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") Vcrdingungsagenten für Seeleute.

Euer Geld gebt der Frau Parchend in Verwahrung und
steckt nie mehr in die Tasche, als Ihr nothdürftig ge-
braucht, lieber noch etwas weniger, denn die Verfüh-
rung ist groß. Hütet Euch vor den Tingeltangels und
den Heuerbaasen*) im Allgemeinen. Braucht Ihr Rath
oder eine neue Heuer, so wendet Euch vertrauensvoll
an mich. Ich kenne die meisten Kapitaine, die auf hier
fahren, die schlechten wie die guten, da bring' ich Euch
leicht unter und für umsonst obenein. Wie lange ge-
denkt Ihr zu feiern?"
„Einige Wochen, je nach dem," antwortete der
braune Bursche.
„Habt keine Heimath, wo Ihr 'nen Besuch abstatten
möchtet?"
„Keine eigentliche Heimath, wenigstens keine näheren

Charles Kvnnod.
Nach einer Photographie gezeichnet von C. Kolb. lS. 31)

Verwandte, denen wir mit Freuden zur Last fallen
möchten. Das brachte uns Beide zusammen, und wir
wollen auch fernerhin zu einander halten."
„Hm, wohin steht Euer Sinn, wenn die Zeit hier
nm ist?"
„Wohin es mit guter Fahrt geht."
„tLU riAbt. Da will ich mir Blühe geben, eine
gute Gelegenheit für Euch auszukundschaften. Nun geht
und richtet Euch ein. Vergeßt nicht, wie viel sauren
Schweiß die Paar ersparten Pfennige Euch kosteten;
verkhut sie nicht im Umsehen, sondern haltet an dem
Grundsatz fest, daß nichts so gnt ist, um nicht besser-
sein zu können. Der Spruch hat schon Manchem über
eine unvorhergesehene Untiefe hinweg geholfen."
Nachdem die beiden lebenslustigen Gesellen mit ver-
stohlenem Lachen das Zimmer verlassen hatten, eilte
er sichtbar erregt zu seinem Loggbuch zurück.
„Großartig!" trug er ein. „Das
wären vielleicht zwei Burschen, wie ich
sie seit Jahren gesucht habe. Jung,
kräftig, muthig und gebildet, nebenbei
ehrlich und anständig, das findet man
nicht alle Tage beisammen. Auch sind
es ihrer Zwei, die nicht bei der ersten
Gelegenheit aus einander laufen, wie die
Häringe aus einer geplatzten Tonne, und
'das ist die Hauptsache. Wohin ich sie
schicke, ist ihnen einerlei; da würde es
ihnen eine Lust sein, auch einmal auf
dem Lande zu kreuzen. Sollte das Wohl
gar ein Wink für mich sein? Es wäre
erstaunlich, gelänge es mir, dennoch ein-
mal in den halbvergessenen Kram einzu-
greifen. Wie die Erinnerung an alte
Zeiten sich regt. Manchem käm's freilich
ungelegen, hörte er, daß ich noch lebe.
Die Sache will indessen sorgfältig über-
geholt werden. Geduld! Mit Geduld
kommt man über jede Windstille, und
dauerte sie drei Monate."
Ein schöner Schnörkel schmückte den
Schlnßpunkt der räthselhaften Anmer-
kung, ein sicheres Zeichen freudiger Er-
regung, dann klappte er das Buch
schallend zu. Vorsichtig schob er die
Krampe über den Ring und hing das
Schlößchen vor seine Geheimnisse, und
wohlgemuth rüstete er sich zu einem
kurzen Besuch der Gasträume und zu
einem längeren Ausgange.
Drittes Aapitel.
Im Arbeitszimmer des Hetzeimraths.
Wie die ferne Hafenstadt, erfreute
auch die Haupt- und Residenzstadt sich
noch immer der lieblichsten Sommertage.
Für Arbeiter und Gewerbetreibende,
für .iiinder und Soldaten war die Mit-
tagszeit längst vorüber. In höheren
und bevorzugteren Regionen rüstete man

Das Logglmch des Kapitams Lileickuger.
Roman
von
Balduin Möllhansen.
tFvrtsttzung.) v°rb°Un.)
hr wünscht, in diesem Hause ausgenommen
zu werden?" fragte Rostig, die beiden kraft-
vollen Gestalten der jungen Männer mit
feinen ruhigen Augen aufmerksam Prüfend.
„Ja wohl, Herr Kapitain Eisenfinqer,"
hieß es zurück.
ständige Seeleute beherbergt werden. Der
Berstoß gegen die Hausordnung, und Ihr
».erfahret, wo der Zimmermann das Loch
gelassen hat. Es soll Euch an nichts
fehlen, was einem braven feiernden ToP-
gast gebührt. Dafür verlange ich, daß
man der Frau Wirthin mit größter
Hochachtung begegnet. Die Preise find
fest und die billigsten. Das nächtliche
Herumtreiben wird nicht geduldet. Seid
Ihr damit einverstanden, so mögt Ihr
sofort hier einz^hcn und Euch unten
beim Aufwärter melden."
Nachdem Beide ihren besten Willen
betheuert hatten, fuhr der Kapitain, zu
dem Einen gewendet, fort: „Wie heißen
Sie?"
„Hans Werkel," lautete die Antwort.
Barnabas Rostig kehrte sich dem
Loggbuch wieder zu und unter seiner
Hand ging hervor:
„Hans Werkel. Hübscher, fixer Junge.
Haar und Bart blond, blaue Augen,
hrliches, kluges Gesicht. Hat er es
inner den Ohren, verübelt es Niemand
^'st.iuugen Seemann."
überdw Schu^ dm Anderen
„Wilhelm Leu,; "
«°p "Ls Li,"
M dem Hans, wie
Mas^lw" dachwürdigen Na-
thanael. Was l>„ dem Einen blond,
ist Lei dem Anderen braun, und ldaare
haben Beide auf den Zähnefi.
Die Jungens gefallen mir ausnehmend "
Er legte die Feder zur Seite und
reichte den jungen Leuten die Hand.
Zugleich erhielt fein breites Gesicht
einen eigenthümlichen Ausdruck herzlichen
Wohlwollens.
„Jetzt noch Eins, Kinder," sprach er
wunter, „in diesem Hause seid Ihr besser
aufgehoben, als an jedem anderen Ort
aer Well, und darnach betragt Euch.

„Gut. Ihr müßt aber wissen, daß hier nur an-
geringste
 
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