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Das Buch fü r Alle
o
Heft
Einzug des jungen Paares.
Herr
tele-
den'
Es war allerdings der Enttäuschung schon genug gewesen, was
Bruno Gerling heute im Starringerschen Hause erfahren hatte.
Spornstreichs war er von seiner ziemlich kurzen Unterredung mit
Paul Uhtoff hierher geeilt, um die Menschen, die ihm jetzt am
nächsten standen, von der großen Wendung in seinem Leben zu
unterrichten. Aber
nur seine künftige
Schwiegermutter 'h
hatte die^Neuigkeit
Uaudlnbe- gereeb
net. Michael Star- ''
ringer dagegen war l
mehr betroffen als
erfreut gewesen.
„Ich hoffe, du
hast dir bei der Ab¬
machung einige Be¬
denkzeit ausbedun¬
gen. Du mutzt ja
-doch ohnehin der
Versicherungsge¬
sellschaftgegenüber
die vorgeschriebe¬
ne Kündigungsfrist
innehalten."
„Das hat
Uhtoff sofort
phonisch mit
Direktor geregelt.
Er ist mit ihm be¬
freundet und hat
von ihm mühelos
die Erlaubnis zu
meinem sofortigen
Austritt erwirkt.
In einigen Tagen
schonkann ich meine
neue Stellung an¬
treten."
„Du mutzt wis¬
sen, was du tust.
Mit der Hochzeit
aberwollenwirdoch
lieber noch eine
Weile warten."
Frau Starringer
sah aus der halb ent¬
täuschten, halb trot¬
zigen Miene ihres
künftigen Schwie¬
gersohnes, datz er
nicht gesonnen war,
sich dieser Entschei¬
dung zu fügen, und
weil sie unange¬
nehmen Auseinan-
dersetzungen nicht gerne beiwohnte, zog sie auch diesmal vor,
sich unauffällig zurückzuziehen. Der Polizeikommissür aber er-
widerte auf die etwas gereizte Frage Gerlings nach der Ursache
für die Ablehnung seines so natürlichen Wunsches: „Die Ver-
änderung gefällt mir nicht. Wir wollen erst einmal sehen, was
dabei herauskommt."
„Wie meinst du das? — Fürchtest du, Herr Uhtoff werde mich
binnen kurzem wieder entlassen? Das kann er nicht tun, denn ich
habe einen zweijährigen Vertrag."
„Es mutz ihm ja schrecklich viel an dir gelegen sein. Was ist
Nach einer OrigLnalzeichnung von Fritz Bergen.
chael Siarringer schweigend zu,' aber der bedenkliche Ausdruck wich
nicht von seinem Gesicht.
„Das klingt ja alles ganz gut und scheint auch recht plausibel,
sagte er endlich. „Ich habe bis jetzt allerdings nicht gewußt, datz
es heute noch solche weitze Raben gibt; aber ich kann es natürlich
auch nicht bestreiten. Nur bin ich der Meinung, datz sie des Guten
nicht zuviel tun sollten. Das richtige ist, jede Arbeit nach ihrem
Wert zu bezahlen; nicht darunter und nicht darüber. Wir sehen
doch, was dabei herauskommt, wenn die Leute ihr Geld zu leicht
verdienen. Leichtfertige Verschwender werden sie, die bald an
denn das eigentlich — ein Privatsekretär? Ich kann mir darunter
weiter nichts vorstellen als einen Menschen, der die Briefe
schreibt, die man ihm diktiert. Datz man jemand dafür so hoch
bezahlt, will mir nicht in den Kopf. Wer weitz, zu welcher Art
Geschäfte dieser Herr Uhtoff dich in Wirklichkeit gebrauchen will."
Bruno Gerling
verteidigte seinen
neuen Brotherrn
mit großer Wärme
gegen jeden Ver-
dacht einer unlau-
teren Absicht. Er
schilderte ihn als
einen Kaufherrn
des alten, vorneh-
men Schlages und
als einen Mann, zu
dem man nur mit
größter Hochachtung
aufblicken könne.
Die hohe Bezah-
lung habe auch ihn
selbst zunächst über-
rascht, sei aber nur
ein Beweis für die
großartige Auffas-
sung, die Kaufleute
solchenSchlagcsvon
dem Verhältnis zu
ihren Angestellten
haben. Sie seien
keine Ausbeuter,
die ihre wirtschaft-
liche Überlegenheit
dazu mißbrauchen,
einen Angestellten
notdürftig zu be-
zahlen. Sie woll-
ten zufriedene, ar-
beitsfreudige Mit-
arbeiter um sich
haben, keine seelen-
losen Maschinen,
die widerwillig und
mit verbissenem
Groll ihren Dienst
verrichten. Herr
Uhtoff habe sich in
diesem Sinne ge-
gen ihn geäußert,
und er werde selbst-
verständlich seine
ganze Kraft ein-
setzen, um das Ver-
trauen des hochsin-
nigen Mannes zu
rechtfertigen.
Dicke Rauchwol-
ken aus seiner Pfeife
paffend, hörte Mi-
Das Buch fü r Alle
o
Heft
Einzug des jungen Paares.
