Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext


2 — —— *
— — ; —

— — 2 —

L * —

Beft 4. Ill

Die Erbſchaft des Volkes.

Roman aus dem deutſch-franzöſiſchen Kriege.
( Von
DB, v. Heldrungen.

Fortſetzung.)

Nachdruck verboten.)
3 war nur ein kurzer, kaum ſekundenlanger
Blick, den Müller auf die Viſitenkarte Didier's
/ warf, aber er erſchrak über dieſe Entdeckung
ſo, daß er momentan wie gelähmt war. Ihm
wurde plötzlich klar, daß Bettine dieſen Herrn
Kapitän im Park geſprochen und daß es
ſich dabei nicht um ein Liebesſtelldichein ge-
handelt hatte. Denn wozu ſollte das Signal
dem Licht im Fenſter dienen, wenn nicht, um ein
Zeichen zu geben, ob der Zeitpunkt eines heberfalles
des Schloſſes günſtig war oder nicht? Viele kleine Mo-
mente, die er beobächtet und die er, beeinflußt durch
Bettinens Nähe, nicht richtig gedeutet, ſprangen ihm jetzt
in anderer Bedeutung in's Auge. So als ſie ihm ihr
Wort gegeben, daß das Stelldichein für die Einquar-
tierung des Schloſſes keinerlei Bedeutung habe. Das
war in einer Weiſe haſtig und eifrig gegeben worden,
als ob ſie geglaubt habe, dadurch jeden anderen Ver-
dacht verwiſchen zu müſſen. Sie hatte ihn belogen, und
er hatte ſich, durch ihr Aeußeres beſtrickt, von ihr über-
tölpeln laſſen. Er hätte dieſen Didier nicht entwiſchen
laſſen, ihm eine Kugel auf den Pelz brennen, unbedingt
einen Alarmſchuß abgeben müſſen. Statt deſſen war er
wie ein verliebter Thor auf ihre Koketterien eingegangen!

Bleich und zitternd wandte er ſich endlich nach ihr
um er war wüthend über ſich und ſie, und doch fühlte
er gleichzeitig einen endloſen Schmerz, ein bitteres Weh,
wenn er daͤran dachte, wie bitter ſie ihn und ſeine
Landsleute haſſen müſſe, um zu ſolchen Ungeheuerlich-
keiten zu kommen, und wie ſehr ſie ſich in Gefahr
begeben hatte, wie ein thörichtes Kind, das nicht wußte,
an welchem Abgrund es ſtand.

Sie ſtand ruhig neben einem Seſſel, auf den ſie
den Schleier geleat hatte, und ſtrich mit den feinen


ordnung gekommen war.

„Sie wiſſen, Fräulein d'Aulnay,“ preßte er endlich
zitternd hervor, „daß ich Sie auf der Stelle verhaften
kann?“

Sie ſah ihn drollig lächelnd an. „Was haben Sie
denn?“

„Sie wiſſen, daß es keine Gnade für Sie gibt,
wenn Sie auf Verrath an den deutſchen Truppen be-
troffen werden?“ fuhr er ungeſtüm fort, indem er ſich
ihr drohend näherte.

Sie machte eine heftige Bewegung, maskirte dieſe
aber gleich darauf wieder und thaͤt, als hätte ſie ſich
auf's Kleid getreten. Dann ſagte ſie wieder lächelnd
und mit einer großen Seelenruhe im Ausdruck „Aber
Monſieur Mullére! Das iſt gar nicht ſehr höflich, was
Sie mir da ſagen. So ſpricht man doch nicht zu einer
jungen Dame. Was iſt Ihnen? Sind Sie krank?“


. Weyle (S. ID
 
Annotationen