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Das Buch für Alle

Heft 27

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Ein gefährliches Ding. Sie über Bord schmeißen? Die Direktion
wäre ihm schön auf den Kopf gekommen. An Bord behalten? Das
ging erst recht nicht, denn ihn traf die Verantwortung, wenn dem
Schiff und den Menschen, die ihm anvertraut waren, etwas
passierte.
Der Kapitän war ein erfahrener Mann. Er fand einen Ausweg.
Er ließ die Kiste in einem leeren Boot verstauen und nahm es
an langer Trosse ins Schlepptau. Die Fahrt ging beruhigt weiter.

Am nächsten Morgen, wenn das Schiff in Rio de Janeiro an-
kam, wollte er die Kiste der Polizei übergeben: die mochte sehen,
wie sie mit ihr fertig wurde.
Die Passagiere, die genau wußten, um was es sich handelte,
standen in Gruppen beisammen und besprachen das Ereignis.
Die einen lächelten geringschätzig zu den Besorgnissen des
Kapitäns; sie glaubten nicht, daß eine Höllenmaschine in der
Kiste verborgen sei. Das war ia eine geradezu verrückte Idee.

Fischerbarken zur Ebbezeit.


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Andere fanden die Vorsicht des Kapitäns angebracht; sie rech-
neten bestimmt darauf, daß irgend etwas geschehen müsse, etwas
Schreckliches, Katastrophales. Mit wohligem Gruseln sahen sie aus
sicherer Entfernung den Ereignissen entgegen.
Das Boot hüpfte unentwegt hinter den: großen Dampfer her;
von Zeit zu Zeit ergoß sich ein Wellenspritzer über Boot und Kiste.
„Unglaublich, wie man hier mit wertvollem Stückgut umgeht,"
grollte einer, der an die Höllenmaschine, die in der Kiste stecken

sollte, nicht glaubte. Die anderen aber, die davon überzeugt
waren, freuten sich über jede Welle, die die Kiste traf, wie man
sich über Ohrfeigen freut, die ein anderer einem Feind, an den
man sich selbst nicht herantraut, in abgemessenen Zwischenpausen
gibt.
Als das Trompetensignal zur großen Abfütterung in den
Speisesaal lockte, folgten dem sonst so willkommenen Ruf nur
wenige der beunruhigten Passagiere. Die meisten blieben an Deck.


Nach einem Gemälde von G. Navanne.
 
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