48
Das Buch für Alle
Heft z
Vor der alten Waldschenke. Nach einem Gemälde von Hans Hanke.
durch Ausleihen verloren. — Am 20. Februar 1708 schrieb ein in Skröbeck
gewesener Reisender R. Haies den „Ehrsamen und wegen des Schachspiels
weit berühmten Meistern und sämtlichen Eingesessenen" des Fleckens Ströpke.
Er bedankte sich für die Ehre, einige Zeit mit den Herren im Spiel ver-
bracht zu haben, von denen er als „erfahrenen Leuten, als sie in diesem
Spiel sind, nicht wenig habe lernen können".
Herzog Ludwig Rudolf von Braunschweig, der im achtzehnten Jahr-
hundert lebte, spielte gern mit den Ströbeckern Schach. Einmal spielte er
auch mit dem Ortsschulzen Söllig, hinter dem dessen achtjähriger Sohn
das Spiel beobachtete und ihn bei bedenklichen Zügen aufmerksam machte.
Der Herzog gewann Freude an dem Knaben und lieh ihn studieren.
Daß sich bei den Ströbeckern einige alte Schachregeln bis in die neueste
Zeit erhalten haben, Iaht sich wohl ohne weiteres begreifen. Sie eigneten
sich aber auch die internationale Spielweise an und sind in der Theorie des
Spieles ebenfalls gut bewandert. Das Schachspiel wird bei ihnen sogar in der
Schule erlerut, eiu Unterrichtsfach, das sonst nirgends gepflegt wird. Möge
auch künftig das edle Spiel in dem einzigen „Schachdorfe" der Welt blühen
und als Erbe der Vorfahren in gebührenden Ehren gehalten werden.
Deutsche Siedlungen in Palästina
Von I. Knoll / Mit vier Bildern
^^ie Bewegung der „Templer", die zur Ansiedlung Deutscher in Palä-
q) ^stina führte, ist von Württemberg ausgegangen; 1853 wurde das Pa-
^^^nier Jerusalem aufgeworfen, fünf Jahredanach schlossen sich einund-
sechzig Männer zu einer selbständigen Gesellschaft zusammen, und im Jahre
1868 begann die praktische Arbeit. Fieber und Krankheiten, Dürre des
Landes, Schwierigkeiten mit der arabischen Bevölkerung und der türkischen
Regierung schienen im höchsten Grade danach geartet, das ganze Werk
zum Scheitern zu bringen. Mit hohem Glaubensmut uud beharrlichem,
eisernem Fleih wurden die Ansiedlungen als feste Punkte späterer aus-
gedehnter Wirkung angelegt. So entstanden im Laufe der Zeit Siedlungen
in Jaffa, Haifa, Sarona, Jerusalem, Wilhelma, Nazareth, Ramleh. Die
ersten Jahre der Niederlassungen waren der schweren und harten praktischen
Arbeit der Kolonisation gewidmet unter vielen Mühen und Verlusten.
Aber die meisten Siedler hielten im Herzen treu an ihren Überzeugungen
fest, und wie das äuhere, so ging auch das geistige Werk weiter.
Als vor reichlich einem halben Jahrhundert deutsche Ansiedler nach Palä-
stina kamen, gab es bei Jaffa wohl Orangenkulturen, aber die meisten
befanden sich in einem traurigen Zustand, da es an Wasser fehlte. Ver-
fallene Brunnen und Bewässerungsanlagen zeugten davon, datz es einst
besser gewesen sein muhte. Da die Orangen meist nur im Lande und in den
Nachbargebieten begehrt wurden, dachten die Eingewanderten vorerst
nicht an den Anbau der Fruchtbäume uud versuchten es mit Getreide.
Bald pflanzten sie aber auch Weinreben an, da die verfügbare Boden-
fläche für Getreide nicht groß genug war. Allmählich fanden sich für die
Palästinaweine in Ägypten und Europa doch gute Absatzgebiete. Eine
Krise im Weinerport machte die Hoffnungen wieder zunichte, während der
Orangenhandel besser gedieh. Zudem zeigte sich, dajz zur Anlage von
Orangenpflanzungen fast jede Bodenart zu brauchen war, wenn sich auch
leichtere Bödeu als die besten erwiesen. Ohne die zähe Beharrlichkeit
der Siedler wäre aber doch nichts Beachtenswertes geleistet worden.
Um das Land zum Anbau queckenfrei zu bekommen, mutzte es in den
trockenen Sommermonaten mit Hacke und Tiefkulturpflug sechzig bis
hundert Zentimeter tief bearbeitet werden. Nachdem das Land etwa zwei
Monate trocken lag, pflanzte man in Abständen von drei Meter wilde
Limonenbäumchen an, die vorher aus Samen oder Stecklingen gezogen
Das Buch für Alle
Heft z
Vor der alten Waldschenke. Nach einem Gemälde von Hans Hanke.
durch Ausleihen verloren. — Am 20. Februar 1708 schrieb ein in Skröbeck
gewesener Reisender R. Haies den „Ehrsamen und wegen des Schachspiels
weit berühmten Meistern und sämtlichen Eingesessenen" des Fleckens Ströpke.
