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Das Erbe der Kalewingen.
Roman aus dem estnischen Volksleben

von Richard Schott.
(Fortsetzung.)
rrvi überragte alle Männer des Kirchspiels um Haupteslänge;
von den mongolischen Rassemertmalen seiner Landsleute, den
Schlitzaugen, langen Armen, kurzen Beinen, schmalen Schul¬
tern und dem schleppenden Gang, war nichts an ihm zu sehen, obwohl
seine Mutter, die schöne Tuomi, ein echtes Estenmädchen gewesen
war. Er hatte von ihr wenig mehr geerbt als den Fluch der Leib-
eigenschaft, die er widerwillig ertrug. Er glich seinem Vater, dem
gnädigen Herrn, der ihn deshalb sehr gern mochte und ihn sogar
eine Büchse führen ließ. Keiner der Eingeborenen durfte sonst eine


Schußwaffe tragen; es war ihnen streng verboten. Arwis Augen
waren groß und blau, Haare und Bart von Hellem Braun und leicht
gelockt. Kühn saß sein Kopf auf breiten Schultern; sein Gang war
fest und stolz, wie sein Herz, das sich vor keinem beugte und von
einer glühenden Sehnsucht nach Freiheit erfüllt war.
Der alte Pfarrer Pantenius von St. Brigitten, der wie alle
von der estländischen Ritterschaft bestellten Seelsorger ein Deutscher
war, führte diesen Freiheitsdrang mit Stolz auf das deutsche Blut
zurück, das in Arwis Adern rollte; wiederholt hatte er dem gnädigen
Herrn geraten, ihn von der Hörigkeit zu entbinden und in Reval
oder Hapsal zu irgend einem bürgerlichen Beruf erziehen zu lassen.
Aber da die Leibeigenen ein Vermögen waren, mit dem die Herren
wucherten, wollte der Baron nichts davon wissen. Außerdem
meinte der Gutsherr, ein bißchen mehr als gewöhnliche Klugheit
unter den Leuten könne nichts schaden; sie würden dann nur um so
besser arbeiten. Daran aber, daß damit auch das Denken erwachte,

Nach einem Gemälde von Hans Volkmer. ^er Rosengruß.
XXII. 1318.
 
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