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Das BW sürNlle
Keftjs ZllustrierteKmilimZkltMg - D2i

Jilmrausch.
Roman von Reinhold Ortmann.
ls Oswald Hollbach den Hörer des Tischtelephons wieder-
auf den Apparat legte, war sein sonst frisches Gesicht ganz
weiß. Er strich mit der Hand über die Stirn und ließ seine
Augen in dem reich ausgestatteten Arbeitsraum umhergehen, als
sähe er das alles zum erstenmal, oder als hätte es für ihn mit


einem Male ein

Alfred Reinhardt ist tot. Soeben erhielt ich die telephonische
Nachricht von der Polizei."
Hertling hatte die Augenbrauen in die Höhe gezogen, so daß
die vielen Furchen auf seiner Stirn sich noch tiefer einschnitten.
Das war das einzige äußere Anzeichen seiner Bestürzung.
„Verunglückt also?" fragte er. „Vielleicht überfahren?"
„Nein. Er wurde auf seinem Morgenritt von dem durch-
gehenden Pferde abgeworfen und zerschmetterte sich den Kopf
an einem Baumstamm oder einem Stein. Die Leiche liegt im
Schauhause. Erst dort konnte man seine Persönlichkeit fest-
stellen."

völlig veränder-
tes Gesicht. Lange
haftete sein Blick
an dem leeren
Sessel vor dem
Schreibtisch sei-
nes Chefs, und es
war wie ein Er-
wachenausschwe-
rem Traum, als
er plötzlich den
Kopf zurückwarf
und an das Haus-
telephon trat.
„Herr Hert-
ling? — Möchten
Sie sich nicht auf
einen Augenblick
zu nur bemühen.
Es handelt sich uni
etwas sehr Drin-
gendes."
Eine Minute
spätertratderalte
Hertling ein seit
mehr als zwanzig
Jahren der erste
Kassierer desBank-
hauses Klemens
Reinhardt. Er
war beinahe kahl-
köpfig, und sein
buschigerSchnurr-
bart hob sich schnee-
weiß ab von dem
faltigen, gelblichen
Gesicht. Zu den
Leuten, die die
Fröhlichkeit lie-
ben, gehörte er
sicherlich nicht.
„Sie wollten
mich sprechen,
Herr Hollbach—"
„Ja, denn ich
habe Ihnen et-
was Schreckliches
mitzuteilen. Herr


Das Lied der Sehnsucht.

2kach einem Gemälde von Conrad Kiesel.

„Das ist nun
die Folge, wenn
ein Bankier den
Ehrgeiz hat, für
einen tollkühnen
Reiter zu gelten.
Für uns bedeutet
es jedenfalls eine
Katastrophe."
„Hoffentlich
nicht. Das Bank-
haus hat doch noch
einen zweiten In-
haber."
„Ja — einen
ProfessorderPhi-
losophie. Ich glau-
be, Herr Ewald
Reinhardt hat
unsere Geschäfts-
räume schon seit
Jahren nicht mehr-
betreten."
„Einerlei. Die
Leitung ist nrit
dem Tode seines
Neffen auf ihn
übergegangen,
und wir müssen
abwarten, was er
verfügt."
Der Kassierer
hatte als Antwort
nur ein Achsel-
zucken. Hollbach
aber fuhr fort:
„Ich werde mich
sogleich zu ihm
begeben. Bis die
Verhältnisse ge-
klärt sind, brau-
chen das Personal
und die Kund-
schaft noch nichts
zu erfahren. Die
Erledigung von
Angelegenheiten,
die eine Unter-

15 1921.
 
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