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Das Buch für alle: illustrierte Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für die Familie und Jedermann — 61.1929

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Heft 13
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https://doi.org/10.11588/diglit.52835#0340
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16 Das Buch für Alle Heft iz

Zusammenleben eines Hummers mit einer Secnelke. (Ausgenommen von Hofphotograph Schensky in Helgoland)


(^^as bekannteste Beispiel für Symbiose, das heißt für das Zusammen-
e^^/leben und Aufeinanderangewiesensein zweier ganz verschiedener Tier-
gattungen, ist das innige Bündnis zwischen Einsiedlerkrebs und Aktinien
(Seerosen, Seenelken). Jener ist ja überhaupt ein schnurriger Kerl und
dadurch merkwürdig, daß seinem Hinterleib der schützende Panzer fehlt.
Es wirkt geradezu komisch, mit welcher Ängstlichkeit und Hast er immer
bemüht ist, sein weiches Hinterteil zu verstecken. Ein bequemer Ausweg
bietet sich ihm nun, wenn er die Schale einer Wellhornschnecke erwischen
kann, die in der Nordsee sehr häufig ist; dann birgt er in ihr den empfind-
lichen Hinterleib und schaut nur mit dem Vorderkörper aus seiner Woh-
nung heraus, sie auf Schritt und Tritt mit sich schleppend wie eine Schnecke
ihr Haus. Auf dem Dache dieser Behausung siedelt sich aber sehr häufig
auch noch eine Aktinie an, also ein zylindrisch gebautes Hohltier mit
Tentakelkranz, das sonst auf eine festsitzende Lebensweise angewiesen wäre,
da sein Fortbewegungsvermögen ganz gering ist. Nun läßt es sich von
dem munteren Krebseremiten vergnüglich umherkutschieren und hat da-
durch eine soviel günstigere Ernährungsmöglichkeit, daß es ordentlich feist
und prall wird. Aber auch der Krebs kommt auf seine Rechnung, denn
das Hohltier besitzt in seinen Nesselbatterien sehr wirksame Waffen und
zögert nicht, nachdrücklichen Gebrauch davon zu machen, wenn ein gemein-
samer Feind sich naht. Dem Einsiedler wird seine Bundesgenossin dadurch
so wertvoll, daß er sich zeitlebens nicht von ihr trennt. Zwingt ihn zu-
nehmender Leibesumfang zum Umzug in eine größere Wohnung, so hebt
er mit seinen Scheren die Seenelke, die sich das ruhig gefallen läßt, behut-
sam von dem alten Hause ab und setzt sie auf das neue. Auch von seinen
Mahlzeiten fällt mancher Bissen für die farbenschöne Freundin ab, oder
er reicht ihn gar mit der Schere nach oben. Daß aber Seenelken auch
auf dem Rücken freilebender Krebse bisweilen sich ansiedeln, zeigt unsere

Schuh- und Trutchündnisse im Reich der Natur
Von Dr. Kurt Floericke
Aufnahme aus dem Aquarium der Biologischen Anstalt in Helgoland.
Hier schreckte eine Seenelke nicht einmal vor dem mächtigen Hummer
zurück, der doch sonst ein recht gewalttätiger und räuberischer Bursche ist.
Ein anderes rundliches Krebschen aus der Sippe der Krabben wohnt
sogar in lebenden Weichtieren, den großen Steckmuscheln. Ist ringsum alles
ruhig, so spaziert der Muschelwächter, wie man ihn genannt hat, aus seiner
Zufluchtsstätte heraus und geht auf dem Meeresgründe seinem Nahrungs-
erwerb nach. Beim geringsten Anzeichen von Gefahr flüchtet er schleunigst
in die Muschel zurück, die sofort ihre dicken Schalen schließt und so ihren
Gast vor allem Ungemach behütet. Einer unserer kleinen Süßwasserfische,
der karpfenähnlich gebaute Bitterling, ist zu seinen: Bestehen ganz auf die
Teich- und Malermuscheln angewiesen, obwohl er sie nur zur Fortpflan-
zungszeit benutzt. Dann nähert sich das mit einer langen Legeröhre ausge-
rüstete Weibchen in Begleitung seines farbenschimmernden Männchens
einer solchen Muschel, schiebt ihr mit plötzlichem Ruck die sich versteifende
Legeröhre in den Kiemenschlitz und läßt dabei einige wenige Eier aus-
treten, die von dem Männchen sofort befruchtet werden. Selbst bei hoch'
entwickelten Vögeln finden wir symbioseartige Erscheinungen. So sitzen
aus dem Großwild der afrikanischen Steppe, insbesondere den Nashörnern,
gerne starenartige Vögel, die Madenhacker. Sie befreien die runzelige Haut
ihrer Gastfreunde von Zecken und anderem Ungeziefer. Das Nashorn hin-
gegen kann sich der Ruhe hingeben, da die Vögel durch Aufflattern und
Schreien jeden Feind rechtzeitig verraten. Nirgends aber findet man so
zahlreiche und wunderbare Symbiosen wie in den Ameisennestern. Es sei
nur an das Verhältnis der Ameisen zu den Blattläusen erinnert, die von
ihnen ihrer zuckersüßen Körperausscheidungen wegen geradezu als Milch-
kühe benutzt, regelrecht gemolken und bisweilen sogar in besonderen „Kuh-
ställen" untergebracht werden.
 
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