Heft 24.
Das Buch für Alhe.
583
auch wenn ſie einmal vom rechten Wege abirrt, doch
jmmer wieder im entſcheidenden Augenblick ſich auf
denſelben zurückfindet?“
Sie antwortet nicht, nur inniger drückt ſie ihre
Wange an des Gatten Bruſt, der ſchützend den Arm
um ſie legt. Und wie ein Wunder erſcheint e& ihr,
daß ſie nur durch den unerwarteten Aufenthalt, durch
die Begegnung mit der Bäuerin und das weihevolle
Lied den rechten Weg wiedergefunden hat.
Alligatoren.
(Siehe das Bild auf Seite 581.)
as Verbreitungsgebiet des Alligators oder Hechtkaimans
iſt der Süden der Vereinigten Staaten von Rordamerika,
und in allen Flüſſen, Sümpfen und Seen Südkarolinas,
Georgias, Floridas, Alabamas, Miſſiſſippis und Louiſianas
findet man dieſe oben ſchmutziggrünen, unten lichtgelben, fünf
Meter langen Panzerechſen mit dem furchtexregenden Gebiß
noch immer ziemlich häufig, wo ſie ſich an den ſchlammigen
Ufern, auf treibenden Baumſtämmen oder auf Sandbänken
ſonnen (ſiehe das Bild auf S. 581). Früher ſah man ſie
im unteren Miſſiſſippi und im Red River hundertweiſe, und
ſie waren ſo wenig ſcheu, daß ſie ſich um das Getriebe der
Menſchen gar nicht kümmerten, wenn man ſie nicht abſichtlich
ſchreckte oder nach ihnen ſchoß. Jetzt hat der Dampferver-
kehr und die Ziviliſation ſie verſcheucht, und auch durch Zer-
ſtörung der Brutſtätten wurde ihre Zahl ſtark vermindert. Auf
dem Lande iſt der Alligator ſchwerfällig, unbehilflich und erbärm-
lich feig. Wer ſich aus dem Bereiche ſeines Schwaͤnzes hält,
mit dem er gewaltige Schläge auszuteilen vermag, kann ihn
ohne Gefahr töten. Aber im Waſſer, ſeinem eigentlichen
Elemente, zeigt ſich der Alligator lebhaft und kühn und geht
ſelbſt dem Menſchen zu Leibe, falls dieſer ſich in einer wehr-
loſen Lage befindet. Sonſt meidet er den Menſchen auch
dort. Im ſüdlichen Texas waten die Rinderhirten (Cowboys),
wenn ſie an ein mit Alligatoren beſetztes Gewäſſer kommen,
mit Knüppeln bewaffnet ruhig hinein, um die gefräßigen
Kriechtiere abzuhalten, die Rinder beim Trinken aͤnzu-
fallen. Tieren gegenübex kennt der Alligator keine Furcht.
Schafe, Ziegen und Rinder, die ans Waffer kommen, um zu
trinken, Hunde, Hirſche und Pferde, die es durchſchwimmen,
laufen Gefahr, von den Alligatoren gepackt, unter die Ober-
fläche gezogen und, nachdem ſſie tot, verzehrt zu werden; die
eigentliche Nahrung der Alligatoren ſind jedoch Fiſche! Bei
den jähelich ſtattfindenden Austreten der unregulierten Flüſſe.
füllen fich zu beiden Seiten die großen ſeichten Seen und
Moräſte nicht nur mit Waſſer, ſondern auch mit Fiſchen an,
auf welche die Alligatoren jagen. Gefährlich ſind ſie nur
im Frühjahr zur Paarungszeit! Dann liefern die Männchen
einander furchtbare Zweikämpfe und werden dadurch ſo er-
bittert und erregt, daß ſie nun auch den Menfchen nicht
mehr fürchten. Es kommt dazu, daß um dieſe Zeit der Fiſch-
fang am mühſaniſten und unergiebigſten iſt, und ſie daher
der Hunger plagt. Das Weibchen legt eine große Anzaͤhl
weißer, mit einer harten, kalkigen Schale bedeckter Eier in
heſondere Neſter, die im Uferdickicht aus Blättern und Zweigen
hergeſtellt ſind, und hält grimmig dabei Wache, bis die feuchte.
Wärme die Jungen ausgebrütet hat, die nun ſofort voͤn der
. Mutter ins Waſſer geführt werden. Ueberhaupt ſcheinen die
Alligatoren viel Familkienfinn zu haben, denn auch wenn ſie
ſich nach der Mahlzeit träge ſonnen, klettern die halb er-
774 Jungen meiſt noch auf den Rücken der Alten
erum.
Anna Flunger.
(Siehe das Porträt auf Seite 584.)
8 den Hauptrollen im Oberammergauer Paſſionsſpiel, die in
dieſen Jahre neu beſetzt ſind, gehört neben dem Ehriſtus
und Kaiphas auch die Maria, welchẽ man der Poſtbotenkochter
Anna Flunger anvertraut hat (ſiehe das Porträt auf S. 584).
