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Heft 3._JUustnrte FamrUen-Zeitung. Jahrs. 1893.


In Ewigkeit.
Roman

M herunterhaspelte, die sie an ihrem Ge-
R^M / nütsestand oder sonstwo ansgeschnappt


hatte und hier nun mit der den Ita-
lienern eigentümlichen Zungenfertig-
keit wieder anbrachte, überlegte Frau
Maria Sondrini, ruhig und still vor
sich hinsehend, was unter den etwas
veränderten Umstünden wohl am besten
zu thun sei. Das überaus feine und
anziehende Gesicht Assunta's hatte ihr mancherlei gesagt.
Sie kannte ihren Sohn sehr wohl und konnte sich sehr-
leicht vorstellen, was eine solche Erscheinung wie Assunta
über den jungen hitzigen Mann vermochte. Wenn es ihr
gelang, sich Assunta's zn bemächtigen, hatte sie, wie sie
als Mutter urtheilte, ihrem Sohn gegenüber unendlich
viel gewonnen. Wenn Severo nur durch sie mit Assunta
verkehren konnte, so war es für sie ausgemacht, daß er bald
ganz in ihrer Hand sein würde, und war das erst der Fall,
so wollte sie ihren: früheren Gemahl schon einen Tanz
aufspielen, bei dein ihm Hören und Sehen vergehen sollte.
In dieser Erwägung winkte sie, während Frau Lovatti
noch halb in: Himmel war wegen der ihr widerfahrenen
Ehre, Assunta zu sich, streichelte dem jungen Mädchen
Stirn und Wangen und freute sich offenbar über sie.
Assunta wieder sah in ihr die Mutter Severo's. Sie
erkannte sogar in ihren: Gesicht seine Augen wieder, die
heißen, ewig unruhigen und doch so schönen, tiefen Augen
mit den: hastigen, wie verdeckten Blick.
„Hast Du mich lieb, Assunta?" fragte Frau Maria
leise.
„Gnädige Frau —" stammelte Assunta verlegen.
„Und doch ist es nothwendig, daß Du mich ein klein
wenig lieb hast, da Du nun einmal meine Tochter-
werden willst, Assunta."
„O, Frau Gräfin, ich will Alles thun, was Sie
von mir verlangen und will Sie lieben mit ganzer
Seele."

von
Woldrmar Urban.
(Fortsetzung.)
(Nachdruck verboten.)
ährend Frau Lovatti die Redensarten




Frau Maria küßte das Kind auf die Stirn.
„Cavaliere, lassen Sie mich einen Augenblick mit
Frau Lovatti und Assunta allein. Ich habe mit ihnen zu
reden," sagte sie dann.
Cavaliere Alfossi sah sie einer: Augenblick lang an.
Er :var mißtrauisch gegen sie und glaubte, es solle
etwas geschehen, was er nicht wissen sollte. Was konnte
aber hier weiter geschehen? Er kannte ja Frau Maria
seit laugen, langen Jahren als eine ebenso schlaue und
intrigante, als heißblütige und entschlossene Sizilianerin
— aber was sollte sie mit aller Jntriguenkunst und
Heißblütigkeit hier wollen? Er würde unten wieder auf
sie warten und fünf Minuten später Alles wissen, was
vorgegangen war. Er verbeugte sich also und verließ



Lieöesorakel. Nach einem Gemälde von E. Klimsch. (S. 63)
 
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