Er bedankte sich für die Ehre, einige Zeit mit den Herren im Spiel ver-
bracht zu haben, von denen er als „erfahrenen Leuten, als sie in diesem
Spiel sind, nicht wenig habe lernen können".
Herzog Ludwig Rudolf von Braunschweig, der im achtzehnten Jahr-
hundert lebte, spielte gern mit den Ströbeckern Schach. Einmal spielte er
auch mit dem Ortsschulzen Söllig, hinter dem dessen achtjähriger Sohn
das Spiel beobachtete und ihn bei bedenklichen Zügen aufmerksam machte.
Der Herzog gewann Freude an dem Knaben und lieh ihn studieren.
Daß sich bei den Ströbeckern einige alte Schachregeln bis in die neueste
Zeit erhalten haben, Iaht sich wohl ohne weiteres begreifen. Sie eigneten
sich aber auch die internationale Spielweise an und sind in der Theorie des
Spieles ebenfalls gut bewandert. Das Schachspiel wird bei ihnen sogar in der
Schule erlerut, eiu Unterrichtsfach, das sonst nirgends gepflegt wird. Möge
auch künftig das edle Spiel in dem einzigen „Schachdorfe" der Welt blühen
und als Erbe der Vorfahren in gebührenden Ehren gehalten werden.
Deutsche Siedlungen in Palästina
Von I. Knoll / Mit vier Bildern
^^ie Bewegung der „Templer", die zur Ansiedlung Deutscher in Palä-
q) ^stina führte, ist von Württemberg ausgegangen; 1853 wurde das Pa-
^^^nier Jerusalem aufgeworfen, fünf Jahredanach schlossen sich einund-
sechzig Männer zu einer selbständigen Gesellschaft zusammen, und im Jahre
1868 begann die praktische Arbeit. Fieber und Krankheiten, Dürre des
Landes, Schwierigkeiten mit der arabischen Bevölkerung und der türkischen
Regierung schienen im höchsten Grade danach geartet, das ganze Werk
zum Scheitern zu bringen. Mit hohem Glaubensmut uud beharrlichem,
eisernem Fleih wurden die Ansiedlungen als feste Punkte späterer aus-
gedehnter Wirkung angelegt. So entstanden im Laufe der Zeit Siedlungen
in Jaffa, Haifa, Sarona, Jerusalem, Wilhelma, Nazareth, Ramleh. Die
ersten Jahre der Niederlassungen waren der schweren und harten praktischen
Arbeit der Kolonisation gewidmet unter vielen Mühen und Verlusten.
Aber die meisten Siedler hielten im Herzen treu an ihren Überzeugungen
fest, und wie das äuhere, so ging auch das geistige Werk weiter.
Als vor reichlich einem halben Jahrhundert deutsche Ansiedler nach Palä-
stina kamen, gab es bei Jaffa wohl Orangenkulturen, aber die meisten
befanden sich in einem traurigen Zustand, da es an Wasser fehlte. Ver-
fallene Brunnen und Bewässerungsanlagen zeugten davon, datz es einst
besser gewesen sein muhte. Da die Orangen meist nur im Lande und in den
Nachbargebieten begehrt wurden, dachten die Eingewanderten vorerst
nicht an den Anbau der Fruchtbäume uud versuchten es mit Getreide.
Bald pflanzten sie aber auch Weinreben an, da die verfügbare Boden-
fläche für Getreide nicht groß genug war. Allmählich fanden sich für die
Palästinaweine in Ägypten und Europa doch gute Absatzgebiete. Eine
Krise im Weinerport machte die Hoffnungen wieder zunichte, während der
Orangenhandel besser gedieh. Zudem zeigte sich, dajz zur Anlage von
Orangenpflanzungen fast jede Bodenart zu brauchen war, wenn sich auch
leichtere Bödeu als die besten erwiesen. Ohne die zähe Beharrlichkeit
der Siedler wäre aber doch nichts Beachtenswertes geleistet worden.
Um das Land zum Anbau queckenfrei zu bekommen, mutzte es in den
trockenen Sommermonaten mit Hacke und Tiefkulturpflug sechzig bis
hundert Zentimeter tief bearbeitet werden. Nachdem das Land etwa zwei
Monate trocken lag, pflanzte man in Abständen von drei Meter wilde
Limonenbäumchen an, die vorher aus Samen oder Stecklingen gezogen