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Hest s. IRustrwte Famrkren-Deitung. Iahrg. M5.



In Ewigkeit.
Roman

von
Woldrmar Urban.
(Fortsetzung.)
(Nachdruck verboten.)
werde Sie immer für einen Mann Hal-

ten, Herr Graf," antwortete Don Pasquale
mit schwerer Betonung, „der das Verbre-
chen greift, wo er es trifft."
„O!" seufzte Graf Tito müde, „lassen
c/T Sie es gut sein. Machen wir keine un-
nützen Worte. Das, was gesagt werden
6 muß, wird dadurch nicht besser, ^ie wissen,
Don Pasquale, daß ich meiner geschie-
denen Frau, der jetzigen Maria Sondrini,
der Mutter Severo's, als Aufenthaltsort
Florenz angewiesen habe."
„Ich weiß es. Ich habe sie ja selbst dort
untergebracht, zufolge Ihrer Anweisung."
„Gut. Ach Gott, Sie kennen ja die
ganze Geschichte, mein ganzes Elend. Sie
wissen, was für ein leidenschaftliches, rach-
süchtiges, habgieriges Weib diese Maria
ist, welche Jntriguen sie spinnt., was von
ihr zu erwarten ist, von ihr, die sich auf
den Tod von mir beleidigt fühlt, weil ich
ihr die Wahrheit gesagt, weil ich ihre
schmutzig-niedrige, verworfene Gesinnung
offenbart habe. Ich sage Ihnen, Don Pas-
quale, kein Mensch unter der Sonne ist so
gehaßt wie ich!"
„Ich weiß es, Herr Graf."
„Nun gut, ich weiß, es auch, habe es
immer gewußt. Seit dreizehn Jahren
lasse ich sie nicht aus den Augen, und
nun? — und nun —"
Seufzend stützte Graf Tito den Kopf
in die Hand und schwieg.
„Und nun?" fragte Don Pasquale nach
einer Pause.
„Und nun schreibt mir Turillio von
Florenz, daß Maria Sondrini plötzlich
aus Florenz verschwunden ist — kein
Mensch weiß, wohin."
„Und Sie bringen dieses Ereignis; mit
dem von heute Morgen in Verbindung?"
fragte Don Pasquale zögernd.
„Muß ich's nicht? Wer könnte sonst
mir oder Alessandro einen so mörderischen
Haß entgegenbringen?"
„Dann müßte Ihre frühere Gemahlin
von dem Duell gewußt haben."
„Sie weiß Alles, was sie wissen will.
Sie ist das ruchloseste Weib auf der Welt."
„Aber sie müßte, da sie doch nicht selbst
den Schuß abgegeben haben kann, Helfers-
helfer, Mitwisser haben."

dafür nicht anzugeben. Ich meine nur, Ihrer früheren
Gemahlin zuviel Herz, zu viel Geistesadel zutrauen zu
müssen, als daß sie sich zu solchen Streichen verleiten
lassen sollte."
„Herz! Geistesadel!" erwiederte Gras Tito bitter.
„Diese Frau hat mit dem Dolch in der Hand vor mir
gestanden, Don Pasquale!"
„In der Hitze! Nicht mit kühlem Blut."
„Das wäre sich gleich geblieben, wenn sie gut ge-
troffen hätte. Gott sei Dank, war ich aber damals
noch jünger und gewandter und entwaffnete sie."
„Und woraus schließen Sie, Herr Graf, daß sich
Maria Sondrini wirklich von Florenz nach Rom ge-
wendet hat? Haben Sie für ihre Anwesenheit in Rom
irgend einen Beweis?"
„Nicht den geringsten, wenn Sie nicht den Schuß
auf Alessandro als einen solchen ansehen und gelten
lasten wollen."
„Ein Verdacht ist kein Beweis."
„Nein, aber Sie haben mich nur über
Vermuthungen befragt, die ich in Bezug
auf die Entstehung dieses Verbrechens hege,
und ich habe sie Ihnen mitgetheilt. Hätte
ich einen Beweis dafür, wäre ja die Sach-
lage sehr einfach, so aber bleibt es Ihre
Aufgabe, der Spur, die ich Ihnen gezeigt,
nachzuforschen. Jede Unterstützung, die ich
Ihnen dabei leisten könnte, ist natürlich
im Voraus gewährt. Es handelt sich nur
darum, ob Sie mir auch in dieser An-
gelegenheit Ihren Beistand leihen wollen,
wie Sie das früher in so dankenswertster
Weise gethan haben."
„Selbstverständlich stehe ich Ihnen zur
Verfügung. Aber was kann ich bei allem
guten Willen thun? Ist es nicht doch rath-
samer, die Hilfe der Polizei in Anspruch
zu nehmen?"
Graf Tito sann einen Augenblick nach.
„Ist das unumgänglich?" fragte er dann.
„Es ist das aussichtsreichste Mittel."
„Man wird irgend einen Spitzbuben
festnehmen und ihn wegen des Schusses
auf die Galeere schicken, und die eigentlich
Schuldige wird der Gerechtigkeit 'unter den
Armen durchzuschlüpfen wissen."
„Das kommt doch noch sehr darauf an!
Jedenfalls bringt uns auch das weiter."
„Und wenn Severo wirklich in die
Sache verwickelt fein sollte, und die Polizei
-nein! Sie sehen, es geht nicht. Die
Polizei in meinem Hause! Don Pasquale,
Alles, was Sie wollen, nur das nicht. Es
läßt sich nicht absehen, wo dieser Stein
zum Halten kommt, den Sie da in Bewe-
gung setzen wollen."
„Beim Verbrecher, Herr Graf," ant-
wortete der Advokat ernst und fest.
„Und wenn er mein Sohn ist?" fragte
Graf Tito wieder gespannt und aufgeregt.
„Und wenn er Ihr Sohn ist!" antwor-
tete Don Pasquale ruhig.
Es entstand wieder eine längere Pause.

„Helfershelfer wohl, Mitwisser kaum. Sie ist viel
zu schlau, als daß sie mit offenen Karten spielen sollte.
Sie wird irgend einen armen Teufel mit Geld bestochen
haben. Wäre das so unmöglich? Ich bitte Sie, in
Rom, wo so unzählige verlorene Individuen Herum-
laufen! Ich danke schon meinem himmlischen Vater,
wenn es nicht ihr Sohn ist, wenn es nicht Severo ist,
dem sie ihren unversöhnlichen Haß eingeimpft, und —
den sie zum Brudermord angespornt hat."
„Das also fürchten Sie? Soweit, glauben Sie,
könnte sich Ihre ehemalige Gemahlin vergessen?"
„Alessandro ist nicht ihr Sohn, wohl aber Severo!
Sie könnte vielleicht hoffen, auf diese Weise diesen einst
zum alleinigen Erben zu machen und sich selbst wieder
zu rehabilitiren."
, „Ich hoffe doch, Herr Graf, Ihre Besorgniß, Ihre
Angst vor dieser Frau treibt Sie zu weit."
„Und weshalb hoffen Sie das?"
„Hm! Ich weiß eigentlich einen genauen Grund

Bürgermeister vr. Aaimund Grübt in Wien. (S. 35)
Nach einer Photographie von Victor Angerer in Wien.
 
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