Ein Trauerspiel.
9
Soll dieser große Tag der Ahndung Ausgang sehn,
Ihr Götter, wenn ihr zürnt, straft mich und schützt
Athen!
Nileus.
Wie, Herr! Du, den Athen sich immer gleich erblickte,
Den keiner Schwermuth Macht tiefsinnig unterdrückte,
Bist du wohl Codrus noch? Kein Unfall scheint uns nah,
Und der erzittert nun, den ich nie zittern sah!
Codrus.
Nileus! glaube nicht, daß eitle Furcht mich rühre,
Uyd daß mich nur ein Bild der Phantascy verführe.
Ich weiß, ein kleiner Geist ist allzeit unruhvoll,
Voll Hitz und Ungeduld; stolz, wenn er zittern soll,
Und furchtsam ohne Noch. Ein weiser bleibt gelaßen,
Erträgt sein günstigs Glück, kann sich in Unglück fasten,
Zu sicher ist er nie; doch niemals hoffnungslos,
Er bleibt sich selber gleich, und durch sich selber groß.
Ich weiß es, und du sahst mich nie schwermüthig zittern;
Doch itzt will sich in mir die ganze Welt erschüttern.
Die Menschen sind ein Spiel von unbekannter Macht!
Noch immer schrecket mich das Bild der letzten Nacht.
Es schlief Athen, es schlief der Menschen müder Kum-
mer,
Ich selber lag versenkt in ruhig leichtem Schlummer,
Als mich ein Traum erschreckt. Ich sah, ich sah Athen,
Von Barbarn ganz erfüllt in wilden Flammen stehn.
Ich sah die Jünglinge verirrt aus öden Straßen
Vor Furcht zerstreut entflieh«, hinsinken und erblaßen.
Der Pallas Tempel war erzürnter Flammen Raub,
Ich sah hier den Pallast bedeckt von Schutt und Staub.
Den Säugling sah ich hier, erwürgt von wilden Händen,
Den unschuldsvollcn Blick zum Himmel sterbend wenden.
A 5 Der
9
Soll dieser große Tag der Ahndung Ausgang sehn,
Ihr Götter, wenn ihr zürnt, straft mich und schützt
Athen!
Nileus.
Wie, Herr! Du, den Athen sich immer gleich erblickte,
Den keiner Schwermuth Macht tiefsinnig unterdrückte,
Bist du wohl Codrus noch? Kein Unfall scheint uns nah,
Und der erzittert nun, den ich nie zittern sah!
Codrus.
Nileus! glaube nicht, daß eitle Furcht mich rühre,
Uyd daß mich nur ein Bild der Phantascy verführe.
Ich weiß, ein kleiner Geist ist allzeit unruhvoll,
Voll Hitz und Ungeduld; stolz, wenn er zittern soll,
Und furchtsam ohne Noch. Ein weiser bleibt gelaßen,
Erträgt sein günstigs Glück, kann sich in Unglück fasten,
Zu sicher ist er nie; doch niemals hoffnungslos,
Er bleibt sich selber gleich, und durch sich selber groß.
Ich weiß es, und du sahst mich nie schwermüthig zittern;
Doch itzt will sich in mir die ganze Welt erschüttern.
Die Menschen sind ein Spiel von unbekannter Macht!
Noch immer schrecket mich das Bild der letzten Nacht.
Es schlief Athen, es schlief der Menschen müder Kum-
mer,
Ich selber lag versenkt in ruhig leichtem Schlummer,
Als mich ein Traum erschreckt. Ich sah, ich sah Athen,
Von Barbarn ganz erfüllt in wilden Flammen stehn.
Ich sah die Jünglinge verirrt aus öden Straßen
Vor Furcht zerstreut entflieh«, hinsinken und erblaßen.
Der Pallas Tempel war erzürnter Flammen Raub,
Ich sah hier den Pallast bedeckt von Schutt und Staub.
Den Säugling sah ich hier, erwürgt von wilden Händen,
Den unschuldsvollcn Blick zum Himmel sterbend wenden.
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