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Heft 7

114

Das Buch für Alle

Schuhe und Strümpfe tragen, Was einen ungeheueren
Mehrbedarf bedingt. Und in Ägypten weigern sich
die Pflanzer, die hohe Pacht zu zahlen, und fordern,
daß die Landbesitzer sie teilweise tragen, da neben
Mißwuchs und Entartung vor allem die gestiegenen
Löhne den Gewinn derart verringern, daß viele
lieber Zuckerrohr anbauen, weil dessen Ernte weniger
Arbeitskräfte fordert, vor allem aber die Regierung
auf Jahre hinaus dafür hohe Einnahmen garantiert.
Die Aussichten der Baumwollversorgung sind um-
so niederdrückender, als auch die Reserven in Europa
und Asien erschöpft sind. In England spricht man
schon von einem Baumwollhunger und meint damit
jenen Tiefstand in der Belieferung, wie er beispiels-
weise nach dem unglückseligen Bürgerkrieg der Nord-
und Südstaaten Amerikas einsetzte, der den Schand-
fleck der Menschheit, die Sklaverei, die der Plantagen¬
bau, vor allem auch der viele Arbeitskräfte fordernde
Anbau der Baumwolle, hervorgerufen hatte, mit
Strömen Blutes tilgte. Erst 1873, ein Dezennium
später, ward diese schwere Krise überwunden, Nord-
amerika lieferte mehr Baumwolle als je zuvor und
übernahm damit die bisher umstrittene Führung
im Welthandel. — Auch jetzt und in den kommenden
fünf bis zehn Jahren wird der Preis für Baum-
wolle ungeahnte Höhen erreichen, die Industrie aber-
gleich manchem, der einst bessere Tage kannte, von
der Hand in den Mund leben. Das zwingt uns bei
dem Tiefstände der Valuta zu größter Sparsamkeit.
Der einzelne muß deshalb darauf sinueu, seine baum-
wollenen Schätze möglichst zu schonen, und besonders
bei der Wäsche auf beste Behandlung sehen. Der
Fabrikant sollte, wie Alfred Schmidt in „Technik und Wirtschaft" mit
Recht betont, zum Wohl der Allgemeinheit mehr denn je darauf bedacht
sein, die Haltbarkeit der Fasern nicht zu gefährden und jede unnütze Ver-
teuerung zu unterlassen. Dazu gehört die sogenannte Appretur der Stoffe,
die letzten Endes nur der augenblicklichen Verschönerung und dem Ver-
decken von Fehlern dient. Da diese ganze Zurichtung oft schon beim ersten
Waschen wieder schwindet, ist es verlorene Liebesmül/, wenn es nicht gar
um solche Zusätze sich handelt, die, wie das Ehlormagnesium, beim Bügeln
Salzsäure entwickeln und die Fasern zerstören. Des weiteren ließe sich
neben möglichster Ausnützung einheimischer Gespinstpflanzen doch wohl
der zarte Filz, wie ihn etwa die Pappel und das Wollgras bieten, als
Polstermaterial und Watte brauchen oder zur Herstellung von Schießbaum-
wolle, dem Ausgangspunkt so mancher Industrie, verwerten, um den Be-
darf an teurer Baumwolle etwas berabzusetzen. Die Nachfrage wird
gleichwohl derart sein, daß man sagen darf, der langsam, aber ständig
wachsende Konflikt zwischen Amerika und Japan-China, die bei Anspan-
nung aller Kräfte gleichfalls imstande sind, den kommenden Bedarf zu
decken, bedeute letzten Endes den Weltstreit um die Beherrschung der
Baumwolle.
M a u ii i g fa Itiges
Der Spuk von Insulinde. — Wenn der Malaie ein Gespensteräffchen
sieht, ergreift ihn Furcht und jäher Schreck, denn dieses Wesen gilt ihm
als Bote allen Unglücks. Und man muß zugeben, sein Außeres ist so
beschaffen, daß man solchen Aberglauben verständlich finden kann. Seine

