Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Hest 19. JUustrirte FcrmUien-Dertung. Iahrg. 1895.




Aoman


Wor dem Ausrüclren. Originalzeichnung von Karl Müller. (S. 455)

Moderne Freibeuter.

Ihre Bacchantinnen wirklich viel
. Ich sage das nicht, nm Ihnen

Bac-
— Sehr niedlich, das mnß man
Aber ^ie müssen ja nun schon ein

noch einen Strich durch die Rechnung macht, sind Sie
übermorgen, oder spätestens am Dienstag ein berühmter
Mann."
Er hatte ein paar beschriebene Blätter aus der Tasche
gezogen und schien Willens, daraus vorzulesen, aber

ie haben Recht!" stimmte Geißler Bruno
Meinardi bei. „Die Faulheit des Genies
ist immer noch mehr werth, als der Ameisen-
fleiß des handwerksmäßig arbeitenden Ta-
lents. — Uebrigens, was machen Sie denn
da, Verehrtester? — Wieder eine
chantin?
sagen. !
ganzes Heer solcher
weinseligen Frauen¬
zimmer in die Welt
gesetzt haben."
Er war zu Theo¬
dor getreten, hatte
den Kneifer aufge¬
setzt und mit herab¬
lassender Kenner¬
miene das nahezu
fertige ' Figürchen
betrachtet.
Der Bildhauer,
der feinen Gruß nur
sehr kühl zurückge¬
geben hatte, erwie-
derte ruhig: „Ich
arbeite auf Bestel¬
lung, und ich bin
deshalb nicht in der
Lage, mir meins
Stoffe nach eigenem
Beliebenzumählen."
„Na, am Ende
hat das auch feine
Berechtigung. Und
wenn man Modelle
für den Zinkguß
macht, so verfährt
man jedenfalls
praktischer, als wenn
man nur den höch¬
sten Zielen der
Kunst nachstrebt
und sich dabei zu¬
gleich mit der Un¬
sterblichkeit die
Schwindsucht an den
Hals hungert. Ne¬
benbei bemerkt, sind
hübscher als nöthig wär'.
ein Kompliment zu mach'm, denn ich weiß ja, Sie hassen
dergleichen. Ich sage es nur, weil ein guter Geschäftsmann
eigentlich niemals mehrliefer? sollte, als ihm bezahlt wird."

Lothar Brenkrndorf.
(Fortsetzung.)

ertappt hat.
„Ich habe der-
gleichen niemals ge-
sehen," sagte er,
„und ich denke, das
Vergnügen wird
nicht allzu kostspielig
werden."
Damit verließ, er
das Atelier; Maxi-
milian Geißler aber
lachte laut auf.
„Das ist köstlich!
War es nicht, als
ob er sich bei Ihnen
wegen eines Ge-
lüstes nach uner-
hörten Ausschwei-
fungen entschuldi-
gen müßte? Und
doch ist er es, der
schließlich Alles zu
zahlen hat."
Die letzte Be-
merkung schien
Bruno nicht sehr
angenehm zu sein;
denn er runzelte ein
wenig die Stirn und
sagte hastig: „Was
ist's also mit dem
Artikel? Hoffentlich
haben Sie es nicht
zu arg gemacht,
Doktor!"
„Sie können zu-
frieden sein, mein
Bester! Nicht jeker
junge Künstler fin-
det einen so lungen-
kräftigen Herold seines Ruhmes. Hören Sie zu, und
staunen Sie über Ihre eigenen Tugenden und Verdienste."
Abermals hinderte ihn Bruno an der beabsichtigten
Vorlesung.
„Wollen Sie mir nicht lieber mit einigen Strichen

Bruno legte die Hand auf seinen Arm und flüsterte
mit einem fast scheuen Blick nach dein rothen Vorhang:
„'Nicht jetzt! Mein Bruder ist im Begriff, zu gehen.
Warten wir, bis er fort ist! Es ist nicht gerade nöthig,
daß er etwas davon erführt."
Wenige Minuten später trat Theodor wirklich in
Hut lind Ueberrock heraus, um mit kurzem Gruße an
den: Journalisten vorüber zu gehen. Als er schon fast an
der Thür war, wandte er sich noch einmal zurück:
„Du bist also wirklich fest entschlossen, das Rosenfest
mitzumachen, Bruno?"
„Gewiß! Ich habe es der reizenden Frau Sieve-
king versprochen, und einer so schönen, liebenswürdigen
Dame darf man sein Wort nicht brechen."
„Gut, so werde ich uns jetzt Karten besorgen."
„Uns?" fragte der Andere erstaunt. „Ja, willst
Du denn auch mit?"
Theodor Meinardi sah verlegen aus wie Jemand,
den man auf einer großen Thorheit

Als wäre ihm plötzlich die Lust zum Arbeiten ver-
gangen, legte Theodor die Modellirhölzer nieder und
hüllte die Statuette vorsichtig im ein nasses Tuch. Dann
begab er sich, ohne Geißler einer Antwort gewürdigt
zu haben, in den abgetheilten Raum hinter dem rothen
Vorhang.
„Ihr Bruder ist nicht besonders gut aufgelegt, wie
es scheint," meinte der Doktor, und mit einem spötti-
schen Lächeln fügte er hinzu: „Ich werde ihn doch nicht
etwa in seinem Künstlerstolz gekränkt haben?"
Bruno zuckte die Achseln. „Sie wissen ja, er ist
manchmal wunderlich, und er kann es durchaus nicht
vertragen, daß man über seine Arbeiten redet, zumal,
wenn man sie lobt."
„Na, in dem Punkte sind Sie, gottlob, anders
geartet, nicht wahr? — Wissen Sie auch, daß mein
Artikel über den genialen Bruno Meinardi fix und fer-
tig ist? Da, ich habe das Manuskript mitgebracht.
Wenn uns der Ehesredakteur der ,Tagespresse' nicht
 
Annotationen