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Das Buch für alle: illustrierte Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für die Familie und Jedermann — 21.1886

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https://doi.org/10.11588/diglit.48816#0454
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1886

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gewählte Kurs war ihr recht. Wer aber das sinnige ! sonders aufgezählt zu werden. Sie bestanden eben in
Lächeln um die frischen Lippen gewahrte und tief in Mittheilungen des Kapitains Eisenfinger, die sich auf

Hermann Hcuirich Meier, Reichstagsabgeordnetcr snr Breme».
Nach einer Photographie gezeichnet von C. Kolb. (S. 462)

ihre großen, geheinmißvoll leuchtenden Augen sah, der
entdeckte nur Glück und immer wieder Glück.-
Die Ueberraschungen im Hause des Pastors schienen
an dem heutigen gesegneten Abend gar kein Ende neh-
men zu wollen. Zunächst überraschte die hochwürdige
christliche Familie der Besuch des heidnischen Onkels
und seines lieblichen Schützlings. Wahres Erstaunen,
und zwar das freudigste, rief darauf Barnabas Rostig's
feierlich verkündete Nachricht von der Heimkehr De-
metrius' hervor. Gesteigert wurde dieselbe noch durch
die Schilderung seines Besuches, bei den Geheimraths.
Den Erfolg dieses Besuches anzudeuten, wenn auch
anfänglich nur durch holdseliges Erröthen, fiel Pris-
cilla selber zu. Die ferneren Ueberraschungen waren
weniger erhebliche und brauchen als solche nicht be-

Dinge bezogen, von welchen inan bis dahin nie eine
Ahnung gehabt hatte. Dem vorzüglichen Rostig'schen
Rothwein wurde dabei selbstverständlich von den beiden
Brüdern die entsprechende Ehre angethan. Und so
war es schon recht spät, als man sich endlich entschloß,
das Tagewerk für beendigt zu erklären. Bald darauf
lag das Pfarrhaus still. Nur das eine Giebelfenster
war noch längere Zeit erleuchtet. Hinter demselben
saß, obwohl er selber am dringendsten zur Nachtruhe
gemahnt hatte, Barnabas Rostig vor dem Loggbuch,
emsig mit Schreiben beschäftigt.
„Gott sei Dank," lauteten die bedeutsamen Aus-
zeichnungen, „die beschwerliche Lootsenarbeit hat endlich
einmal ihre Endschaft erreicht. Boraussichtlich spinnen
die ferneren Ereignisse sich stetig ab, wie die Luft-
strömungen in den Passaten, auf daß
ich keine Hand mehr an's Steuerrad zu
legen brauche. Es ist die höchste Zeit;
es Hütte sonst noch in diesem Jahr der
Kiel zu einem neuen Buch gestreckt
werden müssen. Zu viele Seiten ver-
schrieb ich d'rum. ^U riZllt. Gut, daß
Priscilla noch in der Stadt an den
Ausreißer schrieb. Hier wär's heute
Abend nichts mehr geworden vor lauter
Befragen und Antworten. Der wird
sich beeilen, auf hier zu halten. Ist auch
alle Ursache vorhanden; denn Priscilla
hat bewiesen, daß echtes Seemannsblut
in ihren Adern fließt.
Wie sie den beiden Alten das Herz
erweichte! Halb und halb hatte ich d'rauf
gerechnet, aber in anderer Art. Dabei
geschah nichts, alL daß sie sich zeigte,
wie sie im Grunde ist.
Priscilla, wie schlägt mein altes
Herz friedlich, wenn ich an Deine Zu-
kunft denke! Ob der getreue Andreas
schon Alles weiß? Ich dächte, ein
freundlicher Engel müßte ihm die Kunde
zugetragen haben. Seine Wittib erfährt
cs zuerst; bei der wird der Ausreißer
gleich nach Empfang des Briefes an-
laufen. Was die Parcheud Wohl dazu
sagt? Kann's mir vorstellen: Wahre
Liebe siegt immer! Dabei denkt das
Weib, ohne ihren Rath wär's nichts
geworden. ^U riZbt. Lassen wir sie
bei dem Glauben; eine großartige Kraft
bleibt sie immerhin. Den Zulu mit
seinen unchristlichen Reden nimmt das
Kind sicher mit in die Ehe. Doch das
eilt nicht. Von jetzt ab wird zu allen
Reisen das Loggbuch au Bord geholt.
Gerade an einem fremden Ort gewährt
es eine rechte Beruhigung, den treuesten
und verschwiegensten Freund um sich zu
wissen.
Alles, was zu mir gehört, schläft jetzt.

Din Kogglmch -es Kapitains Eisenfinger.
Roman
von
Balduin Möllhauserr.
(Fortsetzung u. Schluß.) (^^uck verboten.)
A^^u jeder Stunde bin ich bereit, nach unserer
Villa überzusiedeln," antwortete der Ge-
heimrath seiner Gattin sanft, „ordne
r Alles zum baldigen Umzuge an. Vor-
läufig mag Eulenberg, so oft es ihm
nothwendig erscheint, zu uns herauskom-
men und Bericht erstatten. Ich müßte
mich sehr täuschen, wäre Demetrius nicht bald in
der Lage, mich ganz zu vertreten."
„Diese Priscilla! Hätten wir sie doch
früher kennen gelernt."
„Ein Segen für uns Alle ist sie ge-
worden und wird es hinfort sein. Mein
erster Besuch von dem Landhause aus
gilt dem hochwürdigen Nathanael, wie
der Kapitain Eisenfinger ihn stets nennt."
„Heute flößte Ihr Herr Chef mir-
ordentlich Respekt ein," meinte Barna-
bas Rostig, als er, in der Hand die
schwere Koffermappe, am Klammerarme
Priscilla, mit Eulenberg über den Kor-
ridor schritt, „mancher Mensch besitzt ein
Herz, ohne es selber zu wissen; inan
muß nur verstehen, es aus seinem
Schlummer zu Purren," und etwas
stolzer warf er sich in die Brust.
Die Geschäftsstunden hatten längst
ihr Ende erreicht. Die Comptoireule
begleitete daher Barnabas Rostig und
Priscilla auf die Straße hinaus und
bis zum nächsten Miethswagen. Dort
empfahl er sich in seiner treuherzigen
Weise. Von da führte sein Weg zu
einem Schuhmacher, bei welchem er ein
Paar neue Wasserstiefel bestellte. Ein
breitrandiger Strohhut der allerunter-
gcordnetsten Sorte war der nächste Gegen-
stand feines Sehnens. Zum Schluß
erstand er einen reichen Äorrath von
Angelgeräthschaften, für welche er recht
bald die entsprechende Verwendung zu
finden hoffte.
So offenbarte Jeder auf die ihm
eigenthümliche Weise seine Zufriedenheit
mit der Lage der Dinge. Rur Priscilla
hielt mit derartigen Offenbarungen zu-
rück. Träumerisch folgte sie Barnabas
Rostig, wohin er sie führte. Sie erhob
keine Einwendungen, äußerte keine Wün-
sche über die einzuschlagende Richtung.
Jeder von dem Kapitain Eisenfinger
 
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