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Das Buch für alle: illustrierte Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für die Familie und Jedermann — 22.1887

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Heft 19
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https://doi.org/10.11588/diglit.49300#0434
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^°man

ans

Professor m. Map Zofkplj Oeetcl.
Nach clncr Photographie gezeichnet von C. Kolb.

Durch die Wahl des Ortes, wo mau übernachtete,
hatte Gregor es zu ermöglichen gewußt, daß sic auf
der Plantage zur frühen Stande eintrafen. Denn noch
glitzerten in schattigen Winkeln nach dem nächtlichen
schweren Herbstnebel Thantrvpfen ans Gras und Kraut,
als Gregor dein japanischen Baldachin gegenüber die
Pferde anhalten ließ, den Kutschcnschlag öffnend znr
Erde sprang nnd die beiden Begleiter beim Aussteigen
zuvorkommend unterstützte.
Gleich darauf traf der andere Wagen ein. Auch
hier forderte Gregor zum Aussteigen ans. Die beiden
Wagen blieben im Wege; dagegen rieth er den Kut-
schern, ansznfpannen, die Pferde mit Futtersäcken zu
versehen und im Schatten der Bäume auf geeigneter
Stelle nnterznbringcn. Darin verfolgte er ebenfalls
einen bestimmten, ivohlüberlegten Zweckst bis zum letz-
ten Augenblick sollte Miß h-arah im Ungewissen über
die Fahl nnd die Persönlichkeiten der auf der Plantage

Die Familie Melville.
der Zeit des »ordamcrikaniichen Bürgerkriegs.
Von
Balduin Möllhanse».
(Nachdruck verboten.)
as Fuhrwerk Gregor's zogen heute nicht
die beiden edlen Falben, sondern zwei
kräftige Miethspferde, die vor dem offe-
nen viersitzigen Reisewagen in gemächlichem
Trabe sich einherbewegten. Bei ihm befan-
den sich Stocton nnd ein älterer Herr mit
vornehmem Aeußeren und feinen Ma-
.HuUen einer streiten Gepäckbank hatte Sing-
8 Hut seinen Borrathskörben Platz gefunden.
j, vH zweiter ähnlicher Wagen folgte
Al ^!'Mr Entfernung. In diesem saßen
^F'hhue, Thusnelda nnd Frank, welcher
sPugen Tagen erst zu seiner Mutter
Am, ' ivar und erstaunt in seinem
r 'st denselben Pedlar wieder erkannte,
v in den: Gasthofe seine herzliche
^^''lnahnn- erweckte.
u. . ^lviß wäre Ursache vorhanden ge-
v "st 'h^ heiterer Zufriedenheit der
imstst z„ gedenken, allein es
g; als ob der undurchdringliche Ernst
^hhor's, der in letzter Zeit noch eine
vF^nng erfuhr, sich auf Alle über-
n AP habe, die in näherem Verkehr mit
ost' standen. Fielen in dem vorderen
» 8m nur gelegentlich kurze Bemerknn-
, - die sich auf gleichgültige Dinge be-
mst.'st vermochte Frank niit seinem
m V "den Jugendinuth nur hin nnd
ewshh stlner Blutter wie Thusnelda, der
u h so bewunderten und jetzt mit Ent-
Hst als Verwandte begrüßten kühnen
enn ein erzwungenes Lächeln zu
lvi> Esst Obwohl immer neue harm-
^st'pVäche anknüpfend, weilten die
stblken Aller fortgesetzt in der nächsten
st hlnift, die ihnen wie mit einem düsteren
hhsst berhangen erschien.
suuFste Gregor als Thnsnelda's Be-
r ,ster und Vertreter die Reise angetreten
"st ho war Frank von Gilbert mit
^^forderlichen Vollmachten versehen
ahhden, und nur unter den dringendsten
m, ,hststnugm hatte er es durchgesetzt, daß
lia viit Rücksicht auf sein körpcr-
les Befinden davon abstand, an dem
Hhuhientage auf der Plantage sich zu
„j hhiigen. Sv ahnte er auch heute noch
diu, st"'"' Tochter lebte, wie vor
ist.j.h' mit ängstlicher Vorsicht jedes Gc-
"ch j,ster jh^en vermieden wor-

einkehrenden Gäste erhalten lverden. Er selbst führte
die ganze Gesellschaft nach dem hinlänglich Schutz ge-
währenden Baldachin hinüber, wohin Singsang bereits
mit seinen Vorrüthen voransgeeilt war. Er hatte eben
Stocton, Thusnelda, Frank nnd den fremden Herrn
gebeten, znrückzubleiben nnd seiner ferneren Mitthei-
lnngen zu harren, als er der schwarzen Susanna an-
sichtig wurde. Eine Strecke abwärts stand sie hinter
einem sie bis an die Schultern verbergenden Strauch,
mit beiden hochgeschwnngenen Annen ihn zu sich win-
kend. .Irgend eine harm'lose Kunde von ihr erwartend,
schritt er hinüber, nnd als er vor ihr eintraf, da er-
staunte er über die triumphirende Bosheit, welche sich
auf ihren schwarzen Zügen ansprägte.
„Master Gregor," Hob sic ungestüm an, ohne auf
seinen freundlichen Gruß zu achten, „Eie sind ein
großer, lieber Herr; Ihnen verrathc ich Alles) Groß-
mutter meint, das sei ein guter Gedanke. Tag und
Rächt hab' ich gelauert, aber der Slow-
field, das schreckliche Unthier, ist erst
gestern Abend gekommen —"
„Schon gestern?" fiel Gregor über-
rascht ein.
„Gestern Abend, Master Gregor,
gestern, kurz vor Dunkelwerden. 'Da
habe ich gehorcht, was der nnd Miß
Sarah nut einander redeten, nnd er-
staunliche Dinge waren es, und nur
wenig Gutes dabei. Von ihnen hörte
ich, daß Master Gregor heute komme;
da bin ich hierher gelaufen, als ich den
Wagen rasseln hörte. Aber noch viel
mehr redeten sie, so viel, daß ich nicht
Villes im Kopf behalten konnte. Etwas
weiß ich doch: den Master Gregor nann-
ten sie einen elenden Kunstreiter. Von
dem Kapitain Stocton sagten sic, er
wäre längst verfault; der könne nicht
mehr kommen. Miß Sarah meinte, sie
traue dein Frieden nicht, und Tvdte seien
schon eher anfgestanden. In ihrer Stimme
lag's, daß sie furchtbar wüthig
„Weiter, weiter, Susanna," munterte
Gregor freundlich ans, als die Negerin
stockte nnd sichtbar ihr Gedächtnis; an-
strengte, „was Du mir erzählst, ist sehr
wichtig nnd mehr, als ich erwartete.
Besinne Dich, ob sie nicht von anderen
Verstorbenen sprachen, die wieder auf-
gewacht seien." «
„Gewiß, Master Gregor," fuhr Su-
sann« mit frischen, Rinthe fort, „das Un-
thier Slowfield sagte deutlich, der Master
Gilbert Großmutter hat ihn genau
gekannt lebe noch; da erschrak Miß
Sarah erstaunlich. Was sic dann redeten,
Ivar so bunt durcheinander, wie die rothen
nnd gelben Maiskörner in einer Röst-
pfanne, daß ich's nicht auseinander finden
kann. Ich vermnthe, die Beiden haben
Arges im Sinn; da wollte ich dem Master
 
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