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S e r t h a' s

Geheimni ß.


Roman
von
Levin Schttckittg.
(Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.)
er Baron lächelte zu diesen Ausführungen
des Regiernngsrathes, daun Ivars er ein:
„Und deutet in dieser Handschrift etwas
auf Verrücktheit nach Ihrem System? Auf
den Verfolgungswahnsinn, von dem der
Bauer geredet hat?"
„Sehr viel.

Wodurch? Der Baron vertraut ihm Alles. Kanu thuu,
was ihm gut dünkt. Kontrole nicht da. Mein Bauer
sagt
Hier hörte die Aufzeichnung auf, statt weiterer Worte
folgten auf den: Nest des Papierblattes allerlei gemalte
Buchstaben, wie sie ein in Sinnen und Träumen ver-
fallender Mensch macht, große B., große M. und allerlei
Schnörkeleien.
Der Geheimrath schlug kopfschüttelnd das Blatt nm
und nun sand sich auf der Rückseite gar etwas wie eine
Skizze vom Grundrisse eines Gebäudes.
„Das scheint ja nichts Anderes," ries der Baron aus,
„als ein ungefährer Grundriß von Bellersheim — sehen

Sie hier diese Gallerie mit der Wendelstiege am Ende,
die nach Außen führt — hier die Kommunikation mit
meinen Zimmern — hier der alte Bibliotheksaal mit dem
Kamin..."
„Sie haben Recht," fiel der Geheimrath betroffen ein,
„cs ist das ein Stück von Hans Bellersheim, Ivie Je-
mand, der es einmal durchschritten hat, es sich ungefähr
aus der Erinnerung aufzeichnen kann..."
Die beiden alten Herren sahen sich mit sehr über-
raschten Mienen an.
„Ueber Ihren grauen Waldgänger brauchen wir jetzt
keinen Zweifel mehr zu hegen," sagte dann der Ge-
heimrath.
„In der That kaum," ver-

Diese wie Raketen in die Luft
fahrenden und hoch über den
Zeilen zerplatzenden Schnör-
kel macht kein gesunder Kopf,
kein verständig an sich halten-
der Mensch; und dann ist
anch das Charakteristische für
die Handschrift gestörter Köpfe
da..."
„Und was ist das?"
„Das ist diese Art, die
Worte in ihre Buchllaben-
bestandtheile aufgelöst zu
schreiben, sie bald nervös zu
kritzeln, wie eine Dornenhecke
dicht durch einander zu schie-
ben, bald ohne Verbindnngs-
ftrich unter einander zn lassen
und zu trennen, so daß die
einzelnen Buchstaben unge-
sellig und verdrossen neben
einander stehen, als ob sie
sich in ihrer Feindseligkeit
nicht die Hand geben woll-
ten. Ein verständiger Mensch
läßt sie mit einander ver-
bunden sich zum Organis-
mus des Wortes die Hand
geben, in einander übergehen."
„Ihre Schristknnde in
Ehren," rief hier der Baron,
der mit den Angen den Zei-
len eines der beschriebenen
Notizblätter gefolgt war, ans,
„hier finde ich eine Notiz, die
uns doch mehr sagt, als alle
diese Ihre Deutungen. Sehen
Sie hier!"
Der Geheimrath las die
Stelle, auf welche der Barou
mit dem Finger deutete, und
fand die flüchtig eingeschrie-
benen Worte:
„Geschäftsführer seit dem
Jahre 1852. Damals ohne
Vermögen. Jetzt wohlhabend,
hier zn Lande reich genannt.

Graf Schuwaloff, russischer Botschafter am englischen Hase. (S. 5)9.)


setzte der Baron. „Aber ich
gestehe Ihnen, daß dies Alles
mich doch so betroffen macht,
daß ich mich wahrhaftig nach
einem Menschen sehnen könnte,
der mir sonst nicht just zu sym-
pathisch ist, nm mir bei der
Deutung von dem Allen, bei
der Erklärung, was nur dieser
Branco — so nanuten Sie
itm ja — eigentlich gewollt
hat, beizustehen!"
„Und wer ist das, dieser
Mensch, nach deut Sie sich
sehnen?"
„Spesser."
„Spesser? Weiß der mehr
als wir Anderen?"
„Er kombinirt schlauer,
und wo er nichts weiß, da
spürt er. Sie glauben nicht,
welche Kombinationen er da-
mals, als Bertha ihr Hans
nicht verlassen mochte, daran
zn knüpfen verstand."
„Waren Sie richtig?"
„Nein — aber..."
„Nun, so sehnen wir uns
mcht nach ihm, er ist ein un-
angenehmer Gesell."
„Wohl wahr; wir stoßen
hier jedoch auf eiuen offen-
baren Zusammenhang zwi-
schen meinen Erscheinungen
und dem Merkfichen Hause.
Denn was in jenen Worten
da gesagt ist, bezieht sich doch
offenbar ans Gottfried Merk,
meinen Geschäftsführer! Und
da wünscht' ich mir denn
doch in der Lyat Jemand,
der scharfsichtiger ist als ich,
zur Erklärung herbei!"
„Wollen Sie mit Wertha
darüber reden?"
Der Baron schüttelte den
Kopf.
 
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