großen Brillenaugen wirken in der Nacht unheim-
lich, wenn sie oft geradezu blendend aufleuchten und
unverwandt den Störenfried anglotzen, ja ihn ver-
folgen, wenn er es umkreist. Gleich unseren Eulen
kann sich nämlich der kurze, dicke Hals des Tieres
bis zum Nacken kehren, sodaß die grellen Lichter wie
eine Blendlaterne wirken, die sich auf einem Kugel-
lager dreht. Auch am Tag machen die dunkel um-
randeten gelben Augen einen seltsamen Eindruck,- sie
stehen in keinem Verhältnis zu dem kleinen, runden
Kopf, dessen rötliches Antlitz mit dem breiten Maul,
den wulstigen Lippen und der mopsartigen Schnauze
an sich schon kurios genug ist. Die langen, spindel-
dürren Glieder mit den Laubfroschfingern und der
struppige Quastenschwanz verstärken den spukhaften
Eindruck dieses rattengroßen Tierchens.
Was den Eingeborenen der Sundainseln oder Jn-
sulindes mit Abscheu und mit Furcht erfüllt, er-
scheint dem Tierkenner als wunderbare Anpassung
an die Lebensweise des Eespensteräffchens, das sich
nächtlicherweile im dichten Bambuswald umher-
treibt; dazu bedarf es solcher Eulenaugen. Die Saug-
ballen der Finger und der Zehen erlauben ihm,
sich an den glatten Stämmen festzuhalten, an denen
selbst die schärfsten Krallen abgleiten müßten. Mit
den langen Hinterbeinen schnellt sich der kleine
Kobold in weiten Sätzen durch die Büsche, wobei
der Schwanz, der in der Ruhe ihm als Stütze dient,
als Steuer wirkt und das Gleichgewicht bewahrt.
Das einzige Junge des Eespensteräffchens sucht es
den Eltern früh gleichzutun und klettert schon am
zweiten Tage im Geäst umher, doch klammert es
sich gern auch an die Beine seiner Mutter, die es noch lange mit sich
schleppt oder nach Katzenart im Maule trägt. Die Ohren, die noch
besondere, schallverstärkende Taschen besitzen, verraten aus der Ferne
schon das leise Summen der Insekten, die dem Gespensteräffchen als
Hauptnahrung dienen. Im Sprung erhascht es sein Opfer, worauf
es im Fallen mit den Saugscheiben Halt gewinnt. Wie unser Eichhörn-
chen hält es die Beute zwischen den Pfoten, um sie gemächlich zu verzehren;
dann geht die Jagd lautlos weiter. Der Europäer hält den Koboldmaki,
wie er auch heißt, in jenen fernen Landen gern als Hausgenossen, um sich
au dem eigenartigen Treiben des kleinen Spukgeistes zu erfreuen. Das
Gespensteräffchen wird bald zahm und zutraulich. Lebend kam dieses Ge-
schöpf wohl noch nie in unsere Tiergärten. Di. H. Selenka.
Wird es einen kalten Winter geben? — Das durchschnittliche menschliche
Denken bewegt stch mit Vorliebe in Gegensätzen. Das war seit Jahrtausen-
den so und wird auch noch lange nicht anders werden. Sprichwortweisheit
kündet genug davon. So sagt man: „Auf Regen folgt Sonnenschein",
und: „Gestrenge Herren regieren nicht lange"; im letzteren Falle ist eine
Folge von kalten Wintertagen gemeint. So glaubte man einst, nach Ablauf
einer bestimmten Zeit müsse sich das Wetter in der gleichen Weise wieder-
holen, nnd gelangte zum Glauben an den hundertjährigen Kalender, der
heute noch gedruckt und von Landleuten viel begehrt wird. Die schlimmen,
ungläubigen Meteorologen wollen von solcher „Weisheit" nichts wissen,
denn sie gelangten durch ihr Studium der Wetterlage leider nicht zu den
scheinbar klaren „Ergebnissen" des hundertjährigen Kalenders. So hält man
sich an Gegensätze und sagt: Auf einen warmen Sommer folgt ein kalter
Winter. Und wenn der Sommer so abnorm gewesen ist wie im Jahre


Das Gespensteräffchen.


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