Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

Degen und Palette.
Historischer Roman aus Bayerns Vergangenheit.
Von
Kgkert ßarkssc».
, tForlschung.) (Nachdruck v-rl>olen.)
nach seiner Trennung von Josephine
änderte sich- wenig an dem Verhältnisse
Engen's zu seiner Braut. General Heydom
hatte cs cinznrichten gewußt, daß sein Re-
giinent das letzte war, welches München
verließ und auch dann erst noch die Kur-
fürstin mit ihrem Hofstaat nach dem festen
Ingolstadt eskortirtc. So hatte Engen länger in der
Nähe seiner Braut sein können, als cs die kriegerischen
Verhältnisse sonst gestattet hätten. Als nun aber doch
endlich die Trennnngsstnnde schlug, wie
kühl war da Josephine bei diesem Abschied
ans Tod und Leben gewesen. Und wie
kühl zeigte sie sich auch jetzt, wie selten
erhielt er von ihr ein Liebeszeichen, trotz-
dem der regelmäßige, durch Kuriere ver-
mittelte Verkehr der Knrfürstin mit ihrem
Gemahl ihr so oft eine Gelegenheit dazu
geboten hätte. Auch noch in der Ferne
mußte er ihre Launenhaftigkeit fühlen und
oft stiegen quälende Zweifel in ihm auf,
ob der Grund dieser Launenhaftigkeit nicht
doch Gleichgiltigkeit sei, und ob es nicht
ein Jrrthnm oder gar eine Lüge gewesen,
als sie ihm sagte, daß sie ihn liebe.
Das war es gewesen, was ihn aus
der fröhlichen Gesellschaft der Kameraden
fortgetrieben hatte, das war es, was ihn
jetzt so düster vor sich hinstarren ließ, als
er, ohne darauf Acht zu geben, wohin ihn
seine Schritte leiteten, den nach Ulm
führenden Feldweg verfolgte. Erst die
Begegnung eines Reiters schreckte ihn aus
seinen unerquicklichen Gedanken empor.
Derselbe kam, von einein Diener gefolgt,
in kurzem Trabe von Ulm daher und
Eugen erkannte in ihm seinen zukünftigen
Schwiegervater.
Der General hielt bei dem jungen
Offizier sein Pferd an. „Ah, Du bist es,
Eugen," sagte er mit jener herablassenden
Freundlichkeit, welche er in der letzten
Zeit angenommen hatte, „Du bist es, der
hier so einsam durch die Felder streift.
Aber es ist mir lieb, daß ich Dich treffe.
Kannst Du mir sagen, ob der Baron
Roussillon augenblicklich im Kloster zu
finden ist?"
Der Baron Roussillon war der Kom-
mandeur des Regiments Artois und wie
alle höheren französischen Offiziere ein
guter Bekannter Heydom'S.
„Vor einer Viertelstunde war er noch
dort," entgegnete Eugen.

„8nperbo. Ist dies der nächste Weg nach dem
Kloster?"
„Wenn Ihr nbsteigen wollt, so kann ich Euch noch
einen näheren durch den Garten und das HauS führen."
Der General schwang sich aus dem Sattel und gab
seinem Reitknecht die Zügel mit der Weisung, das
Pferd nach dem Kloster zu führen. „Ich komme direkt
ans dem Kriegsrath," sagte er, neben Engen her-
schreitend.
„Run, sind die erwarteten Nachrichten ans Paris
gekommen?"
„Ja. Seine allcrchristlichste Majestät haben unseren
Vorschlag gebilligt. Die Offensive gegen Tirol ist be-
schlossen."

Marschall Villars rückt mit dem größten Theil seiner
Truppen und zehn Eskadrons bayrischer Kavallerie
dem Grafen Styrum entgegen und bezieht ein Lager
in der Gegend von Haunsheim. Kurfürstliche Durch-
laucht dagegen wenden sich mit den durch einige fran-
zösische Regimenter verstärkten bayrischen Truppen gegen
Tirol, Uebermorgen beginnt der Abmarsch nach Mün-
chen. Dort werden wir einige Rasttage haben und
dann gegen Rosenheim und Wasserburg aufbrechen, nm
von da über Kufstein in Tirol cinzndringen. Coope-
rircnd mit uns wird sich Marschall Vendvme von
Italien ans über den Brenner nach Innsbruck ziehen,
wo wir nns mit ihm vereinigen werden. Dann be-
ginnt der Vormarsch ans Wien. Tas sind so im
Großen nnd Ganzen die heute beschlossenen Pläne."
„Gott sei Dank," sagte Engen aufathmcnd, „so
kommen wir doch endlich an den Feind." Die Aussicht
auf den Ernst des Krieges erschien ihm
wie eine Erlösung ans seiner nieder-
gedrückten Stimmung.
Der General achtete nicht darauf. „Ah,
welch ein reizendes Bild, m.agnitiqua G
rief er mit einem Blick auf die fröhliche
Gesellschaft, indem er auf den Ktosterhvf
hinanstrat.
„löntin, man ober gönörat" — mit
den Worten sprang Baron Roussillon ans
nnd eilte Heydom entgegen.
10.
Durch die stille Sommernacht funkelten
die Sterne herab nnd spiegelten sich wieder
in dem klaren Bergsee, welcher sich zwischen
grünbewaldeten Höhen hinzieht wie ein
blinkender Plan von Krystall.
„Plansee" nennen daher auch die Men-
schen diesen stillen Spiegel, zu welchem
sich die Wasser hier ansdchnen, ehe sie
als Ache brausend und schäumend die
stürmische Reise antreten über gewaltige
Felsblöcke hinab zum Lech.
Gecheininißvott rauschte am Ufer das
hohe Schift im sanften Wehen des Nacht-
windes, fast der einzige Laut rings um-
her neben dem leisen Plätschern der Wellen,
welche sich am breiten Kiel des Bootes
brachen, das langsam über die dunkle Flnth
dahinglitt.
Im Hinteren Theile desselben stand ein
Greis in der Tiroler Landestracht, welcher
das Ruder führte. Weiter nach vorn
saßen zwei Männer, welche sich zum Schutz
gegen die kühle Nachtlnft dicht in ihre
Mäntel gehüllt hatten.
„Dort steht der bayrische Posten,"
sagte jetzt mit halber Stimme der Greis,
mit einer Neigung des Hauptes nach denn
Ufer deutend. „Damit meinen sie die
Straße nach Partenkirchen gesperrt zu
haben, daß ihnen kein Müuslcin vorbei
kann. Schmal genug ist freilich der Weg


„Darf man nach den Details fragen?"
„Warum nicht? Morgen erführt sie die ganze Ar-
mee. Es ist eine Theilnng der Streitkräfte angeordnet.

August Wilhelm Jfflauv.
Lrigmalzeichmmg von C. Kolb. (S. 514.)
 
Annotationen