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Heft Z

Das Buch fü v A l l e

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arötzere folgen können. Es ist doch an und für sich ein ganz reelles
Geschäft."
„Ich bitte um Verzeihung, Herr Uhtoff; vielleicht habe ich
darin etwas altmodische Anschauungen. Aber ein verbotenes Ge-
schäft ist für mich nie reell."
„Nun gut, so nehme ich die Verantwortung diesmal allein auf
mich. Der Erfolg wird Sie überzeugen, datz ich recht hatte."
„Was den sicheren Gewinn betrifft — ohne Zweifel! In Be-
ziehung auf die moralische Bewertung werde ich meinen Sinn
kaum ändern können. Es wäre das erste Schiebergeschüft der
Firma Ernst Marberg."
„Das sind billige Schlagworte, vereintester Herr Holdheim!

er: „Telegraphieren Sie, daß wir ablehnen. Ich möchte nicht in
die Lage kommen, auch noch aus dem Munde des Herrn Justiz-
rats von Kämpen eine Belehrung über die Pflichten des ehren-
werten Kaufmanns zu empfangen."
Er hatte das scheinbar gelassen gesagt. Nicht im Ton seiner
Worte, sondern nur in ihrem Inhalt offenbarte sich die zornige
Erregung, in der er sich befand. Der Prokurist, der unterdes mit
seinem Blaustift eine kurze Randbemerkung auf den Brief des
Unterhändlers gesetzt hatte, wandte sich mit einer kleinen, respekt-
vollen Verbeugung, aber ohne ein Wort der Erwiderung, zum
Gehen. Und zum erstenmal, seitdem nach dem Willen eines Ver-
storbenen dies seltsame Verhältnis zwischen ihnen bestand, liest

Abendfrieden.


Man hat auch zu anderen Zeiten bequeme Gewinstmöglich-
keiten nicht von der Hand gewiesen, ohne daß es darum einem
Menschen eingefallen wäre, von Schiebergeschäften zu reden."
„Ich habe kein Recht, Ihnen zu widersprechen. Meine persön-
liche Meinung tut ja nichts zur Sache."
„Es wäre mir immerhin interessant, sie zu erfahren."
„Sie geht dahin, dast ein ehrenwerter Kaufmann genau die
Grenze kennt, die ein Schiebergeschäft vom anständigen Handel
scheidet. Und gerade weil wir in einer Zeit leben, wo die Zahl der
weniger ehrenwerten Geschäftemacher so erschreckend grost ist,
kann man sich nach meiner Ansicht kaum scharf genug von ihnen
absondern."
„Sie sind also gegen die Annahme des Angebots?"
„Ich würde sie für ein Unglück halten. Aber die Entscheidung
liegt selbstverständlich bei Ihnen."
Uhtoff holte tief Atem und trommelte mit den Fingerspitzen
nervös auf der Schreibtischplatte. Nach einigen Sekunden sagte
3. 1922.

sich Uhtoff, durch Holdheims Schweigen noch mehr gereizt, zu einer
unbedachten, fast unfreundlich klingenden Bemerkung Hinreitzen.
„Sie würden dem Herrn Justizrat doch darüber berichtet haben
— nicht wahr? Vor Herrn von Kämpen darf es ja keine Geschäfts-
geheimnisse geben."
„Ich bin allerdings verpflichtet, dem Vormund Fräulein Mar-
bergs keine von ihm verlangte Auskunft vorzuenthalten. Das ist
eine Ordnung der Dinge, an der ich unschuldig bin, und für die
man mich darum auch nicht verantwortlich machen darf."
Paul Uhtoff hatte sich schon wieder in der Gewalt.
„Ich weist — ich weitz. Und es war kein Vorwurf gegen Sie.
Verfahren Sie also in dieser Sache nach Ihrem Ermessen."
„Ich bin im Besitz Ihrer Anordnung, Herr Uhtoff, und werde
sie sofort zur Ausführung bringen."
Sobald die gepolsterte Tür sich hinter ihm geschlossen hatte,
streckte Uhtoff wie in einer Gebärde der Verzweiflung die Arme
gegen die Zimmerdecke.
 
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