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Degen und Palette.
Historischer Roman aus Bayerns Vergangenheit.
- Von
Lgkert tzarksse».
U7 lFertschung.) cNochdr,.- reNwtcn.)
E ch verstehe die Abneigung meines Vaters
M. gegen die Maler und Künstler Wohl," fuhr
M Franziska sort, „obgleich — oder vielleicht
auch weil ich am meisten unter diesem Ver-
hültniß leide. Denn mir gab der liebe
Gott mit dem offenen Ange für die Schön-
heiten der Natur auch den unwiderstehlichen Trieb, das
Schone, was ich sehe, mit Pinsel und Palette nachzu-
bilden. Früher hat der Vater meine Malerei wenig
beachtet, seitdem er aber den Haß gegen Euch Maler
gefaßt hat, sieht er auch mit scheelen Angen ans mein
Treiben, und heimlich muß ich mir daher
die Gelegenheit suchen, mein Talent unter
der Anleitung eines kundigen Meisters
fvrtzubilden. Das ist nicht leicht zu er-
tragen, aber leichter trage ich es dennoch,
seitdem mir der Grund von Vaters Abnei-
gung klar geworden ist. Seht, er liebt sein
Vaterland und feinen Fürsten wie Wenige,
und deshalb erfüllt ihn der Anblick mit
tiefem Schmerz, wie die reichen Schatze
unseres Landes in zwecklosen Bauten, wie
er sie nennt, vergeudet werden."
„Aber was hat das Alles mit der Ma-
lerei zu thnnd" fragte Beich.
„Der Zusammenhang ist nicht schwer
zu errathcn. Den Fürsten selbst will mein
Vater nicht für diese Zustande 'verantwort-
lich machen, den glänzenden Helden von
Machacz und Belgrad bewundert und liebt
er zu sehr, um auch nur den leisesten
Schatten eines Vorwurfes auf ihm zu
dulden. Aber die fürstliche llmgcbung macht
er verantwortlich und alle Diejenigen, welche
den hohen Herrn in Ausführung seiner
Pläne unterstützen, wie eben Ench Künstler,
von denen er behauptet, Ihr verleitetet den
Kurfürsten zu all' diesen kostspieligen Bauten
und Anlagen, nur nur für Euch selbst Geld
zu gewinnen. Etwas Wahres ist ja auch
wohl daran, daß zumal die Ausländer unter
Ench, die Italiener vor Allem, dem Herrn
stets nenc weitaussehende Projekte vorlegen,
nur sich noch auf lange hinaus unentbehr-
lich zu machen. Das unterscheidet der
Vater nnn nicht so genau, er wünscht Ench
Alle mit einander dahin, Uw der Pfeffer
wächst, obgleich er Einzelne persönlich hoch-
schätzt, wie zum Beispiel gerade Euch,
Meister Beich."
„Wir haben auch oft genug unten an
der Donau nm Wachtfeuer znsammenge-
sessen," warf der Maler ein. „Damals hätte
ich nicht gedacht, daß wir uns einst so

feindlich gegenüberstehen würden." Beich erhob sich von
der Baumwurzel, auf welcher er bisher gesessen, und
begann, mächtige Rauchwolken versendend, mit großen
Schritten auf und ab zu gehen. Nach einiger Zeit
blieb er hinter der Baronin stehen und verfolgte, ihr
über die Schulter sehend, ihre Thätigkeit auf der Staf-
felei. „Die Fohre links will mir nicht recht gefallen,
die Farbe der Rinde vor Allem, dann aber auch die
Zeichnung —" er fuhr mit der Mundspitze feiner Pfeife
dicht vor dem Bilde hin und her, so daß der Tabaks-
dampf der Baronin die Thränen in die Augen trieb.
„Euer Tabaksdampf ist ebenso beißend wie Eure
Kritik," rief dieselbe lachend.
„Ihr habt beides erlaubt," entgegnete er, aber sie
legte, ihn unterbrechend, ihre Hand auf seinen Arm:
„Bitte, einen Augenblick still," sagte sie leise, „es war
mir eben, als hörte ich — wahrhaftig, das ist meines
Bruders Stimme, und Der, mit welchem er spricht,

Ar. Muguu. Originalzeichmmg von C Kolb. (S. 367.)

scheint Vetter Max zu sein. Sie kommen nm die
Schanze herum — heilige Jungfrau! - wenn sie mich
hier überraschten, malend und gar mit Ench zusammen
— was würden sie denkend — Schnell — bitte — helft
mir, die Staffelei in ihr Versteck znrückzubringen."
„Dazu ist es schon zu spät!" In der Thal klangen
die Stimmen und Schritte schon so nahe, daß Beich
mit seinen Worten nur zu sehr Recht hatte.
„Aber was dann beginnend Sie dürfen mich hier
nicht finden."
„So verbergt Euch selbst dort in der Höhle, ich
werde Euren Platz vor dem Bilde einnehmen. Aber
beeilt Euch, sonst ist es auch dazu zu spät."
Ohne mit einer Entgegnung Zeit zu verlieren, eilte
Franziska einer niedrigen, hinter Gestrüpp halb ver-
borgenem Oeffnnng in der Schanz zu, welche zu einer
Art Höhle führte. Im nächsten Augenblick war sic
darin verschwunden und Beich saß, den Pinsel in der
Hand, vor der Staffelei. Gleich darauf
bogen nm die Ecke der Schanz zwei junge
Männer in der himmelblauen knrbayri-
schen Uniform mit den karmoisinrothen Ab-
zeichen des Grenadier-Regiments Heydoni.
Ohne sie zu beachten, nahm Beich die
Miene an, eifrig mit Malen beschäftigt zu
sein, aber seine Pfeife zog die Aufmerk-
samkeit des einen Offiziers auf sich. Er trat
schnell ans den Künstler zu und herrschte ihn
an: „Welche Unvorsichtigkeit, hier zu rau-
chen! Sofort laßt Eure "Pfeife ansgehen."
„Der Deckel schließt fest genug, nm
jeden Schaden zu verhüten," brummte Beich
zwischen deu Zähnen, ohne die Pfeife ans
dein Munde zu nehmen.
„Das könnt Ihr nicht bcnrtheilcn.
Augenblicklich kommt meinem Befehle nach.
Wißt Ihrs Iven Ihr vor Euch habt d Ich
bin der Sohn des Baron Landhorst, ans
dessen Grund und Boden Ihr hier sitzt."
„Reißt ihm doch das qualmende Röhr
aus dem Munde und werft es ihm vor die
Füße," schnarrte der andere Kavalier.
Beich blies gleichmüthig eine große
Rauchwolke in die Luft und sagte, ohne die
letzten Worte zu beachten: „Ihr habt mir
Euren Namen genannt, Baron Sandhorst,
da interessirt es Euch vielleicht, auch zu
wissen, wer ich bin. Ihr seht in mir den
Kurfürstlichen Hofmaler Beich, von Sere-
nissimus mit der Ausschmückung des neuen
Schlosses beauftragt. Zn diesen, Zwecke bin
ich eben im Begriff, einige Bnnmstndieu
zu machen. Wie Kurfürstliche Durchlaucht
es anfnehmen werden, wenn Ihr mich
darin stört, müßt Ihr selbst wissen, ich
für meine Person bin übrigens sofort be-
reit, den Grund und Boden Eures Herrn
Vaters zu verlassen."
Bei den letzten Worten stand Beich ans
und begann die Malgeräthschaften znsammen-
zupacken.
 
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