Obwohl e8 anfangs ganz unglaublich erſchien, daß man zu
einem neuen Chriſtus Anton Lang) auch noch eine unerprobte
Maria wählen würde, hat ſich das Komitee doch nach langer
Prüfung für die Genannte entſchieden! Zuerſt hatte es aller-
dings den Anfchein, als werde ihr Talent ſich nicht befonders
enffalten, und als ſollten die auf ſie geſetzten Hoffnungen
getäuſcht werden, allein es war nur mädchenhafte Befangen-
heit, die ſie hinderte, aus ſich herauszugehen, und nach einer
Anzahl Proben, in der ſie Selbſtvertrauen gewann, entwickelte
eſich in überraſchender Weije. Dem Neußeren nach bietet.
Anna Flunger ebenfalls etwas Neues. Sie ift keine blonde
9fift‘bpnna, wie ſie traditionell dargeſtellt wird, ſondern bringt
Mit ihren dunklen Haaren und Augen und dem vollen Geſicht
eher eine Madonna Murillos zur Anſchauung Ungemein
Wohlthuend wirkt ihre tiefe, klangvolle Stimme und das
®Ü€mnafi ihrer Bewegungen. In dieſer Hinſicht hat das
Komitee der Spiele jedenfalls einen guten Griff gethan, da
vOr zehn Fahren die Kunſt der weioͤlichen Daͤrſtellẽr nicht
ganz der der männlichen ebenbürtig war.
die Großjährigkeikserklärung des deutſchen
Kronprinzen in verlin.
Siehe die 3 Bilder auf Seite 584 und 585.)
A 6. Mai 1900 feierte Friedrich Wilhelm Viktor Auguſt
—* Ernit, Kronprinz des Deutſchen *2* und von Preußen,
ſeinen 18 Seburtstag, an dem nach Hohenzollernſchem Haus:
gefeß zugleich feine Großjährigkeit ausgefprochen wurde.
Aus dem Auslande wie aus dem Reiche waren zahlreiche
Fürſtlichkeiten, an ihrer Spitze Kaiſer Franz Joſeph, herbei-
gekonmen, um dem jungen Hohenzollernſproſſen ihre Glück-
wünſche darzubringen und mit dem preußiſchen Herrſcher-
hauſe vereint dieſen bedeutungsvollen Tag zu begehen Kaijer
Franz Joſeph hielt bereits am Vormittag des 4. Mai bei
herrlichem Wetter einen glanzvollen Einzug in die Haupt-
ftadt des Deutſchen Reiches. Nach der Begrüßung auf dem
Potsdamer Bahnhof beſtiegen die beiden Kaiſer einen nie-
drigen, offenen, a la Daumont beſpannten vierſpännigen,
vom Sattel aus durch Jockeys gefahrenen Wagen. Der
Polizeipräſident und ein Stallmeiſter ritten voraus. Vor
und hinter dem Wagen ritt je eine halbe Eskadron der Gardes
du Corps in ſchwarzen Stahlpanzern, prächtig ausgeſuchte
Mannſchaften auf herrlichen Pferden. Im nächſten Wagen
folgte Prinz Heinrich mit dem Kronprinzen (ſiehé das untere
Bild auf S. 585), in den übrigen Wagen die anderen
Prinzen, das Gefolge, darunter Graf Goluchowski, der öſter-
reichiſch ungariſche Botſchafter v, Szögyény-Marich in unga-
riſcher Magnatentracht, Mütze und Dolman aus dunkelrotem
Sammet und Zobelpelz, Graf Walderſee und andeve. So
bewegte ſich der Zug in kurzem Trab über den Potsdamer
Platz, die Bellevueſtraße und Siegesallee entlang und bog
über die Charlottenburger Chauffee zum Brandenburger Thor
ein. Ueberall grüßte ihn der jubelnde Zuruf der tauſend-
köpfigen Menge auf den Straßen, aus den Fenſtern und
von den Dächern herab. Kein Haus war ungeſchmückt, kein
Fenſter unbeſetzt. Die Damen wehten mit den Tüchern, die
Die offizielle Begrüßung durch die
Stadt Berlin fand auf dem Pariſer Platz ſtatt! Hier war
ein prachtvoller Triumphbogen (ſiehe das obere Bild auf
S, 585), halb römiſches Thor, halb mittelalterlicher Feſtungs-
bau mit Tribünen auf beiden Seiten errichtet. Von ſeiner
Zinne herab begrüßten Bläſer in mittelalterlichen Koſtümen
den gegen !411 Uhr herannahenden Zug. Der Wagen mit
den beiden Kaiſern hielt in der Mitte zwiſchen beiden Tribünen,
wo ein Teppich ausgebreitet war! Hoͤchrufe begrüßten die
Monarchen. Oberbürgermeiſter Kirſchner und Stadtver-
ordnetenvorſteher Langerhans traten an den Wagen heran,
den zwanglos und ungehindert die zum Empfang erſchienenen
Hexren entblößten Hauptes umgaben. Mit lauter Stimme
