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IS e — —


E

In

milien Zettung.

Das heilige Recht.

Roman

von

Friedrich Jarvbſen.

Gortſetzung)

Nachdruck verboten.)
\ n die Familie des Direktors Held ſchlug die

es war nicht ſeine Gewohnheit, amtliche
Sachen mit den Seinigen zu beſprechen, und
als Roſa Weber mit todtenblaſſen Wangen
* in ſein Zimmer ſtürzte und ihn um Aufflä-
rung bat, da trieb er die gewiſſenhafte Auffaſſung der
Anitsverſchwiegenheit ſo weit, daß er ſich faſt ſchroff
weigerte, irgend welche Auskunft zu geben.

„Was in den Zeitungen ſteht, das iſt nur aus-
nahmsweiſe die Wahrheik,“ ſagte er in ſeiner ver-
bitterten Weiſe, „und Anderes kann ich Dir nicht
mittheilen. Warte ruhig ab, bis die öffentliche Verhand-
lung ein richtiges Urtheil geſtattet; nach meiner Auf-
faſſung liegt der Fall nicht ganz ſo ſchlimm, wie es
vielleicht den Anſchein hat.“

Das war natürlich kein Troſt für ein aufgeregtes
Frauenherz, ja, Roſa begriff nicht einmal den Grund,


doch genau kannte, ſich in ein geheimnißvolles Schweigen
hüllte. Es mußte ſchlimmer um Adolph ſtehen, als
man anzudeuten wagte, ſonſt wäre dieſe Geheimniß-
krämerei eine ſinnloſe Grauſamkeit geweſen.

So dachte ſie, aber ſie ſprach mit Keinem mehr.
Die träumeriſche, ſentimentale Hülle, die bisher ihre
eigentliche Natur verdeckt hatte, ſchien plötzlich durch
die rauhe Hand eines großen Unglücks zerriſſen zu
ſein; ſie beſchloß, ſelbſtſtändig zu handeln und ſich vor
allen Dingen Gewißheit darüber zu verſchaffen, ob der
Jugendfreund nur von einem Schickſalsſchlage getroffen
ſei, oder ob eine ſchwere Verſchuldung vorliege.

Der Weg, den ſie ging war für ein junges, fern
von der Welt erzogenes Mädchen unendlich ſchwer;
ſie begab ſich geradenwegs auf das Gericht, deſſen bloßer
Name einer Frau Schrecken einzuflößen pflegt, deſſen
Betreten ihr ohne männlichen Schutz — ſo fehr wirkt
die Rauhheit vergangener Zeiten in die Gegenwart —
faſt unmöglich erſcheint.

Es ſtand gerade eine große Verhandlung gemeinſter
Art auf der Tagesordnung; die Korridore wimmelten
von Männern, denen das Verbrechen ſeinen Stempel
aufgeprägt hatte, und von Weibern, vor deren Be-
rührung eine anſtändige Frau die Kleider zuſammen-
rafft; Roſa drängte ſich mitten durch das ſie frech
anſtarrende Geſindel, erhaſchte endlich einen Gerichts-


Sie kannte Wilde nicht perſönlich, aber ſie hatte
gehört, daß er ein liebenswürdiger Mann ſei, und das
genügte ihr vorläufig. Wilde empfing die junge Dame
mit dem offenkundigen Ausdruck aufrichtiger Theilnahme

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Erinnerung, Nach einem Gemälde von D. Maillart. (S. 647)


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