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Hest 28. Itlutrrirte Famrtren-Zertung. Zahrg. M5.



Roman

Moderne Freibeuter.

Wirkl. Geh. Oberbaurath Baeiisch, Erbauer des Nordostscekanals (S. 623)
4!ach einer Photographie auZ dem Atelier vonErich Sellin L Co. in Bcrlin ^V. Unter den Linden 19.

Eine Stunde nachher kamen die beiden
Männer wieder herab, der Buchhalter blaß
und gebeugt wie zuvor, der Oberstlieutenant
aber mit finsterer Miene und tief geröthetem
Antlitz. Vor der Thür des Gasthofes griff
er mit steifem, gemessenem Gruße an seinen Hut.

(Fortsetzung n. Schluß.)

Aber der Offizier erwiederte die Begrüßung nicht
auf die gleiche herzliche Weise. Er reichte seinem
Gegenvormunde nur für einen flüchtigen Moment die
Hand, und es war ihm anzusehen, daß er nur mit
Rücksicht auf die Anwesenheit der beiden Anderen eine
herbe Entgegnung unterdrückte. Eilig, als sei ihm sehr
viel daran gelegen, jede Erörterung über den Unglücks-
fall abzuschneiden, stellte ihm denn auch Löwengaard
den jungen Bildhauer als den Verlobten seiner Toch-
ter vor.
„Ich wünsche Ihnen Glück, liebe Hilde," sagte
der Oberstlieutenant, und jetzt leuchtete wirklich ein
Strahl freundlicher Wärme in seinen Augen auf.
„Auch Ihnen, mein Herr! — Es ist nun einmal so
der Welt Lauf: hier wird gefreit und anderswo
begraben. Möge Ihr Brautstand in seiner Fort-

den Zeitvunkt,
veröffentlicht werden sollte, auf den Ter-
min der Hochzeit und tausend andere Dinge
wohl überlegt werden mußten. Erst als
über Alles volle Klarheit gewonnen war,
rief Löwengaard die in sehnsüchtiger Unge-
duld harrende Hilde herbei und sagte, in-
dem er sie voll tiefer Bewegung in seine
Arme zog: „Ich habe Deinen Herzenswunsch
erfüllt, mein Liebling, und bin dem, was
Du für Dein Glück hältst, nicht als ein
grausamer Vater entgegen getreten. Ist es
zu viel gefordert, wenn ich Dich bitte, zum
Dank dafür auch mir künftig noch ein klein
wenig Liebe zu bewahren?"
Hilde überhäufte ihn statt aller Ant-
wort mit den zärtlichsten Liebkosungen, aber
ihr Vater wehrte sie schließlich sanft von
sich ab, um sie Theodor Meinardi zuzufüh-
ren, der mit einer gewissen ehrfurchtsvollen
Feierlichkeit den Verlobungskuß auf ihre Lip-
pen drückte.
Noch standen sie eng aneinander geschmiegt
da, als deni Hausherrn ein Besuch gemel-
det wurde. Hilde wollte ihren Verlobten
mit sich fortziehen, aber Löwengaard hin-
derte sie daran mit beinahe ängstlicher Hast.
„Nein, nein, ihr mögt ruhig bleiben,"
sagte er, „es ist ja nur unser alter Freund
Frantzius, und er darf das Geheimnis; im-
merhin schon heute erfahren."
Der Oberstlieutenant sah mit seinem
tiefernsten, martialischen Gesicht und in sei-
nem altmodischen schwarzen Eivilanzuge stei-
fer und pedantischer aus, denn je.
Löwengaard, der ihn an der Thür des
Zimmers empfing, streckte ihm seine beiden
Hände entgegen und sagte mit bebender
Stimme: „Welch' ein trauriges Wieder-
sehen, mein lieber, armer Freund! Womit
haben wir's verdient, daß uns das Schick-
sal so hart Heimsuchen mußte?"

Er blieb noch eine kleine Weile, ohne daß jedoch
eine lebhaftere Unterhaltung zwischen den vier Personen
zu Stande gekommen wäre. Dann brach er wieder
auf, nachdem er sich über die Zeit von Cäsar's Be-
gräbnis;, das bereits am nächsten Tage von der Leichen-
halle des Kirchhofes aus stattfinden sollte, genauer
unterrichtet hatte.
„Meine Frau," sagte er, zu Hilde gewendet, „hat
sich's nicht nehmen lassen, mich auf dieser traurigen
Fahrt zu begleiten. Sie hat zu lange Mutterstelle an
dem armen Jungen vertreten, als daß sie jetzt nicht
auch den Wunsch haben sollte, ihm auf seinem letzten
Gange zu folgen. Wenn Sie sich entschließen könnten,
Sie im Hotel zu besuchen, würden Sie ihr gewiß eine
große Freude bereiten. Denn ich glaube, sie hält von
keinem Menschen so viel als von Ihnen."
„Die gute Tante Babette weis; aber auch, wie innig
ich sie liebe," erwiederte das junge Mädchen, und schon
der Ton ihrer Worte bewies, wie ausrichtig
sie gemeint waren. „Natürlich werde ich
kommen. Und ich werde so lange bei ihr
bleiben, als sie mich nur immer in ihrer
Nähe dulden will."
Der Oberstlieutenant dankte ihr in sei-
ner schlichten, wortkargen Art, und nach
einer sehr kühlen Verabschiedung von Ju-
lius Löwengaard ging er wieder von dannen.—
Neben der Pförtnerloge in der Vorhalle
des kleinen Gasthofes, in dem Frantzius
bei seiner Anwesenheit in der Hauptstadt
zu wohnen pflegte, stand bei seiner Rück-
kehr ein bleicher, engbrüstiger Mann von
vierzig und einigen Jahren. Der Portier
machte ihn auf den eintretenden Oberstlieu-
tenant aufmerksam, und der Mann, dessen
hageres Gesicht für einen Augenblick bren-
nende Röthe übergoß, lüftete, auf Frantzius
zugehend, demüthig seinen Hut:
„Verzeihen Sie gütigst, mein Herr —
aber Sie waren der Vormund des verstor-
benen Herrn Cäsar Löwengaard, nicht wahr?"
„Allerdings!" sagte der Oberstlieutenant
befremdet, „darf ich vielleicht erfahren, in
welcher Absicht Sie diese Frage an mich
richten?"
„Ich bin der Buchhalter Helmbrecht aus
dem Bankhause Schröder L Werkenthin.
Und mein Gewissen treibt mich, Ihnen ein
Bekenntnis; zu machen. Ich bitte Sie in-
ständigst um. zehn Minuten Gehör unter vier
Augen."
„Begleiten Sie mich also auf mein Zim-
mer," entgegnete Frantzius. „Dort werden
wir ganz ungestört sein."
Und der Buchhalter stieg hüstelnd hinter
ihm die Treppe empor.

it warmen und schlichten Worten hatte
Theodor Meinardi dem Vater Hilde's
das Gelöbnis; abgelegt, in dem Glück
des geliebten Wesens fortan den eigent-
l' s I V- "
Löwengaard hatte kräftig seine
gedrückt, und dann hatten
sie alle die Einzelheiten be-
sprochen, die in Bezug auf
an welchem die Verlobung

vc»!
/ V Lothar Brent; endorf.
AG

lichen Zweck seines Lebens zu sehen, setzung von ähnlichen Schatten verschont bleiben, wie
Hand ' sie jetzt seinen Anfang zu meinem Schmerze verdunkeln."
 
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