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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1889

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Heft 11/12
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Gmelin, L.: Deutsche Goldschmiede-Arbeiten im Dome zu Rieti
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Moser, Ferdinand: Die kunstgewerblichen Schulen auf der Pariser Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.6907#0073

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durch zahlreiche Abbildungen verdeutlichten Drahtcmail mag
hingewiesen sein. Demgemäß bestünde einige Wahrschein-
lichkeit dafür, daß dieser zweite Pokal ungarische, vielleicht
siebenbürgische (also auch deutsche) Arbeit ist. — Uebrigens
kommen solche Emails zwischen Filigran auch an gothischen
Goldschmiedearbeiten aus den Abruzzen vor; trotz der
geographischen Nähe derselben kann aber nicht an eine
Herkunft des Pokals von da gedacht werden.

Außer den hier näher beschriebenen enthält der Dom
von Rieti noch eine Anzahl anderer Goldschmiedearbeiten,
die theils künstlerisches, theils kunstgeschichtliches Interesse
erregen; ein näheres Eingehen auf dieselben mag Vor-
behalten bleiben.

Zum Schlüsse sei noch eine Angabe des »Indice-Guida«
berichtigt, die Guardabassi mangels persönlicher Aenntniß-
nahine selbst in Zweifel zieht. Unter den bei Rieti liegenden
Grtcn nennt er auch einen des Namens Abeto, von welchem
er sagt, daß die Parrocchial-Airche daselbst (nach „erhaltenen
Nachrichten") vortreffliche Paramente und kunstreiche Airchen-
geräthe enthalte, welche dort mit lobenswerther Sorgfalt be-
wahrt werden; ein Mrt dieses Namens existirt nach meinen
Erkundigungen in der Nähe von Rieti nicht, und somit
fallen auch die anderen Angaben in Nichts zusammen. Daß
Guardabassi selbst an der Existenz dieses Ortes zweifelte, geht
daraus hervor, daß der Name desselben in kleinerer Schrift
gedruckt worden ist als die der übrigen.


üliWiMAM

Non Lcrd. Moser.


I uter der Voraussicht, daß auf einer Ausstellung von der
Bedeutung und Ausdehnung der „pxposition universelle"
zu Paris auch der Unterricht auf allen Gebieten, speziell
aber auf dem Gebiete des gewerblichen und kunstge-
werblichen Zeichnens eine würdige Vertretung gefunden
haben werde, hatten die beiden Gemeindekollegien der Stadt München
auf Antrag eines ihrer kunstindustriellen Mitglieder den Beschluß ge-
faßt, den Direktor und einige kjauptlehrer der Fachabtheilung der
gewerblichen Fortbildungsschulen zur Ausstellung nach Paris zu ent-
senden, damit dieselben daselbst Studien über die Leistungen und
Resultate der einschlägigen Lehranstalten machen konnten. Außerdem
war den Vertretern des kunstgewerblichen Unterrichtes zur Auflage
gemacht, den Erzeugnissen der Kunstindustrie ihre besondere Aufmerk-
samkeit zu widmen.

Mit dieser That bewies die Stadt München wieder von Neuem,
in wie hervorragender Weise ihre Vertreter jeder Zeit bereit sind, sich
an der Förderung des Gewerbestandes zu betheiligen, und wie sie keine
Vpfer scheut, die ehrenvolle Stellung unter den deutschen Städten,
welche sie seit Dezennien in Bezug auf Förderung des gewerblichen
Unterrichtes eiunimmt, auch weiterhin zu behaupten.

Einem Mitglicde der entsendeten Reisekommission sei es nun
gestattet, einen Theil seiner Wahrnehmungen, soweit sie in Beziehung
zum kunstgewerblichen Unterricht stehen und in den Rahmen dieser
Zeitschrift passen, mittheilen zu dürfen.

Die gewerblichen Unterrichtsanstalten, welche auf der Ausstellung
vertreten waren, hatten an drei, beziehungsweise vier Vrten des weit
ausgedehnten Ausstellungsgebictes ihre Arbeiten vorgeführt. Zunächst
war in dem Palais des Beaux Arts an einer offenen Breitseite des-
selben eine stattliche Anzahl speziell französischer kunstgewerblicher
Schulen mit ihren Leistungen in Studien, Entwürfen, Modellir-
arbeiten rc. vertreten. Line^wcitcrc, nicht minder interessante Zu-
sammenstellung gewerblicher seichnen- und Fachschulen und Lehrwerk-
stätten Frankreichs, deren vorgclegte Arbeiten häufig das kunstgcwerb-
liche Gebiet betraten, befand sich in den unteren Räumen des Palais
des Arts liberaux, und auf der riesigen Galerie des gleichen Gebäudes
hatte das Unterrichtsministerium neben den anderen Sparten seines
Ressorts auch den gesummten Zeichenunterricht, von der ersten Stufe
angefangen, bis zu den höchsten Leistungen der ficole des Beaux-Arts
durch Schülerarbeiten zur Veranschaulichung gebracht. Auch in dem
Pavillon der Stadt Paris waren einige hauptstädtische gewerbliche