und langſamer Betonung ſprach Oberbürgermeiſter Kirſchner
Worte der Begrüßung (ſiehe das Bild auf S. 584). Cr hieß
im Namen der Bürgerſchaft den Kaiſer Franz Joſeph will-
kommen, als den Freund des Hohenzollernhauſes, der zu einem
Familienfeſte erſcheine und damit alte Freundſchaft bekräftige,
als den Herrſcher des großen Nachbarreiches, mit dem uns
politiſche, wirtſchaftliche und geiſtige Intereſſen gemeinſam
ſeien, und als den Bundesgenöſſen! der mit Drei deutſchen
Kaiſexn zuſammen bemüht gewejen ſei, ſeiner Bevölkerung,
und ſo weit es möglich iſt, den Völkern des Erdreiches den
Frieden zu erhalten. Drei junge Damen überreichten dem
greiſen Herrſcher Blumen, und dann wurde unter den brau-
ſenden Zurufen der Menge die Fahrt nach dem königlichen
Schloſſe fortgeſetzt. Am Abend war Prunktafel im Schloß,
wobei beide Herrſcher bedeutungsvolle Trinkſprüche ausbrachten,
die namentlich auf das Fortbeſtehen des Dreibundes zur
Sicherung des Friedens hinwieſen. Am Abend des 5. Mai
war Feſtvorſtellung im Opernhauſe. Die Feier der Groß-
jährigkeitserklärung fand am Sonntag Vormittag (6. Mai)
um 11 Ubhr in der Schloßkapelle ſtatt.! Oberhofprediget
Generalſuperintendent Drhander predigte über die bom Kaifer
gewählten Bibelworte: „Sei feſt, ſei ein Mann . . .; ſchäme
dich des Evangeliums von Ehriſto nicht.“ Hierauf leiſtete
der Kronprinz den Fahneneid. Es folgte die Gratulations-
cour und am Abend ein Prunkmahl im Weißen Saale und
in den angrenzenden Gemächern; die Stadt war glänzend
beleuchtet. An demſelben Abend um 3410 Uhr reiſte Kaͤiſer
Franz Joſeph wieder ab.
Leuchkende Pflanzen.
Nalurwiſſenſchafkliche Shie von Brinrich Cheen.
Nachdruck verboten)
lles, was leuchtet und glänzt, feſſelt die Auf-
merkſamkeit des Menſchen! Das iſt in ſeiner
Natur und ſeinem Weſen begründet und hat
eine tiefere Bedeutung. Namentlich ſind es
S
dem größten Zauber auf das menſchliche Gemüt ein:
mirfen. Darum entzücken uns die niedlichen Johannis-
käferchen, wenn die Männchen, von lauen Soͤmmer-
lüften getragen, durch blühende Geſträuche ſchwirren;
wenn die Weibchen, zwiſchen üppigem Graſe krie-
chend ihren lebhaften Glanz verbreiten, oder wenn
ihre Larven in düſteren, ſtürmiſchen Herbſtnächten aus
nung zuſtrahlen. Geradezu feenhaft iſt das Leuchten
des Meeres, das man beſonders an lauen Sommer-
abenden und bei leichtgekräuſeltem Wellenſchlag be-
obachten kann, und deſſen Urheber mikroſkopiſche Lebe-
weſen aus der Klaſſe der Urtiere ſind! Bei einigen
und gereizten Nervenſtränge, bei anderen die Ein-
geweide und Schwimmblaſen, welche den leuchtenden
Schein hervorzuzaubern vermögen Aber es giebt auch
kleine Pflänzchen, denen die Eigenſchaft zugefprochen
werden muß, Licht ausſtrahlen und die Dunkelheit
in gewiſſem Maße erhellen zu können. Nur ijft e8
der Wiſſenſchaft noch nicht vollſtändig gelungen, die
geheimnisvollen Urſachen der Lichterſcheinungen im
Pflanzenreich zu ergründen, während der Schleier, der
ehemals über dem tieriſchen Leuchten lag, jetzt ſo ziem-
lich gelüftet iſt.
Freilich iſt die Zahl der leuchtenden Pflanzen keine
große, doch giebt es unter den vorhandenen einige,
welche im ſtande ſind, einen recht hellen Lichtſchein
auszuſtrahlen, ja ein Pflänzchen, das winzige, un-
ſcheinbare Leucht moos (Schistostega osmundacea),
kann in dieſer Hinſicht faſt mit dem Johanniskaͤferchen
wetteifern und hat es deswegen zu einer gewiſſen Be-
rühmtheit gebracht. Den wieiſten Leſern wird dies
zierliche Pflänzchen dem Anſehen nach unbekannt ſein,
für die aber, welche in der Beſchäftigung mit dem
Kleinen und Unſcheinbaren Freude und Befriedigung
finden, iſt es leicht aufzufinden. Es meidet das Licht
und iſt immer nur in dunklen Felſenhöhlungen, feuchten,
ſchattigen Steinklüften, hin und wieder wohl auch in
Fuchsbauten und Erdlöchern, anzutreffen.
