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verlangt Genugtuung von dem Fürsten, in dessen Reich der „Strandraub" stattgefunden hat. Dieser
weigert sich und ersucht eine Verhandlung und Entscheidung vor dem Gerichtshof der Kertas. Man
blockiert seine Küste und erklärt ihm und den anderen Fürsten, die mit ihm im Bunde sind, den Krieg.
Von Surabaja, dem größten Handelsplätze Javas, schiffen sich im Herbst 1906 einige tausend Mann
europäischer Truppen unter großer Begeisterung des Publikums zum Kreuzzuge gegen Bali ein. Krieg-
schiffe sind ihnen voraus und schleudern von hoher See aus schwere Granaten in die unter den Palmen
verborgenen dichtbevölkerten Dörfer. Nach den Regeln der Kriegskunst landet man und rückt landein-
wärts. Einige vergebliche Lanzengefechte belehren die Balier von der Nutzlosigkeit des Widerstandes gegen
moderne europäische Bewaffnung, und sie begeben sich auf ihre Reisfelder, um die unterbrochene Arbeit
sortzusetzen. Den Truppen wird willig alles gegeben, was sie verlangen.
Die Fürsten mit ihrer Familie aber, ihren Dienern und allen, die von ihnen Besoldungen, Gehälter
oder Unterhalt beziehen, sind entschlossen, in den Tod zu gehen, und bereiten sich seit Tagen in Gebeten
auf das Ende vor.
"Die Truppen nähern sich
auf dem breiten, von Mauern
rechts und links geschlossenen
Wege. Vom Palaste des Für-
sten aus sieht man sie an-
rücken. Einige alte Frauen
und die Kranken, die nicht
gehen können, sind mit dem
Dolche erstochen. Aus dem
Palast schießen Flammen.
Heraus tritt ein seltsamer
Zug. Männer in glänzenden
Gewändern, rot und schwarz,
mit langwallendeinunbedeck-
tem Haar, in dein Gürtel lange,
goldene, juwelenfunkelnde
Krise. In ihrer Mitte festlich
geschmückte Frauen, Blumen
in: Haar, neben ihnen Hun-
derte von Kindern. Alle tra-
gen den weißen Mantel der
dem Tode sich Weihenden.
Als letzter erscheint der Fürst,
aus einem goldenen Stuhl,
der von vier Männern getra-
gen wird.
Lautlos und langsam be-
wegt sich der Zug den Trup-
pen entgegen.
Etwa hundert Schritt vor
ihnen hält er plötzlich an, der
Fürst steigt aus seinem Trag-
stuhl, den die Männer vorsich-
tig niedergesetzt haben. Ein
Schuß aus einem alten Bronze -
rohr, das explodiert und den
Kanonier in Stücke reißt, gibt

das Zeichen, und mit erhobenen Lanzen und gezückten Krisen stürzt alles in das Schnellfeuer der Repetier-
gewehre. Die Artillerie feuert ihre Schrapnelle in den dichten Menschenhaufen. Die Leichen stapeln sich
auf und hindern neue Scharen, die aus dem Palaste treten.
Voll Grauen schweigt das Feuer der Truppen. Da sieht man einen Mann im Priestergewand mit eisiger
Sicherheit den hochgeschwungenen Kris in die Brust von Männern und Frauen stoßen, die sich um ihn
drängen. Er wird niedergeschossen,- ein anderer übernimmt sein Amt. Verwundete erstechen sich selbst
oder erweisen Sterbenden diesen Dienst, die, von Granaten zerrissen, es nicht mehr selbst können. Neue
Massen kommen näher, singend, stürzen vor und fallen. Die Soldaten zögern, weiter zu schießen. Da
werfen ihnen Frauen einen Regen von Goldstücken entgegen: „Hier habt ihr das Gold, wofür ihr kamt."
Sie weisen auf ihre Brust, um dorthin getroffen zu werden.
Der Weg zum brennenden Palaste des Fürsten ist frei. Tote und Röchelnde machen ihn unbequem.
Man hört ein leises Wimmern: ein Säugling,.der mit zerschmetterten Ärmchen neben seiner sterbenden
Mutter liegt, die sich nicht
entwaffnen läßt. Dort saugt^
ein Kind an der Brust einer-
toten Frau mit gespaltenem
Schädel. Ein Knabe von zwölf
Jahren mit zerrissener Brust
'stößt den Trunk Wasser weg,
den ein mitleidiger Soldat
ihm reicht, und bittet um
den Gnadenstoß.
Der europäische Negie¬
rungsbeamte, der oft der
Gast des Fürsten gewesen
ist, sucht hastig und erkennt
schnell in dem Berg von Lei¬
chen die des Fürsten. Ein
christlicher Priester, der für
das Seelenheil der Truppen
sorgt, wendet voll Abscheu
über den heidnischen Wahn¬
sinn seine Blicke hinweg und
flieht von dem Orte dieses
Sterbens.
Ein Atjeher aus dem Nor¬
den Sumatras, wegenMords
gestraft und als Zwangsar¬
beiter und Träger bei der
Truppe, ruftverächtlich: „Wir
wären anders gestorben."
Der Chinese aus Borneo,
der Eigentümer des gestran¬
deten Schiffes, weinte bitter¬
lich, als er die Folgen seiner
Habgier sah.
Das balische Volk jedoch
arbeitete ruhig und ergeben
auf seinen Reisfeldern: „Die
Götter haben es so gewollt."

1. Im Hof eines Balltempels aufgestellte große
Opfergaben von vier Meter Hohe.
2. Straßenhandel in Tabanan.
z. Weihrauchopfer in einem Subaktempel.
4. Ueberreste des von Lava verschütteten Tempels
Batur.

tek/ Tempels aus Bali mir reicher Archi-
7 ^unge Balifrau mit Marktkorb.
^"?^r Baliinsulaner.
2 in einem taufend Meter hoch gelegenen
 
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