Heft 6
Das Buch für Alle
97
Wie es einst um 1870
an einigen schönen
Punkten an: Rhein
aussah, zeigen unsere
von namhaften älte-
ren Künstlern gezeich-
neten Bilder, die mehr
Stimmung zu geben
vermögen als die Al-
lerweltsphotographie.
Der romantische Rhein
der älter.i Zeit lebt nur
noch in solchen Schöp-
fun ;en, die man gewiß
gerne wieder einmal
betrachtet und deren
stillen Zauber man
auf sich wirken läßt.
Scheint es doch, als
sei die Zeit für immer
dahin, in der solche
liebenswürdige Kunst
entstehen konnte. Bunt
und abwech lungsreich
wardamalsdas Leben
auf dem herrlichsten
unserer Ströme, der
noch nicht überall re-
glementiert und nüch-
tern praktisch reguliert
war. An vielen Stel-
len hausten in flachen
Uferniederungen zahl-
reiche Reiher, Stör-
che, Kraniche, Schnep-
fen und viele andere
Wasservögel. Flöße
glitten langsam durch
die Flut, mit großen
Netzen und Reusen
zogen die Fischer aus;
Boote mit windge-
Der Loreleifelsen. Nach einer Originalzeichnung von R. Püttner.
Wassermühlen, und ein
Gewimmel von Käh-
nen erfüllte sie weit-
hin. Im Strom ver-
ankert, wie es auf
einem unserer Bilder
dargestellt ist, lagen
Schiffe mit mächtigen
Netzen zum Salmfang,
„Wage" genannt. Die
Zeitistvorbei, daman
den edlen Fisch, der im
Frühling vom Meer
heraufwandernd im
Rhein oft bis in die
Schweiz zog, an den
schmalen Stellen bei
Sankt Goar und Ba-
charach in Mengen
fing. Die Dienstboten
verlangten damals,
nicht öfter als dreimal
in der Woche den Fisch
vorgesetzt zu erhalten,
der heute ein Lecker-
bissen für Fenuchmek-
ker ist. Bei Groß-und
Klein-Laufenburg an
der Schweizer Grenze
kamen einst die Salme
in Scharen geschwom-
men. An einigen Stel-
len, wo das Waßer
seicht und sonnig war,
schwoll die Zahl der
Fische bisweilen so
massenhaft an, daß
sie die Oberfläche ver-
dunkelten.
Doch das moderne
Leben ist ein uner-
bittlicher Vernichter.
blähten Segeln tanzten auf den Wellen, und Schiffernachen kreuzten von Industrielle Anlagen, die am Ufer entstanden, zerstörten nicht nur dis
Ufer zu Ufer. Der Himmel wölbte sich darüber, und in der Sonne gedieh Schönheit der Landschaft, die Abwässer der Fabriken verpesteten das Wasser,
die edle Traube, damals wie noch heute. In den Buchten lagen malerische und die Stromregulierungen an den Ufern benahmen den Fischen ruhige
Am Ufer bei Andernach.
Nach einer Originalzeichnung von R. Püttner.
Das Buch für Alle
97
Wie es einst um 1870
an einigen schönen
Punkten an: Rhein
aussah, zeigen unsere
von namhaften älte-
ren Künstlern gezeich-
neten Bilder, die mehr
Stimmung zu geben
vermögen als die Al-
lerweltsphotographie.
Der romantische Rhein
der älter.i Zeit lebt nur
noch in solchen Schöp-
fun ;en, die man gewiß
gerne wieder einmal
betrachtet und deren
stillen Zauber man
auf sich wirken läßt.
Scheint es doch, als
sei die Zeit für immer
dahin, in der solche
liebenswürdige Kunst
entstehen konnte. Bunt
und abwech lungsreich
wardamalsdas Leben
auf dem herrlichsten
unserer Ströme, der
noch nicht überall re-
glementiert und nüch-
tern praktisch reguliert
war. An vielen Stel-
len hausten in flachen
Uferniederungen zahl-
reiche Reiher, Stör-
che, Kraniche, Schnep-
fen und viele andere
Wasservögel. Flöße
glitten langsam durch
die Flut, mit großen
Netzen und Reusen
zogen die Fischer aus;
Boote mit windge-
Der Loreleifelsen. Nach einer Originalzeichnung von R. Püttner.
Wassermühlen, und ein
Gewimmel von Käh-
nen erfüllte sie weit-
hin. Im Strom ver-
ankert, wie es auf
einem unserer Bilder
dargestellt ist, lagen
Schiffe mit mächtigen
Netzen zum Salmfang,
„Wage" genannt. Die
Zeitistvorbei, daman
den edlen Fisch, der im
Frühling vom Meer
heraufwandernd im
Rhein oft bis in die
Schweiz zog, an den
schmalen Stellen bei
Sankt Goar und Ba-
charach in Mengen
fing. Die Dienstboten
verlangten damals,
nicht öfter als dreimal
in der Woche den Fisch
vorgesetzt zu erhalten,
der heute ein Lecker-
bissen für Fenuchmek-
ker ist. Bei Groß-und
Klein-Laufenburg an
der Schweizer Grenze
kamen einst die Salme
in Scharen geschwom-
men. An einigen Stel-
len, wo das Waßer
seicht und sonnig war,
schwoll die Zahl der
Fische bisweilen so
massenhaft an, daß
sie die Oberfläche ver-
dunkelten.
Doch das moderne
Leben ist ein uner-
bittlicher Vernichter.
blähten Segeln tanzten auf den Wellen, und Schiffernachen kreuzten von Industrielle Anlagen, die am Ufer entstanden, zerstörten nicht nur dis
Ufer zu Ufer. Der Himmel wölbte sich darüber, und in der Sonne gedieh Schönheit der Landschaft, die Abwässer der Fabriken verpesteten das Wasser,
die edle Traube, damals wie noch heute. In den Buchten lagen malerische und die Stromregulierungen an den Ufern benahmen den Fischen ruhige
Am Ufer bei Andernach.
Nach einer Originalzeichnung von R. Püttner.