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Das BuchfürAlle

Heft 3

Illustrierte Familienzeitſchrift..

1926





HOenäa / Der Roman einer Rache / Bon Yans von t; en

(Fortsetzung)

arcel Dujardin war ein junger Mann gegen Ende der

Zwanzig mit einem bräunlichen, glatten, aufmerkſamen

Gesicht. Er nahm nach militäriſcher Art die Hacken zu-
ſammen und verbeugte ſich leicht und federnd vor dem weißhaari-
gen Profeſſor Palm, der ihm die Hand reichte.

„Er ist erſt seit geſtern oder vorgestern hier," nahm Laverne in
ſeiner lebhaften Manier sogleich wieder das Wort. „Er iſt zur
Kontrollkommission kommandiert, seit einem halben Jahre ſchon,
nicht wahr, Marcel? Er kennt und liebt Berlin .. ."

Der junge Mann lächelte wohlerzogen.

„Sie wohnen hier wie ein Paſcha oder gar wie der Kalif sſelbſt !“
rief Laverne, indem er Jich mit lebhaften Gesten in der Halle um-
ſah. „Wie kommt dies Haus nach Berlin? Es sollte am Goldenen
Horn ſtehen und nicht in der Stadt der Schinkel und Knobelsdorff
und wie ſonſt dieſe nüchternen preußiſchen Architekten heißen.“

„Ja," erklärte Palm, ,es iſt der reine Zufall. Ein reicher Türke,

der viel Geſchäfte mit Deutſchland betrieb, hat ſich vor dem Kriege
dies Haus gebaut ... eigentlich nur als Abſteigequartier, wenn
er ein paarmal im Jahr nach Berlin kam. Er iſt dann beim Um-
ſturz in Konstantinopel ermordet worden, und aus ſeinem Nach-
laß hat meine Schwägerin, Frau Pouwels, dies Haus sozuſagen
für einen Spottpreis gekauft.“

„Nun, und wie weit sind Sie mit Ihren Studien, Professor?“
sragte Palm.

„Dh, ich bin zufrieden, ich habe eine außerordentliche Menge
von neuer Literatur und neuen Instrumenten gesehen ... Die
deutſche Wissenſchaft hat im Kriege gewaltig gearbeitet .. .
Mein verehrter Kollege hier" ~ er wies auf Kleinpaul + q,hat
mich in der ſcharmantesſten Weiſe unterstützt . . . er iſt ein Mann,
der begriffen hat, daß die wissenſchaftliche Arbeit über den Nationen
ſteht ... Oh, man ſollte Jie ſchaffen, die vierte Internationale, die
die erſte zu heißen verdiente, die Internationale der Wissenschaft.“



Der gute Hirte

3. 1926

Nach einem Gemälde von Josef Madlener
 
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