Herr
tele-
den'
Es war allerdings der Enttäuschung schon genug gewesen, was
Bruno Gerling heute im Starringerschen Hause erfahren hatte.
Spornstreichs war er von seiner ziemlich kurzen Unterredung mit
Paul Uhtoff hierher geeilt, um die Menschen, die ihm jetzt am
nächsten standen, von der großen Wendung in seinem Leben zu
unterrichten. Aber
nur seine künftige
Schwiegermutter 'h
hatte die^Neuigkeit
Uaudlnbe- gereeb
net. Michael Star- ''
ringer dagegen war l
mehr betroffen als
erfreut gewesen.
„Ich hoffe, du
hast dir bei der Ab¬
machung einige Be¬
denkzeit ausbedun¬
gen. Du mutzt ja
-doch ohnehin der
Versicherungsge¬
sellschaftgegenüber
die vorgeschriebe¬
ne Kündigungsfrist
innehalten."
„Das hat
Uhtoff sofort
phonisch mit
Direktor geregelt.
Er ist mit ihm be¬
freundet und hat
von ihm mühelos
die Erlaubnis zu
meinem sofortigen
Austritt erwirkt.
In einigen Tagen
schonkann ich meine
neue Stellung an¬
treten."
„Du mutzt wis¬
sen, was du tust.
Mit der Hochzeit
aberwollenwirdoch
lieber noch eine
Weile warten."
Frau Starringer
sah aus der halb ent¬
täuschten, halb trot¬
zigen Miene ihres
künftigen Schwie¬
gersohnes, datz er
nicht gesonnen war,
sich dieser Entschei¬
dung zu fügen, und
weil sie unange¬
nehmen Auseinan-
dersetzungen nicht gerne beiwohnte, zog sie auch diesmal vor,
sich unauffällig zurückzuziehen. Der Polizeikommissür aber er-
widerte auf die etwas gereizte Frage Gerlings nach der Ursache
für die Ablehnung seines so natürlichen Wunsches: „Die Ver-
änderung gefällt mir nicht. Wir wollen erst einmal sehen, was
dabei herauskommt."
„Wie meinst du das? — Fürchtest du, Herr Uhtoff werde mich
binnen kurzem wieder entlassen? Das kann er nicht tun, denn ich
habe einen zweijährigen Vertrag."
„Es mutz ihm ja schrecklich viel an dir gelegen sein. Was ist
Nach einer OrigLnalzeichnung von Fritz Bergen.
chael Siarringer schweigend zu,' aber der bedenkliche Ausdruck wich
nicht von seinem Gesicht.
„Das klingt ja alles ganz gut und scheint auch recht plausibel,
sagte er endlich. „Ich habe bis jetzt allerdings nicht gewußt, datz
es heute noch solche weitze Raben gibt; aber ich kann es natürlich
auch nicht bestreiten. Nur bin ich der Meinung, datz sie des Guten
nicht zuviel tun sollten. Das richtige ist, jede Arbeit nach ihrem
Wert zu bezahlen; nicht darunter und nicht darüber. Wir sehen
doch, was dabei herauskommt, wenn die Leute ihr Geld zu leicht
verdienen. Leichtfertige Verschwender werden sie, die bald an
denn das eigentlich — ein Privatsekretär? Ich kann mir darunter
weiter nichts vorstellen als einen Menschen, der die Briefe
schreibt, die man ihm diktiert. Datz man jemand dafür so hoch
bezahlt, will mir nicht in den Kopf. Wer weitz, zu welcher Art
Geschäfte dieser Herr Uhtoff dich in Wirklichkeit gebrauchen will."
Bruno Gerling
verteidigte seinen
neuen Brotherrn
mit großer Wärme
gegen jeden Ver-
dacht einer unlau-
teren Absicht. Er
schilderte ihn als
einen Kaufherrn
des alten, vorneh-
men Schlages und
als einen Mann, zu
dem man nur mit
größter Hochachtung
aufblicken könne.
Die hohe Bezah-
lung habe auch ihn
selbst zunächst über-
rascht, sei aber nur
ein Beweis für die
großartige Auffas-
sung, die Kaufleute
solchenSchlagcsvon
dem Verhältnis zu
ihren Angestellten
haben. Sie seien
keine Ausbeuter,
die ihre wirtschaft-
liche Überlegenheit
dazu mißbrauchen,
einen Angestellten
notdürftig zu be-
zahlen. Sie woll-
ten zufriedene, ar-
beitsfreudige Mit-
arbeiter um sich
haben, keine seelen-
losen Maschinen,
die widerwillig und
mit verbissenem
Groll ihren Dienst
verrichten. Herr
Uhtoff habe sich in
diesem Sinne ge-
gen ihn geäußert,
und er werde selbst-
verständlich seine
ganze Kraft ein-
setzen, um das Ver-
trauen des hochsin-
nigen Mannes zu
rechtfertigen.
Dicke Rauchwol-
ken aus seiner Pfeife
paffend, hörte Mi-