Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Bieńkowski, Piotr
Die Darstellungen der Gallier in der hellenistischen Kunst — Wien, 1908

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.14663#0098

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
82

Jedenfalls muß die mittlere Gruppe sehr bekannt gewesen sein, da wir sie auf einer
Reihe von Urnenreliefs wiederfinden, die bei näherem Zusehen sich als handwerksmäßige Kom-
pilationen verraten.

39) So: Chiusi, Mus. n. 753. Hier Fig. 93. Körte, tav. 121, n. 8. Aus Alabaster. Länge 085 m,
Breite 0'36 m, Höhe 0-57 m, mit dem Deckel 103 m. Auf dem Deckel (0.92 x 042) ein Mann mit
Patera und Brustkranz. Seinen Kopf bedekt eine Mütze mit Apex, unter dem Kinn zusammen-
gebunden. Am Rande des Kastens eine Inschrift = Fabretti, n. 708 bis, tav. 32; Pauli, C. I. E. 1279.

Das Relief der Vorderseite (gut erhalten) besteht von links nach rechts aus folgenden
drei Gruppen zu je zwei Personen:

a) Den bewaffneten Krieger werden wir unten auf dem Travertinsarkophag (Nr. 74, abg.
unsere Taf. Villa und IXb) und auf einer Urne in Chiusi (Fig. 140) treffen, wo er mit einem
sitzenden Gallier gruppiert ist. Nur hat er hier um den linken Arm eine flatternde Chlamys.
Der.Iüngling, gegen den er sein Schwert schwingt, erinnert durch seine Stellung lebhaft an den
Gallier aus Delos. Um seinen linken Arm flattert ein Mäntelchen, das den freien Raum über
seinem Kopf ausfüllt und den Schild vertreten soll; in der Rechten hält er sein Schwert empor-
gerichtet. Als Gallier ist er nur durch Nacktheit gekennzeichnet.

b) Von der mittleren Gruppe ist anzumerken, daß sie mit dem Reliefbild einer floren-
tinischen Urne (unten Fig. 132) sehr verwandt ist. Nur kniet hier der Unterliegende nicht auf
dem rechten, sondern auf dem linken Bein und erhebt seine Linke nicht flehentlich, sondern
mit dem Ovalschild empor. Seine Piechte hält nicht das Schwert, sondern umfaßt das Knie des
Nachbarn. In ihrer Bewegung kommt diese Figur dem Pariser Galater sehr nahe (vgl. S. 53).
Das Schwert des Reiters ist abgebrochen.

c) Ein nackter Jüngling (mit Haarband) hat mit dem linken Arm, an dem er einen ovalen
Schild trägt, einen gepanzerten, unbehelmten Jüngling, der vor ihm auf beide Kniee gesunken
ist und sich kaum an seinem Schilde aufzustützen vermag, am Haare gepackt und dreht ihm
den Kopf zurück, um mit dem hoch geschwungenen Schwerte den Todesstoß zu versetzen. Ver-
geblich versucht der Unterliegende mit dem rechten Arm den Kopf zu befreien und blickt zu
dem Gegner auf. — Ein ähnliches Motiv werden wir auf einer Urne der Villa Monti bei Perugia
sehen (unten Fig. 114). Nur ist das Verhältnis auf unserem Relief umgekehrt. Der Unterliegende
ist offenbar ein Grieche, der Sieger ein Gallier, allerdings nur durch Nacktheit und Ovalschild
gekennzeichnet. Die Haarbinde soll vielleicht seine vornehme Abstammung bezeichnen. Nach
Bellievre (Arch. Zeit. 34, 35) befand sich in dem Fund der attalischen Figuren ein männlicher
Sieger »qui vittam in capite gerit et stat curvus in terram ac si alium sub se iugularet«. Ich stelle
mir diese Gruppe nach Maßgabe unserer Urne vor, ohne die von Habich (Amazonengruppe, 77,
Anm. 3) vorgeschlagene Beziehung eines Gladiators Giustiniani (Clarac 871, 2220) auf die obige
Figur für unrichtig zu halten (siehe oben S. 76).

Das Motiv ward merkwürdiger Weise von den Verfertigern anderer Urnen mißverstanden
und dem jeweiligen dekorativen Zwecke entsprechend modifiziert.

40) Am deutlichsten zeigt sich das an einer einst bei Pacini in Florenz befindlichen, jetzt
verschollenen Urne. Eine sehr verblaßte, nicht reproduzierbare Photographie im Urnenapparat.
Auf dem Deckel eine Frau mit Halsring und Patera in der Rechten. Am Vorderrande des Ka-
stens eine Inschrift = Fabretti 543, quatern. 1; Pauli C. I. E. 1352 (?). Beschrieben von Conesta-
bile, Bull. d. Inst. 1864, 234. — a) Fehlt gänzlich. — b) Der Unterliegende und der Sieger haben
üppiges, wolliges Haar. Jener hält das Schwert in der Rechten. — c) Eben diese Gruppe wurde
von dem Künstler mißverstanden. Um das Zerfallen der Komposition in zwei Hälften zu ver-
meiden, hat er die Gruppe c zur Gruppe b in Reziehung gesetzt, indem der aufrecht stehende
Jüngling sich gegen den Reiter umwendet, dabei aber den vor ihm knieenden Gegner am Haare
 
Annotationen