„Führt sein Name Sie nicht auf irgend
eine Spur?" warf der Staatsanwalt ein.
„Ich kenne denselben nicht."
„Der Mann heißt Ferdinand Schlo-
big."
„Schlobig! Schlobig!" rief Düringer,
erregt aufspringend. Jetzt nut einem
Male erkannte er auch die Züge des
Menschen, seine dreisten, stechenden
Augen wieder. Schon einmal hatte der-
selbe verhängnißvoll in sein Leben cinge-
griffen, denn er war es ja gewesen, der
Rode gegen seinen Vater anfgereizt hatte.
„Sie kennen ihnd" fragte der Staats-
anwalt.
„Ja, ich kenne ihn," gab Düringer
zur Antwort. „Sein Name ruft die
trübsten Erinnerungen meines Lebens
in mir wach."
Er erzählte das einst Geschehene.
„Nnn begreife ich Manches," fügte er
hinzu. „DiesemManne ist das Schlimmste
zuzutraueu, denn sein Charakter ist
tückisch und boshaft. Hoffentlich be-
gegnet er mir nie wieder."
„Ich werde der Polizei einen Wink
geben, daß sie ihn aufmerksam beobach-
tet," bemerkte der Staatsanwalt. „Hof-
fentlich wird er der Leiche seines Herrn
folgen, welche aus-Befehl des Fürsten
heute noch nach X. abgeholt werden
wird, damit sie dort in der Familien-
gruft beigesetzt werden kann."
„Upd damit wird Alles ausgelöscht,
was er Schlechtes in seinen: Leben ge-
than hat," warf Düringer nicht ohne

Claude Vernarb. (S. 391.)

sollte, einzuschreiten. Der Fürst verzichte, als der
Rechtsnachfolger und Erbe seines Bruders, auf die etwa
vermißten Sachen."
„Er wird befürchten, daß Beide, wenn sie zur Rechen-
schaft gezogen würden, über den Todten mehr ausfagen
möchten, als ihm lieb ist," bemerkte Düringer.
Der Staatsanwalt nickte zustimmend.
„Die Depesche wirft zugleich noch ein eigenthüm-
liches Licht ans den Diener und scheint die Unredlichkeit
desselben mit Gewißheit vorausznfetzen. Auf mich hat
er den Eindruck gemacht, als ob er selbst feinen Herrn
bestohlen habe und nun den Verdacht und die Schuld auf
die Entflohene zu lenken suche. Das Gesicht dieses Men-
schen ist nicht einnehmend. Haben Sie ihn je beleidigt?"
 
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