Bemächtigt ſich unſerer beim Betreten einer Höhle
jederzeit ein geheimer Schauex, ſei es aus Ehrfurcht
vor den Bildungen und Umwälzungen gewaltig ſchaffen-
der Naturkräfte, oder ſei es, weil wir überhaupt nicht
zu den „Dunkelfreunden“ gehören: ſo iſt der Anblick
um ſo überraſchender, wenn uns aus dem düſteren
Raume ein freundlich ſanfter, ſmaragdgrün?goldiger
Glanz entgegenſchimmert. Unterſuchen wir die Sache
genauer, ſo finden wir, daß diefes geheimnisvolle
Leuchten von einem dem Boden oder Geſtein dicht an-
haftenden, ſammetartigen, dunkelgrünen Ueberzug her-
ſtammt, der ſich unter dem Mikroſkop als ein feines
Geflecht vielfach verzweigter Fäden erweiſt. Ueber die
wahre Natur dieſes fädigen Gebildes mar man lange
Zeit im unklaxen, und der Naturkundige Bridel hielt
es für eine Alge; ſpätere Unterſuchungen, namentlich
durch Unger und Schimper, haben jedoch ergeben, daß
das Gewebe aus den keimenden Samen eines Mooſes
ſpäter Knöſpchen und aus dieſen beblätterte Stengel
entwickeln, bildet.
Von dieſen Vorkeimen, welche aus ſchlauchförmigen
Zellen zuſammengeſetzt ſind, geht das erwähnte Leuchten
aus. Die linſenförmigen Zellen konzentrieren alles
auffallende Licht auf die Hinterwand des Vorkeims
und beleuchten intenſiv die Ehlorophyllkörner, welche ſich
dort anſammeln. Alle Strahlen, welche parallel in
dieſe Zellen einfallen, werden ſo zurückgeworfen, daß
dieſe parallel oder ſchwach divergierend wieder nach der-
ſelben Richtung austreten, daher man das Leuchten nur
dann ſieht, wenn ſich das Auge in der Richtung des
einfallenden Lichtſtrahles befindet. Bei beſchraͤnktem
Umfange des Spaltes, durch den das Licht in die Fels-
kluft eindringt, iſt es darum, wie Kerner ſchreibt, nicht
immer leicht, dieſe Erſcheinung ſchön zu ſehen. Hält.
man den Kopf nahe an den Spalt, ſe verſperrt man
eben dem Lichte den Eingang, und es kann dann ſelbſt-
verſtändlich auch kein Licht zurückgeworfen werden Es
empfiehlt ſich daher, beim Hineinfehen in die Felsklüfte
den Kopf ſo zu halten, daß immer noch etwas Licht
in die Tiefe der Kluft gelangen kann. Dann iſt das
Schauſpiel aber in der That von unbeſchreiblichem
Seit dem Jahre 1784 iſt dies merkwürdige, kaum
2 Centimeter hohe Moos, welches zu den Laubmooſen
gezählt wird, erſt bekannt und wurde faſt gleichzeitig
in England von Dickſon und auf dem Harze von
Ehrhardt entdeckt. Es gehört nur Europa an, findet
ſich aber daſelbſt und zumal in dem mittleren und
Von den niedrigen
Gebirgszügen Weſtfalens, der Thüringer und ſächſiſchen
Cbhene verbreitet es ſich durch alle Gebirgsgegenden
Deutſchlands, der Schweiz, Englands und Skandina-
viens. An eine beſtimmte Geſteinsart iſt es nicht
gebunden, doch ſcheint es Sandſtein vorzuziehen. In
Thüringen kommt e& im Lias- und Buntfandſteine
(SGotha, Rudolſtadt), häufiger noch in Porphyrfelſen
Giebichenſtein bei Halle, Blauerſtein bei der Schmücke,
Raͤuberſtein bei Oberhof) vor. Im Harz und Fichtel-
gebirge, wie in den Sudeten und Vogeſen lebt es auf
Granit. Es wird daher wohl nicht ſehr ſchwierig ſein,
dies intereſſante Pflänzchen aufzufinden, und mancher
Leſer unſerer Zeitſchrift wird vielleicht durch dieſe Zeilen
angeregt, auf ſeinen Wanderungen in der Natur auf
dieſes ſonſt ſo unſcheinbare Moos zu achten. Hat er
es entdeckt, ſo iſt ſicher, daß ihm die geſchilderte Licht-
erſcheinung Freude bereiten wird! Dann wird er
auch bald begreifen, wie Märchen von Gnomen, die
tief im Gebirge hauſen und mit den Erdenkindern ihr
neckiſches Spiel treiben, entſtehen konnten.
Denſelben eigentümlichen Lichtreflex entwickeln noch
mehrere andere Laubmooſe, und er wird um ſo leichter
bemerkt, an je dunklerem Standort die Pflanzen ſtehen.
Am leichteſten zu finden iſt Hookoria splendens, das
beſonders an tief ſchattigen Stellen, vorzüglich in aus-
gehöhlten Baumſtümpfen vegetiert. Die Blätter dieſes
Mooſes ſchimmern zwar nicht ſo lebhaft wie der Vor-
feim des Leuchtmooſes, aber die Erſcheinung iſt immer-
hin eine ähnliche, und es liegt ihr auch eine ähnliche
Ausbildung zu Grunde.
