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Kreis Aschersleben.
Sakristei genannte Raum, der 1504 zugleich mit der Wölbung des Langhauses
ausgeführt wurde (Sacrarium templo S. Stephani acljectum, Reimann, Id. S. 40).
So läßt sich der gotische Kirchenbau, auch wo keine Daten überliefert sind,
mit ziemlicher Sicherheit in seiner Entstehung verfolgen. Daß von dem ihm
vorhergehenden romanischen Bau nur das erwähnte Kapitäl in einer Turmstube
erhalten ist, ist sehr zu bedauern. Doch sind wir imstande, auch ohne jede mit
den Augen wahrzunehmende Spur uns ein im ganzen zutreffendes Bild der
alten Kirche zu machen. Wir haben gesehen, daß die jetzt stehende Kirche
nicht einen einzigen rechten Winkel aufzuweisen hat. Eine solche Abweichung
von der einfachsten Regelmäßigkeit ist nun niemals willkürlich, sondern immer
die Folge eines äußeren Zwanges. Wo dieser fehlte, baute man stets recht-
winklig. Wir können nun bei sorgfältiger Betrachtung des Grundrisses feststellen,
daß außer den rechten Winkeln meist auch parallele Seiten fehlen. Kur in zwei
Fällen sind solche vorhanden. Die Wände des Hauptschiffes sind einander
parallel, — was unauffällig ist, weil nichts im Wege stand, sie so anzulegen, —
und dann sind parallel der Turmbau und die westliche Begrenzungslinie des
hohen Chores. Da wir wissen, daß die alte Kirche erst abgebrochen wurde, als
der neue Chor und die neuen Türme schon standen, so müssen diese beiden im
Anschluß an die alte Kirche errichtet sein. Diese ja an und für sich schon
selbstverständliche Tatsache gibt uns damit die Ausdehnung des alten Kirchen-
baues von Ost nach West. Bei der Erneuerung alter Kirchen im Mittelalter,
die ja sehr langsam von statten ging, begann man meist mit der Errichtung des
neuen Chores, den man an den alten Chor unmittelbar anschloß, nachdem man
eine etwa vorhandene Apsis beseitigt hatte. Die Paulskirche in Halberstadt ist
ein besonders augenfälliges Beispiel dieser Gewohnheit. Wir haben also ein
Recht, die Entfernung der westlichsten Teile des Chores von den Türmen als
die Länge der alten Kirche zu betrachten, zumal wir wissen, daß die neue
Kirche um die alte herumgebaut worden ist. Diese war demnach 37,68 m lang.
Die mittelgroßen romanischen Kirchen der Umgebung von Aschersleben haben
nun meist ein aus drei Jochen bestehendes Langhaus von 21 m (so Gernrode,
Frose, Quedlinburg zweimal, Halberstadt: Paulskirche, Groningen u. a,).1 Daraus
ergibt sich dann für das Mittelschiff wie für das Altarhaus das Maß von 7 m.
Die Wandstärke der alten romanischen Kirchen mittlerer Größe war meist 90 cm;
wir haben also die Gesamtlänge von 37,68 m; die dem jetzigen Langhause zu-
kommt, auf diese Teile zu verteilen; demnach ergibt sich die folgende Rechnung
für den alten Bau:
Langhaus. 21,00 m
Wand zwischen Langhaus und Querhaus . . 0,90 „
Querhaus. 7,00 „
Wand zwischen Querhaus und Altarhaus . 0,90 „
Altarhaus.7,00 „
Östliche Wand des Altarhauses.0,90 „
zusammen 37,70 m
1 cf. Brinkmann, Über die Bedeutung der Grundrisse in der Kunstgeschichte (Central-
blatt der Bauverwaltung 1893 No. 27).
Kreis Aschersleben.
Sakristei genannte Raum, der 1504 zugleich mit der Wölbung des Langhauses
ausgeführt wurde (Sacrarium templo S. Stephani acljectum, Reimann, Id. S. 40).
So läßt sich der gotische Kirchenbau, auch wo keine Daten überliefert sind,
mit ziemlicher Sicherheit in seiner Entstehung verfolgen. Daß von dem ihm
vorhergehenden romanischen Bau nur das erwähnte Kapitäl in einer Turmstube
erhalten ist, ist sehr zu bedauern. Doch sind wir imstande, auch ohne jede mit
den Augen wahrzunehmende Spur uns ein im ganzen zutreffendes Bild der
alten Kirche zu machen. Wir haben gesehen, daß die jetzt stehende Kirche
nicht einen einzigen rechten Winkel aufzuweisen hat. Eine solche Abweichung
von der einfachsten Regelmäßigkeit ist nun niemals willkürlich, sondern immer
die Folge eines äußeren Zwanges. Wo dieser fehlte, baute man stets recht-
winklig. Wir können nun bei sorgfältiger Betrachtung des Grundrisses feststellen,
daß außer den rechten Winkeln meist auch parallele Seiten fehlen. Kur in zwei
Fällen sind solche vorhanden. Die Wände des Hauptschiffes sind einander
parallel, — was unauffällig ist, weil nichts im Wege stand, sie so anzulegen, —
und dann sind parallel der Turmbau und die westliche Begrenzungslinie des
hohen Chores. Da wir wissen, daß die alte Kirche erst abgebrochen wurde, als
der neue Chor und die neuen Türme schon standen, so müssen diese beiden im
Anschluß an die alte Kirche errichtet sein. Diese ja an und für sich schon
selbstverständliche Tatsache gibt uns damit die Ausdehnung des alten Kirchen-
baues von Ost nach West. Bei der Erneuerung alter Kirchen im Mittelalter,
die ja sehr langsam von statten ging, begann man meist mit der Errichtung des
neuen Chores, den man an den alten Chor unmittelbar anschloß, nachdem man
eine etwa vorhandene Apsis beseitigt hatte. Die Paulskirche in Halberstadt ist
ein besonders augenfälliges Beispiel dieser Gewohnheit. Wir haben also ein
Recht, die Entfernung der westlichsten Teile des Chores von den Türmen als
die Länge der alten Kirche zu betrachten, zumal wir wissen, daß die neue
Kirche um die alte herumgebaut worden ist. Diese war demnach 37,68 m lang.
Die mittelgroßen romanischen Kirchen der Umgebung von Aschersleben haben
nun meist ein aus drei Jochen bestehendes Langhaus von 21 m (so Gernrode,
Frose, Quedlinburg zweimal, Halberstadt: Paulskirche, Groningen u. a,).1 Daraus
ergibt sich dann für das Mittelschiff wie für das Altarhaus das Maß von 7 m.
Die Wandstärke der alten romanischen Kirchen mittlerer Größe war meist 90 cm;
wir haben also die Gesamtlänge von 37,68 m; die dem jetzigen Langhause zu-
kommt, auf diese Teile zu verteilen; demnach ergibt sich die folgende Rechnung
für den alten Bau:
Langhaus. 21,00 m
Wand zwischen Langhaus und Querhaus . . 0,90 „
Querhaus. 7,00 „
Wand zwischen Querhaus und Altarhaus . 0,90 „
Altarhaus.7,00 „
Östliche Wand des Altarhauses.0,90 „
zusammen 37,70 m
1 cf. Brinkmann, Über die Bedeutung der Grundrisse in der Kunstgeschichte (Central-
blatt der Bauverwaltung 1893 No. 27).