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zur Seite stehen, er ist

Emma, Königin der Niederlande, geborene Prinzessin do» Waldeck.
Nach siner Photographie gezeichnet von C. Kolb. (S. 295.)

ich in der schweren Stunde
jetzt ganz allein —"
„Und Ihre Anwesenheit würde ihm voraussichtlich
auch nicht tröstlich sein," unterbrach der Buchhalter ihn
mit ernster Ruhe. „Das Geld muß allerdings Morgen
deponirt werden, und ich hoffe, daß diese Sache glatt
geordnet wird, einstweilen ist noch kein Grund zu Be-
fürchtungen vorhanden."
Feodor hielt den Blick prüfend auf ihn geheftet.
„Sagen Sie mir die Wahrheit?" fragte er mit leisem
Mißtrauen. „Glauben Sie nicht, daß es mich über-
raschen würde, wenn Sie Besorgnisse äußerten, habe ich
doch selbst oft genug über die Verschwendung im elter-
lichen Hause den Kopf geschüttelt. Woher sind die
Mittel genommen worden, um die enormen Ausgaben
zu bestreiten?"
„So dürfen Sie nicht fragen und nicht rechnen,"

erwiederte Burgraf kopfschüttelnd; „mag auch iu dem
eiueu oder anderen Jahre der Haushalt mehr verschlun-
gen haben, als für ihn ausgesetzt werden durfte, der
Herr Kommerzienrath wird darum doch gewußt haben,
wie weit er gehen durfte."
„Und glauben Sie, daß dies all der Sache selbst
etwas geändert haben würde? Meine Mutter beherrschte
den Vater, und was sie wollte, das geschah. Jetzt hat
sie den Vater verlassen, und auch das —"
„Ich bitte Sie dringend, urtheilen Sie nicht so
streng," unterbrach der alte Mann ihn abermals, „die
Damen wollen einige Wochen in der Residenz zubringen,
sie werden schon zurückkehren."
„Paula hat mir über diesen Punkt geschrieben,"
sagte Feodor, „sie möchte lieber heute als morgen die
Heimreise antreten, aber Mama hat ihr erklärt, aus
schwerwiegenden Gründen müsse die Rückreise verschoben
werden. Und wo soll ich diese Gründe
anders suchen, als in den Verhältnissen
des Vaters? Ich weiß freilich nichts Nähe-
res, aber ich denke mir, daß der Ruin
vor der Thüre steht, und was es dann
geben soll, mag Gott allein wissen. Mein
armer Vater würde die Schande nicht
überleben, er wäre entehrt, aus der Ge-
sellschaft ausgestoßen, verachtet —"
„Dann wollen wir ihm an unserem
Herde eine neue Heimath schaffen," sagte
Christine mit herzlicher Theilnahme.
Der alte Mann stand von seinem
Sitze auf und wanderte eine geraume Weile
auf und uieder, indeß das Brautpaar leise
mit einander Plauderte.
„Sie blicken zu schwarz iu die Zukunft,"
sagte er nach einer Pause, „Vertrauen
und Hoffnung muß man sich immer be-
X'X' wahren. Der Ausbruch des Bankcrotts,
den Sie schon annehmen wollen, ist vor-
XII erst nicht zu fürchten, wir werden alle
XI- Verpflichtungen erfüllen, es fragt sich eben
nur, welche Stellung die Geschäftsfreunde
p-X x X' Ihres Vaters wählen werden. Bewähren
XX-xX ' sie uns ihr Vertrauen, dann kann Alles
Xx noch gut werden, entziehen sie es uns, dann
allerdings haben wir einen sehr schweren
Stand, aber auch dann werden wir Alles
Xx aufbieten, die Ehre des Hanfes zu wahren.
Und es scheint, daß die große Mehrzahl
schon jetzt aus unserer Seite steht; zweifelt
man auch nicht an der Berechtigung des
Erben, so verdenkt man es ihm doch'sehr,
daß er den Prozeß begonnen hat."
„Es glaubt wohl Niemand an die Mög-
lichkeit eines Betrugs?" fragte Feodor.
si „Außer Denjenigen, die im eigenen
Interesse wünschen, daß der angebliche
Erbe als Betrüger entlarvt werde, wohl
Niemand," antwortete Burgraf.
„Auch der Geheimpolizist nicht?"
„Ich habe vorhin noch mit ihm geredet
und werde nicht klug aus ihm."

Eine Million.
Roman in drei Büchern
von
Ewakd August Aönig.
(Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.)
a, das Ende trügt die Last," nickte Burgraf,
gedankenvoll den Ausspruch Baumanills wie-
derholend; „aber auf deu Kommerzienrath
brauchen Sie dieses Sprichwort nicht im
schlimmen Sinne zu deuten. Sie äußerten
noch vor einigen Tagen mit überzeugender
Zuversicht die Hoffnung, es werde Ihnen gelingen,
den Betrüger zu entlarven, und heute haben Sie diese
Hoffnung ganz verloren?"
„Nicht ganz," erwiederte Baumann ironisch lächelnd,
„aber ich habe eingesehen, daß es eine jener
Hoffnungen ist, deren Erfüllung man nicht
erzwingen kann. Die Möglichkeit, daß der
betreffende Herr als Betrüger entlarvt wird,
ist noch immer vorhanden, aber —"
„Und diese Entlarvung wird erst dann
erfolgen, wenn er das Geld erhalten und
vielleicht vergeudet hat!" unterbrach der
Buchhalter ihn ärgerlich.
„Ich kann das nicht ändern," fuhr Bau-
mann achselzuckend fort, „es ist ja nicht
meine Sache, sondern Sache des Gerichtes,
die Beweise, die der Erbe für die Iden-
tität seiner Person vorlegt, zu Prüfen.
Sie dürfen überzeugt sein, daß ich Alles
gethan habe, was in meinen Kräften lag,
und Niemand hat mich in meinem Streben
unterstützt."
„Und jetzt kann nichts mehr geschehen?"
fragte Burgraf.
„Ich weiß es nicht, ich hatte noch
immer mein Augenmerk darauf gerichtet,
aber ob ich etwas erreichen werde, ist sehr
fraglich."
Für den alten Mann war das ein
schlechter Trost, er hatte offenbar einen
besseren erwartet, seufzend erhob er sich,
eine innere Ungeduld schien ihn fortzu-
treiben. XX
Nach kurzem Gruße entfernte er sich xHe/X- ftX
und überließ es dein Agenten, die Flasche
zu leeren, er selbst fühlte kein Bedürfniß
geistige Getränke zu genießen, der Kopf war
ihm schwer genug.
In seiner Wohnung traf er Feodor;
den jungen Mann hatte die Sorge um
den Vater nach B. getrieben.
„Sie können mir das nicht verargen,"
sagte er, alsBurgraf fein Befremden äußerte,
„ich weiß, daß morgen das Geld deponirt
werden soll, und Sie ließen vor einiger
Zeit Worte fallen, die wohl geneigt waren,
mich zu beunruhigen. Ich muß wissen,
wie die Dinge liegen, meinem Vater will
 
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