<
Das Buch für Alhe.
583
auch wenn ſie einmal vom rechten Wege abirrt, doch
jmmer wieder im entſcheidenden Augenblick ſich auf
denſelben zurückfindet?“
Sie antwortet nicht, nur inniger drückt ſie ihre
Wange an des Gatten Bruſt, der ſchützend den Arm
um ſie legt. Und wie ein Wunder erſcheint e& ihr,
daß ſie nur durch den unerwarteten Aufenthalt, durch
die Begegnung mit der Bäuerin und das weihevolle
Lied den rechten Weg wiedergefunden hat.
Alligatoren.
(Siehe das Bild auf Seite 581.)
as Verbreitungsgebiet des Alligators oder Hechtkaimans
iſt der Süden der Vereinigten Staaten von Rordamerika,
und in allen Flüſſen, Sümpfen und Seen Südkarolinas,
Georgias, Floridas, Alabamas, Miſſiſſippis und Louiſianas
findet man dieſe oben ſchmutziggrünen, unten lichtgelben, fünf
Meter langen Panzerechſen mit dem furchtexregenden Gebiß
noch immer ziemlich häufig, wo ſie ſich an den ſchlammigen
Ufern, auf treibenden Baumſtämmen oder auf Sandbänken
ſonnen (ſiehe das Bild auf S. 581). Früher ſah man ſie
im unteren Miſſiſſippi und im Red River hundertweiſe, und
ſie waren ſo wenig ſcheu, daß ſie ſich um das Getriebe der
Menſchen gar nicht kümmerten, wenn man ſie nicht abſichtlich
ſchreckte oder nach ihnen ſchoß. Jetzt hat der Dampferver-
kehr und die Ziviliſation ſie verſcheucht, und auch durch Zer-
ſtörung der Brutſtätten wurde ihre Zahl ſtark vermindert. Auf
dem Lande iſt der Alligator ſchwerfällig, unbehilflich und erbärm-
lich feig. Wer ſich aus dem Bereiche ſeines Schwaͤnzes hält,
mit dem er gewaltige Schläge auszuteilen vermag, kann ihn
ohne Gefahr töten. Aber im Waſſer, ſeinem eigentlichen
Elemente, zeigt ſich der Alligator lebhaft und kühn und geht
ſelbſt dem Menſchen zu Leibe, falls dieſer ſich in einer wehr-
loſen Lage befindet. Sonſt meidet er den Menſchen auch
dort. Im ſüdlichen Texas waten die Rinderhirten (Cowboys),
wenn ſie an ein mit Alligatoren beſetztes Gewäſſer kommen,
mit Knüppeln bewaffnet ruhig hinein, um die gefräßigen
Kriechtiere abzuhalten, die Rinder beim Trinken aͤnzu-
fallen. Tieren gegenübex kennt der Alligator keine Furcht.
Schafe, Ziegen und Rinder, die ans Waffer kommen, um zu
trinken, Hunde, Hirſche und Pferde, die es durchſchwimmen,
laufen Gefahr, von den Alligatoren gepackt, unter die Ober-
fläche gezogen und, nachdem ſſie tot, verzehrt zu werden; die
eigentliche Nahrung der Alligatoren ſind jedoch Fiſche! Bei
den jähelich ſtattfindenden Austreten der unregulierten Flüſſe.
füllen fich zu beiden Seiten die großen ſeichten Seen und
Moräſte nicht nur mit Waſſer, ſondern auch mit Fiſchen an,
auf welche die Alligatoren jagen. Gefährlich ſind ſie nur
im Frühjahr zur Paarungszeit! Dann liefern die Männchen
einander furchtbare Zweikämpfe und werden dadurch ſo er-
bittert und erregt, daß ſie nun auch den Menfchen nicht
mehr fürchten. Es kommt dazu, daß um dieſe Zeit der Fiſch-
fang am mühſaniſten und unergiebigſten iſt, und ſie daher
der Hunger plagt. Das Weibchen legt eine große Anzaͤhl
weißer, mit einer harten, kalkigen Schale bedeckter Eier in
heſondere Neſter, die im Uferdickicht aus Blättern und Zweigen
hergeſtellt ſind, und hält grimmig dabei Wache, bis die feuchte.
Wärme die Jungen ausgebrütet hat, die nun ſofort voͤn der
. Mutter ins Waſſer geführt werden. Ueberhaupt ſcheinen die
Alligatoren viel Familkienfinn zu haben, denn auch wenn ſie
ſich nach der Mahlzeit träge ſonnen, klettern die halb er-
774 Jungen meiſt noch auf den Rücken der Alten
erum.
Anna Flunger.
(Siehe das Porträt auf Seite 584.)
8 den Hauptrollen im Oberammergauer Paſſionsſpiel, die in
dieſen Jahre neu beſetzt ſind, gehört neben dem Ehriſtus
und Kaiphas auch die Maria, welchẽ man der Poſtbotenkochter
Anna Flunger anvertraut hat (ſiehe das Porträt auf S. 584).
