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Die grüne Gräsin

Die irische Gräfin steht am Ufer des Fluffes
Jn dem mächtigen Raum, zerteilt durch Menschengcist.
Über der Stadt fliegt ihr Kleid im Knall eines Schuffes
Grün, unendlich hinab in die Ebene verwaist.

Als sie noch tanzte im Schein der Montmartrc-Lokalc,

Früh entführt der Trauer ihres Geschlechts,

Schäumte Paris im Gift der vergoldetcn Schale,

Wenn aus Gesprächen flammte die grüne Fahne des Rechts.

Heiliges Leben schreitet über die Schwclle,

Sckwester der Armen und Mutter den Schwachen zu sein,

Und im Strom dcr unvollendeten Welle

Sich zu stürzen in Angst, Sieg, Hoffnung und Pein.

Schon erscheinen die Dächer der irischen Freiheitshalle,
Von den Taten des Wortes glühend am Himmcl rot,
Während die Körper der Völker in dumpfcm Falle
Jn Juninächten würgt der Erstickungstod.

Gräfin Markiewicz! Europa naht Deinem Herzen.
Viele Frauen auf Erden werden dich sehn,

Mit dir weinen um deiner Söhne Schmerzen;
Unvergcßliche Seele! Du bist geschehn.

Republikaner in Jrland! Vom Hals des Profoffen,
Den ihr durchschnittet mit eurem Messer klar,

Jst ein Strahl des Blutes gefloffen,

Das die Schuld der Knechtschaft war.

Wenn die Flammc der zerspalmcn Hirne
Jn dem Pulvcrdampf des Kampfs verweht:

Schon auf vicler, ncuer Jünger Stirne
Dic Vollendung cures Werkes steht.

Wo dcr Himmel über Schlachtgeschickc
Sich verschleiert in Vergänglichkeit,

Richte, Dichter, deine Feuerblicke
Wieder in die unerloschene Zeit.

Die irische Gräfin steht am Ufer des Fluffes

Und umzingelt auf dem blutigen Sand

Hat sie mit Kraft ihres letztcn Kuffes

Die rauchende Waffe den Völkern zur Freiheit gesandt.

Walter Hasenclever

Sommerlied

Der Städte Dualm, des Alltags Leid
Und graue Sorge sind so weit
Mir glückseligem Sonntagskind.

Der Himmel strahlt wie tausend Sonncn
Und gießet Glanz aus seincn Bronnen,
Die flüssigwarm und goldcn sind.

Die Wiesen sind in Licht getaucht.

Der Blumen bunte Anmut haucht
Ein düftereiches Meer.

Verzückte Falter badcn
Sich drin und Kelche ladcn
Sie süß und honigschwer.

Jch geh' durch Duft und Schmeichcln
Und meine Augen streichcln
Der Birken zartes Grün.

Jch fühle mich zerflicßen
Jn Bäume, Felder, Wiesen
Und weißer Hecken Blüh'n.

Bruno Schoenlank.

Dcr „Bildermann" erschcint Anfang und Mitte jeden Monats >m Verlags des Herausgebcrs, Berlin XV 10, Victoriastr. ö5. Leitung: Lco

Kestenberg, Beclin-Halensee (FürÖsterreich: Herausgeber u. verantwortl. LeiterHugoHeller,WienI, BauernmarktZ). Druck: M.W.Lassally.
 
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