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Das Buch für alle: illustrierte Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für die Familie und Jedermann — 21.1886

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https://doi.org/10.11588/diglit.48816#0569
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Andacht. Nach einem Gemälde von K. F. Schurig. sS. 579j

Neber imd unter Tage. -
Ober schlesische Bergmanns-Novelle
von
A. Oskar Mansrmattn.
(F°c.ichuu-,>n Schluß.) ucrbotcu.)
prach die Sterbende nicht von Gottes
Segen für dos, Ivos der verzweifelnd vor
ihrem Lager knieende Gotte
an Alfred gcthand Gottes
Segen dafür, daß er ihn —
ermordet hatte! Das war
lustig, lustig - hahahaha!
Treumann lachte laut auf uud starrte '
hinaus in das Abendroth. Es war
Nacht geworden in seinem Geiste. Er
wußte wohl nicht mehr, daß er seine
sterbende Frau im Arme hielt, die ihm
jetzt noch ein fast unhörbares: „Tausend
Dank!" zuhauchte.
Plötzlich entrang sich ein tiefer
Seufzer ihren Lippen, dann sank sie
zurück.
Das Leben war entflohen.

ist das niedere Kohlenstoß, das man einst dort entdeckte,
abgebaut, mächtigere Flöße sind in der Nähe crbohrt
Worden.
Als letzte Reste und als Erinnerungen an den
Bergbau, der einst hier getrieben worden ist, grüßen
den Wanderer, der die einsamen, grasverwachseueu
Pfade wandelt, mächtige Halden von Bergen (taubem
Gestein), die wie Hünengräber hier in der Wald-
einsamkeit sich ausnehmen.
Die nimmer ruhende, stets schaffende Lebenskraft des
Waldes hat sich auch an diese todten Haufen des Ge-

steins gemacht, und Moose und Farrenkränter haben
den Thonschiefer nnd den mürben in der Luft zer-
fallenden Sandstein überwuchert. Im Hellen Monden-
scheine sehen diese grünen Hügel in der That wie
Gräber ans, nnd Kirchhofsrnhe herrscht auch hier,
Wohin das Geräusch des Verkehrs und der Arbeit nimmer-
mehr dringt.
Zur Seite eines dieser zu fast zwei Drittel seiuer
Hohe mit Grün bewachsenen Steinhügel steht ein thurm-
artiges Brettergebände, dessen theergctränkte Balken
nnd Planken jetzt im Silbergran schimmern: es sind
die letzten Reste des „Hulda-Schachtes".
Die Heimchen zirpen im Grase, uud
melodisch tönt ans der Ferne das Quaken
der Frösche. Die Nachtvögel stiegen ge-
räuschlos uni den alten Förderthnrm
des Schachtes, der jetzt noch im Halb-
dunkel liegt, denn der Mond, der den
klaren, wolkenlosen Himmel da oben
in Silbcrlicht getaucht hat, ist noch
nicht hinter dem hohen Holz emporge
stiegen und zeigt seine glänzende Scheibe
noch nicht dem Wanderer, der langsam
durch den Wald dem Hulda-Schachte zn-
schreitet.
Bei seinem Nahen schweigt das
Zirpen der Cikaden, als ahnte all' das
Gcthier, welch' Entsetzen dieser Mann
in seiner Brust trägt. Das Rauschen des
Waldes, das sonst in seinen regel-
mäßigen Pansen den Athemzngcn des
Schlafenden gleicht, klingt wie Seufzen
, und Stöhnen.
Alfred Mergert steht vor der Thüre,
die nach dem Inneren des alten Förder-
thnrmes führt, und versucht mit dem
Schlüssel das Schloß zn öffnen. Lange
leistet dieses rostige Schloß Widerstand,
endlich aber springt es mit einem lantcn
Knack auf, nnd die cingetrocknete Thüre
kreischt in den Angeln.
Heißer, glühender Dunst, unter-
mischt mit Harz- nnd Theergcrnch,
schlägt dem Eintretjmden ans dem
Förderthnrm entgegen, auf dessen Holz
den ganzen Tag die glühende Sonne
gelegen hat. Eine auf Rollen laufende,
wagerechte Schiebethüre verschließt die
Schachtöffnnng. Auch die eingerosteten
Rollen widerstehen den Anstrengungen
Alfred's, endlich geben sie kreischend
nach, nnd dumpf grollend gleitet die
Thüre von dem Abgrund, der sich zn
Alfred's Füßen öffnet. Ein Stein ist
beim Ausstößen unter Alfred's Fuß in
Bewegung gekommen nnd in den Schacht
hinabgestürzt. Gespannt lauscht der
Mann da oben dem Heranfdringenden
Geräusch. Er hört den Stein immer
wieder an die holzgezimmerten Wände
des Schachtes anschlagen und dann

„Gottes Segen! Hahaha!"
Lachend und flüsternd, die Todte
immer noch in den Armen haltend, so
fand den Oheim die ahnungslose Magda,
als sie am Abend nach Hause kam.
Als sie sich von ihrem ersten Ent-
setzen erholt hatte, dachte sie natürlich
daran, Hilfe zn schaffen, nnd Alfred
war ihr nächster Gedanke.
In der Verwirrung, die in dem
Trauerhnnsc entstanden war, fand sie
keinen geeigneten Boten, nnd so machte
sic sich in ihrer Herzensangst selbst ans
den Weg nach Alfred's Wohnung.
Sie fand ihn nicht zn He..st, aber
ans dem Tische einen offenen Brief, den
sie in dunkler-AlMMg-eines unbekaiinten
Schrecklichen, das er enthüllen würde,
las. Einige Augenblicke starrte sie wie
geistesabwesend auf den Brief, dessen
fürchterlichen Inhalt sie zuerst kaum
begriff.
Plötzlich aber kam ihr die volle
Erkenntnis; dieses zweiten betäubenden
Schlages. Sie ließ den Brief zu Boden
fallen, stieß einen markdnrchdringcnden
Schrei ans nnd brach ohnmächtig zu-
sammen.
12.
Mitten im Walde, weit ab von den
Verkehrswegen, welche durch den Forst
führen, liegt das verlassene Feld der
„Hulda-Grube". Schon seit Jahrzehnten
 
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