Obwohl e8 anfangs ganz unglaublich erſchien, daß man zu
einem neuen Chriſtus Anton Lang) auch noch eine unerprobte
Maria wählen würde, hat ſich das Komitee doch nach langer
Prüfung für die Genannte entſchieden! Zuerſt hatte es aller-
dings den Anfchein, als werde ihr Talent ſich nicht befonders
enffalten, und als ſollten die auf ſie geſetzten Hoffnungen
getäuſcht werden, allein es war nur mädchenhafte Befangen-
heit, die ſie hinderte, aus ſich herauszugehen, und nach einer
Anzahl Proben, in der ſie Selbſtvertrauen gewann, entwickelte
eſich in überraſchender Weije. Dem Neußeren nach bietet.
Anna Flunger ebenfalls etwas Neues. Sie ift keine blonde
9fift‘bpnna, wie ſie traditionell dargeſtellt wird, ſondern bringt
Mit ihren dunklen Haaren und Augen und dem vollen Geſicht
eher eine Madonna Murillos zur Anſchauung Ungemein
Wohlthuend wirkt ihre tiefe, klangvolle Stimme und das
®Ü€mnafi ihrer Bewegungen. In dieſer Hinſicht hat das
Komitee der Spiele jedenfalls einen guten Griff gethan, da
vOr zehn Fahren die Kunſt der weioͤlichen Daͤrſtellẽr nicht
ganz der der männlichen ebenbürtig war.
die Großjährigkeikserklärung des deutſchen
Kronprinzen in verlin.
Siehe die 3 Bilder auf Seite 584 und 585.)
A 6. Mai 1900 feierte Friedrich Wilhelm Viktor Auguſt
—* Ernit, Kronprinz des Deutſchen *2* und von Preußen,
ſeinen 18 Seburtstag, an dem nach Hohenzollernſchem Haus:
gefeß zugleich feine Großjährigkeit ausgefprochen wurde.
Aus dem Auslande wie aus dem Reiche waren zahlreiche
Fürſtlichkeiten, an ihrer Spitze Kaiſer Franz Joſeph, herbei-
gekonmen, um dem jungen Hohenzollernſproſſen ihre Glück-
wünſche darzubringen und mit dem preußiſchen Herrſcher-
hauſe vereint dieſen bedeutungsvollen Tag zu begehen Kaijer
Franz Joſeph hielt bereits am Vormittag des 4. Mai bei
herrlichem Wetter einen glanzvollen Einzug in die Haupt-
ftadt des Deutſchen Reiches. Nach der Begrüßung auf dem
Potsdamer Bahnhof beſtiegen die beiden Kaiſer einen nie-
drigen, offenen, a la Daumont beſpannten vierſpännigen,
vom Sattel aus durch Jockeys gefahrenen Wagen. Der
Polizeipräſident und ein Stallmeiſter ritten voraus. Vor
und hinter dem Wagen ritt je eine halbe Eskadron der Gardes
du Corps in ſchwarzen Stahlpanzern, prächtig ausgeſuchte
Mannſchaften auf herrlichen Pferden. Im nächſten Wagen
folgte Prinz Heinrich mit dem Kronprinzen (ſiehé das untere
Bild auf S. 585), in den übrigen Wagen die anderen
Prinzen, das Gefolge, darunter Graf Goluchowski, der öſter-
reichiſch ungariſche Botſchafter v, Szögyény-Marich in unga-
riſcher Magnatentracht, Mütze und Dolman aus dunkelrotem
Sammet und Zobelpelz, Graf Walderſee und andeve. So
bewegte ſich der Zug in kurzem Trab über den Potsdamer
Platz, die Bellevueſtraße und Siegesallee entlang und bog
über die Charlottenburger Chauffee zum Brandenburger Thor
ein. Ueberall grüßte ihn der jubelnde Zuruf der tauſend-
köpfigen Menge auf den Straßen, aus den Fenſtern und
von den Dächern herab. Kein Haus war ungeſchmückt, kein
Fenſter unbeſetzt. Die Damen wehten mit den Tüchern, die
Die offizielle Begrüßung durch die
Stadt Berlin fand auf dem Pariſer Platz ſtatt! Hier war
ein prachtvoller Triumphbogen (ſiehe das obere Bild auf
S, 585), halb römiſches Thor, halb mittelalterlicher Feſtungs-
bau mit Tribünen auf beiden Seiten errichtet. Von ſeiner
Zinne herab begrüßten Bläſer in mittelalterlichen Koſtümen
den gegen !411 Uhr herannahenden Zug. Der Wagen mit
den beiden Kaiſern hielt in der Mitte zwiſchen beiden Tribünen,
wo ein Teppich ausgebreitet war! Hoͤchrufe begrüßten die
Monarchen. Oberbürgermeiſter Kirſchner und Stadtver-
ordnetenvorſteher Langerhans traten an den Wagen heran,
den zwanglos und ungehindert die zum Empfang erſchienenen
Hexren entblößten Hauptes umgaben. Mit lauter Stimme
