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Jahrg.

Die junge Witwe.

Kriminalroman von Auguſte Groner.

(Fortfegung.)
_@oé‚_
Machdruck verboten.)
Jreuner nicte, „Natürlich arbeiten wir

beide für den Fall Lansky, das ſchon.
Aber wir haben jeder unſer Augenmerk
doch auf eine andere Perſon gerichtet.“

—r— Sie ſuchen nicht in erſter Linie den
Mann, der den Gummimantel getragen hat?“ fragte
Neumann.

„Nein — in erſter Linie ſuche ich den verdufteten
Rank! erwiderte Breuner gelaſſen.

„Den Rank! Richtig, den wollen
Sie alſo auch ſuchen?“

„Sie halten mich wohl für eigen-
ſinnig und meinen, ich habe mich
gerade nur in den Gedanken ver-
biſſen, daß der Rank wieder einge-
bracht werden muß?“

„ un iſt es denn nicht ſo?“

O —— S iſt auch o Aber
es iſt noch mehr hinter meinem
Suchen nach dem Rank.“

„ Nn @/

„Erſtens hab' ich dieſen Men-
ſchen ſchon einmal ſo ſchön gehabt
Z allein! Ich hab ihn ein-
gebracht, er wird überwieſen, ab-
geurteilt und — entſpringt wieder.
Wie in den Erdboden hinein iſt er
verſchwunden. Das hat mir bis heut'
keine Ruh' gelaſſen. Ich hab' mir
einen Urlaub genommen und ver-
folge die Sache jetzt auf meine
eigenen Koſten, bin alſo dermalen
ſozuſagen auch Privatdetektiv.“

„Immer nur Ranks wegen?“ be-
merkte Neumann.

Breuner lachte „Wenn ich ihn
hab', hab' ich ja den anderen auch.
Dieſer andere iſt für mich aller-
dings immer mur das Nebenprodukt,“
aber in Wahrheit iſt er natürlich
gerade ſo wichtig wie Rank, und'
hätte ich mich gleich zu Anfang auf
ſeine Verfolgung verlegt, ſo wäre
eben er mir der Interefſaͤntere.“

„Das denke ich auch.“

„Sie denken das mit gutem
Grund, denn Sie reiſen ja in Dienſten
des Herrn Weidmann! der wiẽder
zu ſeinem Gelde kommen möchte,
und das meiſte davon wird wohl
nach wie vor nicht der Rank, ſon-
dern eben dieſer andere haben.
Übrigens denke ich bei meinem Streif-
zuge hieher bis ins Türkiſche nicht
allein an alle dieſe Dinge, fondern
auch an die arme junge Witwe.

8

1904

Denken Sie ſich doch nur ihr ſchreckliches Los! Am
Hochzeitstage noch wird ſie ihres Gaͤtten beraubt
und —“

Aa die arme junge Witwe!“ unterbrach ihn
Neumann und ſeufzte tief auf. Aus ſeinem Geſicht
war alle Heiterkeit verſchwunden.

Wünſchen die Herren Kaffee?“ Mit dieſer
Frage trat jetzt die Wirtin an den Tiſch der beiden
Männer heran.

Der Kaffee wurde beſtellt, und die Wirtin räumte
das Eßgeſchirr weg.

Als Breuner und Neumann wieder allein waren,
ſagte der erſtere bedächtig: „Sie waren alſo ſchon
bei der Zurnaner Roſi??

ya heute fruh Warum intereſſieren Sie ſich
denn gerade für dieſe? Oder vielmehr woher wiſſen


Sie denn, daß eine Turnauer Roſt auf der Welt
iſt und daß ſie zu den beiden Verbrechern oder
doch zu einem von ihnen in Beziehung ſteht?“

Breuner lachte laut auf Tas habe ich auf
ganz ſonderbare Weiſe erkundet.“

„Kann man das erfahren?“

„Warum denn nicht.“

„Es ſoll aber nicht ſo ausſehen, als ob ich Ihnen
etwas herauslocken wollte.“

Ach Sie wiſſen es ja auch ſchon, daß die
Roſt zu den beiden gehört. Da erzähle ich Ihnen
ja nichts Neues. Alſo merken Sie auf. Wahrend
des Prozeſſes, den man dem Rank gemacht hat,
habe ich natürlich auch die Leute kennen gelernt,
die eine Ausſage zu machen hatten. Darunter war
auch der Buchhalter vom Lansky, ein gewiſſer Loſerth.
Der iſt nämlich vorgerufen worden,
um ſeine Meinung darüber abzugeben,
ob er ſeinen Brotgeber für nerven-
ſchwach oder für widerſtandsfähig
in Bezug auf ein Betäubungsmittel
gehalten habe Auch über einiges
andere hat er ſeine Meinung abgeben
müſſen Kurz und gut, der Herr
Loſerth und ich haben uns bei dieſer
Gelegenheit kennen gelernt, und ich
hab' ihn gebeten, daß er mich's ſo-
fort wiſſen laſſen möchte, wenn irgend
etwas Abſonderliches geſchehen ſollte,
das auf Lansky Bezug haben könnte.
Sie wiſſen ja, unſereins muß alles
zu erfahren ſuchen, um kombinieren
zu können.“

„Hat Ihnen der Buchhalter etwas
zu melden gehabt?“

Neumann zeigte jetzt immer grö-
ßeres Intereſſe. Es war ja auch
ganz natürlich, daß er, der für die-
ſelbe Sache engagiert war, ſich für
alles intereſſierte, das ſie betraf.

So fand denn ſein Kollege es
auch gar nicht auffallend, daß er
vor lauter Aufmerken es jetzt ganz
vergaß, weiter zu rauchen. Wie er
ſo, weit vorgebengt, daſaß, bot Neu-
mann jetzt das Bild eines von einem
Thema völlig in Anſpruch genom-
menen Menſchen.

Der letzte Sonnenſtrahl, der durch
das von dichtem Efeu umſponnene
Fenſter durch eine Blattlücke ſeinen
Weg gefunden hatte, lief über des
Detektivs fuchsrotes Haar hin, was
bei Breuner den Eindruck hervor-
brachte, als ob dieſes häßliche, ſtrup-
pige Haar glimme. Noch eines
anderen Eindruckes wurde Breuner
ſich eben jetzt erſt bewußt. Er be-
merkte jetzt erſt ſo recht deutlich, wie
häßlich fein Kollege ſei, und es
war ihm, der ſeit jeher eine ganz
ſeltſam leidenſchaftliche Freude amı
Schönen hatte, geradezu angenehm,
daß der andere, vielleicht im Be-
 
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