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Der Bildereinrahmer und Vergolder — 11.1925

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Nr. 7 (14. Februar 1925)
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https://doi.org/10.11588/diglit.53332#0077
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»Die grasenden Ziegen“ im 1. Zustand, „Das Mittagessen“
'n einem Probedruck des 1. Zustandes, „Die Bleiche“ in
einem Probedruck des 4. Zustandes, die selten vorkom-
mende Skizze, die er von Hermann Struck radiert hat usw.
Jetzt fragt es sich nur, ob der Markt so viele hunderte
Blätter eines Künstlers auf einmal schon wird auf-
nehmen können.

Ausstellungen.
Sonderausstellung Alb. Herold (Dresden)
in der Fr. Lintz’schen Kunsthandlung, Brotstraße.
Die Dresdener Graphiker scheinen sich mit ganz be-
sonderer Vorliebe um die Gunst und um die Anerkennung
der Trierer zu bemühen, denn nach den vielen Dresdenern,
denen wir vor Weihnachten hier im Autofag begegneten,
stellt sich heute ein neuer Dresdener ein, Albert
Herold, der im kleinen Fenster bei Lintz ausstellt. Er
bringt einige Aquarelle, die wohl interessieren, aber zu-
'ücktreten müssen vor seinen Lithographien und seinen
Holzschnitten. Zart in der Tönung, verraten sie in ihrer
straffen Zeichnung die feste Hand, die mehr den Stichel zu
Hhren gewohnt ist als den Pinsel. In den Lithographien
Wetteifert die Wucht und Kraft seiner Darstellung mit dem
gewaltigen Eindruck der Bergesriesen, die er sich, mit der
Jeweiligen alpinen Hütte als „lebendem“ Beiwerk, zum
Vorwurf wählt. Von all seinen Dresdener Kollegen, so-
weit wir sie hier kennengelernt haben, kommt Herold dem
tatsächlichen Eindruck, den die Hochgebirgswelt auf den
Alpenwanderer macht, am nächsten. Auf gleich künst-
lerischer Höhe mit den Lithographien stehen seine Holz-
schnitte. Hier tritt das Gegenständliche mehr in den Vor-
dergrund, in einer liebenswürdig freundlichen Art, deren
Voraussetzung vollste Sicherheit der Zeichnung und der
Schneidetechnik ist. Beiden aber, Lithographien und Holz-
schnitten, ist gemeinsam das Aufgehen der Persönlichkeit
sowohl wie des Gegenständlichen im Ausdruck seiner Ar-
beiten, in der Art, wie seine Blätter eine augenblickliche
Stimmung erzeugen, der man sich um so lieber hingibt,
Weil sie sich so unaufdringlich, so selbstverständlich er-
weist. Mauder.
Graphik in München.
Zwei Graphikausstellungen, Hans Thoma (in der
Staatssammlung, Neue Pinakothek) und James Ensor (im
Graphischen Kabinett, gegenüber der Neuen Pinakothek)
konfrontieren zwei Rassen und stellen fast den Begriff des
Modernen in Frage.
In der Tat ist an Thomas Griffelkunst — ihr Stärkstes
lallt in seine Frankfurter Zeit — sobald man das Mit-
sprechen des Gegenständlichen überhört, nur wenig von
heute. Auch der Eindruck einer bewußt archaistischen
tinstellung hält nicht lange vor. Thoma wollte nicht
Htertümeln, sondern der Volksmann aus Bernau war mit
dem Geist der alten Form verbunden wie alle Volkskunst,
br war Ueberlebsel aus dem Zeitalter und aus der rasse-
Seographischen Region des Hans Baldung. Nur fehlt dem
^Pätgeborenen die Selbstverständlichkeit, das Prunkhafte
des Wildentumes, des Urmenschhaften. Eher ist Thoma
Verschämt und zuweilen von vergrämter Innigkeit bis zu
jenem Spiritualismus, der übrigens wiederum bei Baldung,
Iln gemalten Spätwerk, greifbar zum Durchbruch kommt,
Kehrseite einer überschüssig reichen und raschen Vi-
talität.