und langſamer Betonung ſprach Oberbürgermeiſter Kirſchner
Worte der Begrüßung (ſiehe das Bild auf S. 584). Cr hieß
im Namen der Bürgerſchaft den Kaiſer Franz Joſeph will-
kommen, als den Freund des Hohenzollernhauſes, der zu einem
Familienfeſte erſcheine und damit alte Freundſchaft bekräftige,
als den Herrſcher des großen Nachbarreiches, mit dem uns
politiſche, wirtſchaftliche und geiſtige Intereſſen gemeinſam
ſeien, und als den Bundesgenöſſen! der mit Drei deutſchen
Kaiſexn zuſammen bemüht gewejen ſei, ſeiner Bevölkerung,
und ſo weit es möglich iſt, den Völkern des Erdreiches den
Frieden zu erhalten. Drei junge Damen überreichten dem
greiſen Herrſcher Blumen, und dann wurde unter den brau-
ſenden Zurufen der Menge die Fahrt nach dem königlichen
Schloſſe fortgeſetzt. Am Abend war Prunktafel im Schloß,
wobei beide Herrſcher bedeutungsvolle Trinkſprüche ausbrachten,
die namentlich auf das Fortbeſtehen des Dreibundes zur
Sicherung des Friedens hinwieſen. Am Abend des 5. Mai
war Feſtvorſtellung im Opernhauſe. Die Feier der Groß-
jährigkeitserklärung fand am Sonntag Vormittag (6. Mai)
um 11 Ubhr in der Schloßkapelle ſtatt.! Oberhofprediget
Generalſuperintendent Drhander predigte über die bom Kaifer
gewählten Bibelworte: „Sei feſt, ſei ein Mann . . .; ſchäme
dich des Evangeliums von Ehriſto nicht.“ Hierauf leiſtete
der Kronprinz den Fahneneid. Es folgte die Gratulations-
cour und am Abend ein Prunkmahl im Weißen Saale und
in den angrenzenden Gemächern; die Stadt war glänzend
beleuchtet. An demſelben Abend um 3410 Uhr reiſte Kaͤiſer
Franz Joſeph wieder ab.
Leuchkende Pflanzen.
Nalurwiſſenſchafkliche Shie von Brinrich Cheen.
Nachdruck verboten)
lles, was leuchtet und glänzt, feſſelt die Auf-
merkſamkeit des Menſchen! Das iſt in ſeiner
Natur und ſeinem Weſen begründet und hat
eine tiefere Bedeutung. Namentlich ſind es
S
dem größten Zauber auf das menſchliche Gemüt ein:
mirfen. Darum entzücken uns die niedlichen Johannis-
käferchen, wenn die Männchen, von lauen Soͤmmer-
lüften getragen, durch blühende Geſträuche ſchwirren;
wenn die Weibchen, zwiſchen üppigem Graſe krie-
chend ihren lebhaften Glanz verbreiten, oder wenn
ihre Larven in düſteren, ſtürmiſchen Herbſtnächten aus
nung zuſtrahlen. Geradezu feenhaft iſt das Leuchten
des Meeres, das man beſonders an lauen Sommer-
abenden und bei leichtgekräuſeltem Wellenſchlag be-
obachten kann, und deſſen Urheber mikroſkopiſche Lebe-
weſen aus der Klaſſe der Urtiere ſind! Bei einigen
und gereizten Nervenſtränge, bei anderen die Ein-
geweide und Schwimmblaſen, welche den leuchtenden
Schein hervorzuzaubern vermögen Aber es giebt auch
kleine Pflänzchen, denen die Eigenſchaft zugefprochen
werden muß, Licht ausſtrahlen und die Dunkelheit
in gewiſſem Maße erhellen zu können. Nur ijft e8
der Wiſſenſchaft noch nicht vollſtändig gelungen, die
geheimnisvollen Urſachen der Lichterſcheinungen im
Pflanzenreich zu ergründen, während der Schleier, der
ehemals über dem tieriſchen Leuchten lag, jetzt ſo ziem-
lich gelüftet iſt.
Freilich iſt die Zahl der leuchtenden Pflanzen keine
große, doch giebt es unter den vorhandenen einige,
welche im ſtande ſind, einen recht hellen Lichtſchein
auszuſtrahlen, ja ein Pflänzchen, das winzige, un-
ſcheinbare Leucht moos (Schistostega osmundacea),
kann in dieſer Hinſicht faſt mit dem Johanniskaͤferchen
wetteifern und hat es deswegen zu einer gewiſſen Be-
rühmtheit gebracht. Den wieiſten Leſern wird dies
zierliche Pflänzchen dem Anſehen nach unbekannt ſein,
für die aber, welche in der Beſchäftigung mit dem
Kleinen und Unſcheinbaren Freude und Befriedigung
finden, iſt es leicht aufzufinden. Es meidet das Licht
und iſt immer nur in dunklen Felſenhöhlungen, feuchten,
ſchattigen Steinklüften, hin und wieder wohl auch in
Fuchsbauten und Erdlöchern, anzutreffen.
