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Brinkmann, Adolf [Hrsg.]
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen (Band 25): Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Stadt Aschersleben — Halle a. d. S., 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.25508#0096
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Aschersleben. Die reformierte Kirche: Baubeschreibung — Ausstattung.

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Die Nordwand hat über dem westlichen, oben erwähnten Blendbogen, der
auch außen sichtbar ist, stets nur ein Fenster gehabt. Es werden hier die
Klostergebäude sich angeschlossen haben. Daraus ergibt sich, daß diese mit
dem Kreuzgange gegen die Kegel die Kordseite einnahmen.

Zur Zeit sind alle Nebenfenster vermauert und in dem zweiten Joche der
Nordwand (von Osten gerechnet) auch das große, weil hier Wohngebäude
anstoßen.

Der ganze Bau ist eine seltene Erscheinung und hat in der Provinz nicht
seinesgleichen. Er hat alle Merkmale des Übergangsstils, verzichtet aber auf
reiche Ausbildung der Einzelheiten. Dennoch wirkt er in der keuschen Einfach-
heit aller Formen wohltuend.

Die Baugeschichte beschränkt sich auf die Vermauerung der Fenster
und Änderung des Portals in der Westwand, sowie die Herstellung des hier
eingebrochenen großen Fensters und des kleinen darüber.

Eine gründliche technische Untersuchung hat ergeben, daß die Steine, mit
denen die Fenster vermauert sind, zum Teil bündig sind mit dem anderen
Mauerwerk. Man hat daraus schließen wollen, daß die Fenster schon wieder
vermauert worden wären, als die Mauern noch gar nicht die volle Höhe erreicht
hätten, also während des Baues. Die Furcht, die Gewölbe möchten zu schwer
sein für die so vielfach durchbrochene Mauer, wäre der Grund gewesen. Das
ist aber nicht denkbar. Denn dann hätte man nur die allerdings schwachen
Strebepfeiler zu verstärken brauchen, zumal die Vermauerung der Fenster dem
Schub der Gewölbe doch nicht genügend begegnen konnte. Die Kirche hat des-
halb sicher ursprünglich alle Fenster offen gehabt, und die jetzige, zum Teil sehr
gründliche Vermauerung der Seitenfenster kann nur in der Verwandlung der
Kirche in einen Wagen- und Geräteschuppen oder ein Magazin ihren Grund
haben. So hat der Bau die Jahrhunderte überdauert, ohne eine wesentliche Ver-
änderung erlitten zu haben.

Material. Die Kirche ist aus Bruchsteinen errichtet; nur die Pfeiler,
Rippen und Gurte des Innern sind aus behauenem Sandstein.

Die Technik ist dementsprechend einfach, aber gediegen; das beweist die
vorzügliche Erhaltung des Ganzen.

Ausstattung. Aus der Klosterzeit ist nichts mehr erhalten. Nur Reste
alter Deckenmalereien sind unter der Tünche der Gewölbezwickel gefunden.
Ornamente: Die Gewölbe-Anfänge sind in einer Höhe von etwa 2 m durch hori-
zontale Linien abgeteilt. Von dieser Teilung steigen spätgotische Blumensträuße
empor; von den Schlußsteinen scheint eine ähnliche Malerei auszugehen. Die
Gurt- und Schildbögen sind von Malereien begleitet, die größere Blumen zeigen,
ebenso gehen von den Spitzen der Gurt- und Schildbögen große Blumen aus.1
Die jetzige Ausstattung stammt aus den Jahren 1702 bis 1738.

[Frühere Altäre: 1. Beatae Mariae Virginis, S. Crucis und S. Matthaei, um
1416 zum Andenken und Seelenheil des Niclaus v. Berge und seiner Ehefrau
gestiftet; 2. von Landgraf Ludwig von Hessen für seinen „Diener“ Engelhard
v. Trott, der vor Aschersleben blieb, 1439 gestiftet.]

1 Nacli der Untersuchung durch Herrn Maler Ötken.
 
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