Zuweilen ist der Graphiker Thoma auch auf falscher
Bahn. Dann skandiert er Gewandbrechungen hmter Du-
rer drein — der schon zu seiner Zeit viel akademische!
und rationalistisch moderner war als das Bernauer Natui-
kind - oder er versetzt sich äußerlich, literarisch bewußt

in den Stoffkreis „deutsches Mittelalter“. Diese Blätter
zählen allenfalls im Werk, aber die anderen, selteneren,
in denen alte Form unmittelbar aus dem Blut wieder auf-
lebt, wiegen. Der Zusammenstoß dieses erhabenen
Atavisten mit der Neuzeit, die nun einmal auch klassische,
romanisch-humanistische Bildungs- und Formelemente an
Bord hatte, wird gemildet durch die Unbefangenheit, mit
welcher der Künstler die Menschen und Dinge seiner
nächsten schlichten Umgebung aufgriff. Das ist nicht der
„Naturalismus“ Thomas, den einst die Freunde glatter Sa-
lonkunst argwöhnten und ablehnten, sondern wiederum
der tierisch nahe und direkte Blick, den auch die Alten
hatten. Er bannt manchmal auch ein Stück banaler Ak-
tualität und zeitgenössischer Häßlichkeit. Da merken wir
plötzlich erschreckt den Unterschied der vier Jahrhunderte.
Ganz in unserer Zeit, der Nerven und nicht des Blu-
tes, lebte der Graphiker Thoma nur mit den wenigen locker
impressionistischen Blättern unter den Landschafts -Ra-
dierungen. Die sehr rege besuchte Ausstellung füllt
die zwei großen Säle der Graphischen Staatssammlung.
Dem Mannheimer Thoma-Biographen Dr. J. A. Be-
ring e r danken wir ihre Zusammenstellung.
James Ensor, von dem man die 1921 in Brüssel
erschienenen, in Deutschland bisher kaum beachteten
„Scenes de la vie du Christ“ zeigt — sehr gute
Lichtdruckreproduktionen nach Farbstiftzeichnungen —
ist an dem alten Erbgut zweier Rassen zumal beteiligt:
Mit dem Niederdeutschen verbindet ihn die Freude am
Chimärischen, die Lust an der bedrohlichen Maske, wie sie
schon aus des Hieronymus Bosch Bildvisionen hervor-
grinst, und hart daneben gibt ihm südliche, romantische
Tradition die Freude an zärtlich kosender Strichführung in
der Behandlung des Nackten, das zuweilen von einem
miniaturistisch-graphischen Rubens sein könnte. Der Mo-
derne bewährt sich in Lichtwirkungen, die nur später
Sinnesverfeinerung erschwinglich sind und mit äußerster
Sparsamkeit des technischen Mittels, des Rot, Gelb, Blau
zarter Stiftzüge auf körnigem Grund, frappant vermittelt
werden. Das Ganze ist zu kompliziert, um im Formelsinne
ein Stil zu sein, aber es ist ein Mensch. Sehr unsentimental
erzählt er die heilige Geschichte, anfangs fast wie ein leise
travestiertes Idyll. Dann aber spricht starkes menschliches
Gefühl, und im tragisch Schönen, fast Mystischen endet,
was wie die überlegene Notiz eines Skeptikers begonnen
hatte.
Kunstnachrichten.
Das Kunstgewerbe auf der Leipziger Messe.
Daß die Leipziger Messe mehr ist als eine nur kom-
merzielle Angelegenheit, daß sie vielmehr auch den kul-
turellen Güteraustausch der Völker zu fördern vermag, das
zeigt der starke künstlerische Einfluß im Leipziger Messe-
wesen. Dabei meinen wir nicht nur die künstlerische Ein-
wirkung, die sich bei den auf der Leipziger Messe an-
gebotenen Gegenständen im allgemeinen geltend macht, sei
es bei Porzellan- und Glaserzeugnissen, sei es bei Möbeln
und Beleuchtungsgegenständen, sei bei Spielwaren, sei es
bei Textilfabrikaten.
Was uns vielmehr ganz besonders interessiert, ist die
starke Beteiligung des Kunstgewerbes
undder bildenden Künste selbst an der Leipziger
Weltmesse in ihrer heutigen universalen Gestalt. Der bei-
spiellose Aufschwung, den das deutsche Kunstgewerbe in
den letzten Jahren erfahren hat, wäre nicht denkbar ge-
wesen ohne die kräftigen Impulse, die ihm durch die Leip-
ziger Messe immer wieder vermittelt wurden.
Was hierbei alles in Frage kommt, geht aus einem
kurzen Ueberblick hervor, wobei wir Gegenstände nennen,
 
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