Bemächtigt ſich unſerer beim Betreten einer Höhle
jederzeit ein geheimer Schauex, ſei es aus Ehrfurcht
vor den Bildungen und Umwälzungen gewaltig ſchaffen-
der Naturkräfte, oder ſei es, weil wir überhaupt nicht
zu den „Dunkelfreunden“ gehören: ſo iſt der Anblick
um ſo überraſchender, wenn uns aus dem düſteren
Raume ein freundlich ſanfter, ſmaragdgrün?goldiger
Glanz entgegenſchimmert. Unterſuchen wir die Sache
genauer, ſo finden wir, daß diefes geheimnisvolle
Leuchten von einem dem Boden oder Geſtein dicht an-
haftenden, ſammetartigen, dunkelgrünen Ueberzug her-
ſtammt, der ſich unter dem Mikroſkop als ein feines
Geflecht vielfach verzweigter Fäden erweiſt. Ueber die
wahre Natur dieſes fädigen Gebildes mar man lange
Zeit im unklaxen, und der Naturkundige Bridel hielt
es für eine Alge; ſpätere Unterſuchungen, namentlich
durch Unger und Schimper, haben jedoch ergeben, daß
das Gewebe aus den keimenden Samen eines Mooſes
ſpäter Knöſpchen und aus dieſen beblätterte Stengel
entwickeln, bildet.
Von dieſen Vorkeimen, welche aus ſchlauchförmigen
Zellen zuſammengeſetzt ſind, geht das erwähnte Leuchten
aus. Die linſenförmigen Zellen konzentrieren alles
auffallende Licht auf die Hinterwand des Vorkeims
und beleuchten intenſiv die Ehlorophyllkörner, welche ſich
dort anſammeln. Alle Strahlen, welche parallel in
dieſe Zellen einfallen, werden ſo zurückgeworfen, daß
dieſe parallel oder ſchwach divergierend wieder nach der-
ſelben Richtung austreten, daher man das Leuchten nur
dann ſieht, wenn ſich das Auge in der Richtung des
einfallenden Lichtſtrahles befindet. Bei beſchraͤnktem
Umfange des Spaltes, durch den das Licht in die Fels-
kluft eindringt, iſt es darum, wie Kerner ſchreibt, nicht
immer leicht, dieſe Erſcheinung ſchön zu ſehen. Hält.
man den Kopf nahe an den Spalt, ſe verſperrt man
eben dem Lichte den Eingang, und es kann dann ſelbſt-
verſtändlich auch kein Licht zurückgeworfen werden Es
empfiehlt ſich daher, beim Hineinfehen in die Felsklüfte
den Kopf ſo zu halten, daß immer noch etwas Licht
in die Tiefe der Kluft gelangen kann. Dann iſt das
Schauſpiel aber in der That von unbeſchreiblichem
Seit dem Jahre 1784 iſt dies merkwürdige, kaum
2 Centimeter hohe Moos, welches zu den Laubmooſen
gezählt wird, erſt bekannt und wurde faſt gleichzeitig
in England von Dickſon und auf dem Harze von
Ehrhardt entdeckt. Es gehört nur Europa an, findet
ſich aber daſelbſt und zumal in dem mittleren und
Von den niedrigen
Gebirgszügen Weſtfalens, der Thüringer und ſächſiſchen
Cbhene verbreitet es ſich durch alle Gebirgsgegenden
Deutſchlands, der Schweiz, Englands und Skandina-
viens. An eine beſtimmte Geſteinsart iſt es nicht
gebunden, doch ſcheint es Sandſtein vorzuziehen. In
Thüringen kommt e& im Lias- und Buntfandſteine
(SGotha, Rudolſtadt), häufiger noch in Porphyrfelſen
Giebichenſtein bei Halle, Blauerſtein bei der Schmücke,
Raͤuberſtein bei Oberhof) vor. Im Harz und Fichtel-
gebirge, wie in den Sudeten und Vogeſen lebt es auf
Granit. Es wird daher wohl nicht ſehr ſchwierig ſein,
dies intereſſante Pflänzchen aufzufinden, und mancher
Leſer unſerer Zeitſchrift wird vielleicht durch dieſe Zeilen
angeregt, auf ſeinen Wanderungen in der Natur auf
dieſes ſonſt ſo unſcheinbare Moos zu achten. Hat er
es entdeckt, ſo iſt ſicher, daß ihm die geſchilderte Licht-
erſcheinung Freude bereiten wird! Dann wird er
auch bald begreifen, wie Märchen von Gnomen, die
tief im Gebirge hauſen und mit den Erdenkindern ihr
neckiſches Spiel treiben, entſtehen konnten.
Denſelben eigentümlichen Lichtreflex entwickeln noch
mehrere andere Laubmooſe, und er wird um ſo leichter
bemerkt, an je dunklerem Standort die Pflanzen ſtehen.
Am leichteſten zu finden iſt Hookoria splendens, das
beſonders an tief ſchattigen Stellen, vorzüglich in aus-
gehöhlten Baumſtümpfen vegetiert. Die Blätter dieſes
Mooſes ſchimmern zwar nicht ſo lebhaft wie der Vor-
feim des Leuchtmooſes, aber die Erſcheinung iſt immer-
hin eine ähnliche, und es liegt ihr auch eine ähnliche
Ausbildung zu Grunde.
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