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Das B u ch f n r Alle

L>eft 6


Dcarsausnahme nach einer Zeichnung
von Prof. W. H. Pickering. Entstanden
unter den günstigsten Bedingungen der
Lowell-Sternwarte zu Flagstaff in Ari-
zona.

Wie steht es mit den Marskanüleu ?
V 0 n D r. S i m 0 n M e i n 0 l d / M i t z w 0 l f B i l d e r n



Der Mondvulkan Eratosthenes. Photo-
graphische nichtretuschierte Aufnahme.
Der marsähnliche Eindruck mit den
kanalartigen Bildungen tritt deutlich
hervor.

möglich sein könnten. Daß ans

als dies bei der Erde der Fall ist, so sind auch
die Marsjahreszeiten verhältnismäßig aus-
gedehnter. Den Wechsel von „Sommer und

d^Ver Mars mit seinem rötlich schimmern-
^^den Glanz ist auch den Beschauern des
Sternenhimmels bekannt, die sich sonst nur¬
wenig mit den zahllosen „Lichtern" beschäftigt haben, die unsere Nächte er-
hellen. Unter den großen Planeten gilt der Mars als „zweite Erde", da dort
Bedingungen gegeben sind, die sich zum Bestehen irgendwelcher organischen
Bildungen als notwendig erweisen, womit allerdings noch nicht gesagt ist,
unter welchen Formen dort Lebewesen

Der auf dem Moud befindliche Eratosthenes mit
einein Teil, der Apenninen genannt wird, im Fern¬
rohr bei Sonnenaufgang gesehen und gezeichnet.
Winter" erschloß mau aus dem wiederholt beobachteten, veränderlichen Zu¬
stand der „abschmelzenden" weißen Flecke an beiden Polen; bei allen fest-
gestellten Verminderungen war es auf dem Mars Sommer. Die Atmo-
sphäre dieses Planeten ist viel dünner als die irdische, und die Temperatur-
verhältnisse müssen deshalb anders sein, denn der Mars ist eineinhalbmal

dem Mars eine wasserdampfartige Atmo-
sphäre vorhanden ist, hat Wilhelm Herschel
1778 ausgesprochen. Durch das Fernrohr
erblickt man auf der Oberfläche dieses
Planeten dunkle, grünlichblaue Flecke,
welche hellere, rötlichgelbe Partien um¬
schließen. Dazwischen gewahrt der Be-
obachter vielerlei Abstufungen zwischen
Hell und Dunkel; besonders auffallend
erscheinen schattenartige unregelmäßige
Streifen, welche die Hellen Partien nach
vielen Richtungen durchsetzen. Dazu kom-
men noch zwei eigentümliche, leuchtend
weiße Flecke, die dicht am Rande einander
gegenüberliegen und nur zu gewissen
Zeiten sichtbar sind. Aus weiteren Be¬
obachtringen geht hervor, daß die dunklen
Flecke fortrücken, auf einer Seite sichtbar-
werden, um auf der entgegengesetzten zu
verschwinden, während die beiden weißen Flecke immer auf den gleichen
Stellen, wenn auch in wechselnder Ausdehnung und Farbe, am Rande
des Planeten verharren. Daraus geht hervor, daß die weißen Partien als
Pole betrachtet werden können; ihre zeitweise Unsichtbarkeit ist durch die
veränderte Achsenstellung des Mars zur Erde bedingt. Diese „Polarkappen"
werden als Ablagerungen von Eis und Schnee betrachtet; die helleren und

so weit von der Sonne entfernt als die
Erde; demnach empfängt er entsprechend
weniger Wärme. Obwohl einzelne Be-
obachter auf dem Mars verschiedentlich
nebelartige Schleier und Flecke gesehen
haben wollen, ist es doch fraglich, ob dies
sicher ist. Da die Umrisse von „Land, In-
seln und Meer", die dem Umfang nach
im umgekehrten Verhältnis zu den Massen
unserer Erde stehen, fast beständig klar zu
erkennen sind, dürfte das Marsklima ver-
gleichsweise dem eines klaren, völlig wol-
kenlosen Tages auf den höchsten Gipfeln
unserer Alpenberge gleichen. Da nun am
Tage die Besonnung durch Dunst oder
Nebel nur wenig, keinesfalls aber durch
Wolken abgeschwächt wird, muß während
der Nacht bei starker Ausstrahlung des
Bodens eine nicht geringe Abkühlung er¬
folgen; die Gegensätze zwischen Tag- und Nachttemperatur sind schroff.
Neben manchen Ähnlichkeiten dieses Planeten mit irdischen Verhältnissen
ergeben sich also doch recht wesentliche Abweichungen und Unterschiede.
Man nimmt neuerdings an, daß die mittlere Temperatur dort ebenso
viele Grade unter Null liegt, wie bei uns ü b e r dem Nullpunkt. Damit
ist die Eristenzmöglichkeil von Lebewesen fraglich. Wie auf dem Monde


Beispiel einer typischen Wüstenlandschaft, die den Eindruck
von stehendem oder fließendem Wasser hervorruft.

Acars. Ausgenommen am 2g.Jan. i8yy.


dunkleren Flecke der übri-
gen Teile des Planeten sind
als Festländer und Meere
angesehen worden. Weitere
Ähnlichkeiten des Mars mit
der Erde beruhen in der Um-
drehungszeit dieses Welt-
körpers. Ein Marstag mit
vierundzwanzig Stunden
siebenunddreißig Minuten
ist etwas länger als unser
irdischer Tag, und die Nei-
gung der Marsachse hat
einen Jahreszeitwechsel zur
Folge, der gleichfalls ir-
dischen Verhältnissen ver-
gleichbar ist. Da jedoch die
Umlaufzeit des Mars um
die Sonne länger währt,

irdische Organismen nicht
denkbar sind, so wird auch
für den Mars diese Mög-
lichkeit kaum ernstlich bejaht
werden können. Damit ist
die Annahme von Mars-
kanälen berührt, von denen
man vermutet, daß sie Lunst-
gebilde seien, von intelli-
genten Wesen im Lampf
ums Daseingeschaffen. Diese
„Werke "werden als so groß-
artig angesehen, daß „wir
Menschen sie nie ausführen
könnten" Im Fernrohr
erscheinen die „Lanäle" als
dünne dunkle Streifen; sie
verlaufen meist geradlinig
in Längen von mehreren

Mars. Ausgenommen am i.Febr. 189c-.
 
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