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DasBurMmrAllL

Heft Illustrierte Famtlicnzcitung i«2

Neue Moral
Roman von Reinhold Ort mann / Fortsetzung
aul Uhtoff hatte sich am Morgen zur gewohnten Stunde
in sein Kontor begeben. Auf seinem Schreibtisch fand er
einige Briefe, die nicht wie der übrige geschäftliche Ein-
lauf zunächst an den Prokuristen Holdheim gelangt waren,
weil die Absender sie an ihn persönlich gerichtet hatten. Er griff
. nach dem einen, weil er die Handschrift auf dem Umschlag zu
erkennen glaubte. Und er hatte sich in seiner Vermutung nicht
getäuscht: der Brief war von seinem Privatsekretär Bruno Ger-
ling. Erstaunt und entrüstet las er, was der junge Mann ihm zu
schreiben wagte. Er bat, ihn sofort aus seinem Dienstverhältnis
zu entlassen, weil er eingesehen habe, daß er für die ihm gestellten
Aufgaben nicht geeignet sei. Auf keinen Fall wäre er bereit, die
geplante Reise nach Bulgarien mitzumachen: Gründe für die

Unmöglichkeit seiner Teilnahme könne er nicht angeben. Wütend
schleuderte Uhtoff das Blatt auf den Tisch, ohne den Brief zu Ende
zu lesen. Im selben Augenblick hörte er das wohlbekannte Klopfen
des Prokuristen und raffte sich zusammen, denn diesem Manne,
in dem er immer seinen Feind gesehen, durfte er keine Schwäche
zeigen, heute, am Tag nach dem Tode seiner Frau, weniger als je.
Holdheim sprach höflich mit halblauter Stimme, als wolle er
dadurch den schmerzlichen Empfindungen seines so plötzlich ver-
witweten Chefs Rechnung tragen. Aber was er sagte, wirkte auf
Uhtoff darum nicht weniger aufpeitschend.
„Das Bankgeschäft Heitmann Söhne richtet soeben telephonisch
eine Anfrage an uns, auf die ich aus eigenem Wissen nicht zu
antworten vermag. Vielleicht ist Herr Uhtoff besser über die An-
gelegenheit unterrichtet. Es handelt sich um einen von einein
Herrn Almeida auf unsere Firma ausgestellten und von ihr
akzeptierten Wechsel auf hundertundzwanzigtausend Mark, den
ein Kunde bei dem Bankhause zu diskontieren wünscht. Das



Der Fujiyama, der heilige Berg der Japaner.
Der Fujipama, den num von den Höhen rings um Yokohama und Enoshima in seiner ganzen Majestät gewahrt, wenn nicht die höchst selten fehlen-
den Nebel die Aussicht versperren, gehört zu jener Art von Vulkanen, aus deren Kratern noch brodelnder Dampf aufsteigt, so daß man niemals
vor einem neuen Ausbruch dieses höchsten Vulkans Ostasiens sicher ist. Ungeheure Lavafelder breiten sich von feiner stets schneebedeckten Stütze aus.
Auf der lchmalen Flache neben der Krateroffnung, die an ihrer breitesten Stelle etwa einen Durchmesser von einem Kilometer hat, stehen einige
aus Lavablöcken erbaute Häuschen, bewohnt von Priestern und Schankwirten, die allerhand Erfrischungen und Erinnerungen an den heiligen Berg
feilbieten. Auch ein kleiner Tempel aus dem gleichen Gestein ist hier errichtet. Zahllose Pilger besuchen jährlich den heiligen Berg, dessen Besteigung
Sünden tilgt. Künstler und Poeten verherrlichten ihn, vor allem ist es Hokusai, der große japanische Meiner des Holzschnitts, der in einhundert-
fechsunddreißig Bildern von immer wieder neuem und unvergleichlichem Reiz die Schönheit seiner Formen für die Ewigkeit festhielt.
US. 1922.
 
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