Schulen vertreten.

von Schulen des Auslandes war weder quantitativ noch qualitativ
viel zu finden, wie ja überhaupt Frankreich den weitaus größten Theil
der Gesammtausstellung mangels einer größeren Betheiligung für sich
belegt hatte. Immerhin war auf dem Gebiete des gewerblichen Unter-
richtes die Schweiz, Belgien und Holland nicht uninteressant vertreten;

die Ausstellungsräume waren innerhalb der betreffenden Landesab-
theilungen zu suchen. Diese, wie man sicht, etwas verzettelte An-
ordnung erschwerte das Studium auf diesem Gebiete, insbesondere den
Ueberblick über die Brganisation des gewerblichen Unterrichts in
Frankreich nicht unerheblich, vor der speziellen Erwähnung einzelner
Schulen, wobei natürlich hier nur die Schulen kunstgewerblicher Richtung
berücksichtigt werden sollen, sei zunächst einer auffallenden und fast
durchgängigen Eigenart der französischen Anstalten Erwähnung gethan.
Es ist dies die besondere Pflege des Studiums der Naturformen,
namentlich der Pflanzenforinen und der sich an derartige Studien an-
schließenden Stilisirübungen. Berichterstatter hat schon wiederholt an
anderer Stelle dem ornamentalen Naturstudium das Wort geredet und
ist hocherfreut, hier vou den schönen Erfolgen der Schulen Frankreichs
berichten zu können. Es soll später noch einmal auf diesen Punkt
zurückgekommen werden.

Außer dieser Spezialität mußte noch auffallen, daß der Renaissance-
Stil hier wie in der Industriehalle verhältnißmäßig wenig auftritt,
indem, abgesehen von ganz moderner Formengebung, in welcher sich
übrigens Werke von hoher Schönheit bewegten, hauptsächlich die Stile
Louis XIV. bis XVI., sowie der Empirestil mit mehr oder weniger
Geschick den Entwürfen zu Grunde gelegt waren. In Bezug auf die
Darstelluugsweise der Schülerarbeitcn war eine wohlthuende Einfachheit,
verbunden mit einem gewissen Chic, zu konstatiren; es waren nur
wenige sogenannte Ausstellungsblättcr zu finden, welchen man hätte
ansehen können, daß sic mühevoll speziell für das Laienauge angefertigt
worden feien; auch vermißte inan mit vergnügen die jetzt so sehr
kultivirten „systematischen" Lehrgänge, welche der Ruin junger, frischer
Kunstkräfte werden, sowie die strengen aber langweiligen Kontouren-
zeichnungen, welche gar zu leicht talentirten Schülern Lust und Liebe
an der Arbeit rauben.

In dem Ausstellungsräume des Palais des Beaux-Arts, woselbst
die kunstgewerblichen Lehranstalten ausgestellt hatten, mußten zunächst
die wände der Rcole Nationale des Arts decorntifs ä Paris auffallen,
welche Schule sehr reichhaltiges Material geboten hatte, vorherrschend
war hier die Architektur bezw. Iunenausstattung und die ornamentale
Flächendekoration vertreten; zu vermissen war eine entsprechende Vor-
führung von Fachzcichnungen für Mctalltcchnik. Die Lurse für
ornamentales und figürliches Zeichnen sowie der Modellircnrs hatten
treffliche Arbeiten gebracht, geradezu vorzüglich aber waren die vor-
gelegten Pflanzenstudien und die im Anschlüsse hieran gemachten
Stilisirversuchc zu neunen. Im Lurs für Innenausstattung waren
äußerst flotte Lntwurfskizzen (unter Leitung des Prof. Gennys in
dem gegebenen Zeitraum von zwölf Stunden gefertigt) ausgestellt.
Konknrrenzarbeiten von je vier Schülern, welche Entwürfe unter Klausur
innerhald sechs Tagen laut Inschrift angefertigt hatten, zeigten am
besten, wie selbständig und geschmackvoll die vorgeschrittenen Schüler
 
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