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Bickell, Ludwig [Hrsg.]
Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Cassel (Band 1): Kreis Gelnhausen: Textband — Marburg, 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.13326#0097

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Das Hospital zum heiligen Q-eist.

7!)

Auch nach der Reformation wurde das Hospital zu dem ursprünglichen Zweck fortwährend benutzt.
Ks erhielt einen eigenen Spitalmeister, welchem auch die Verwaltung anderer damit vereinigter Grundstücke
oblag; so eines Theiles des Grundbesitzes von Kloster Himmelau, und dann der zur Gotebertuseapelle gehörigen
Aecker und Weinberge, näheres hierüber in den betreffenden Abschnitten.

Während des 30jährigen Krieges war das Spital verfallen, so dass es der Rath eine Zeitlang für
zweckmässig hielt, eine Bierbrauerei in demselben einzurichten. Auf die Beschwerde der Bürger hin wurde
es 1656 wieder als Spital eingerichtet.

In der Kirche wurde fortwährend Gottesdienst gehalten, wie aus Rathsprotokollen und anderen Archivalien
der Stadt Gelnhausen von den Jahren 1703, 1730, 1740 u. s. w. hervorgeht. Hundeshagen hat noch gegen
1806 die Kirche vollständig gesehen, und so gut es ging abgebildet (Tab. 16), auch die in den Gängen des
Gestühles liegenden Grabsteine gezeichnet. Aus unbekannten Gründen ist dann 1833 die Kirche mit dem
anstossenden Bau, und 1843 das übrige Grundstück, „auf dem das Hospital gestanden", an den Postmeister
Beul (lleuell) für 1000 n\ verkauft worden (Genehmigung der Regierung, Steuerkataster von Gelnhausen Bd. 1,
Staatsarch, Marburg). Die obige irrige Angabe des Katasters erklärt sich so, dass nach Verkauf des eigent-
lichen Spitalbaues ein Nebengebäude als solches von 1833—43 dienen musste. Beul richtete die Kirche als
Postremise und Scheuer ein, legte auch einen Keller darin an und verbaute das Innere so, dass es nur schwer
war davon eine Vorstellung zu erhalten und Aufnahmen zu machen.

Im Jahre 1893 ist dann, ohne dass die Denkmalsqualität des Baues zur Sprache kam v) und den Organen
der Denkmalpflege Gelegenheit gegeben wäre, auf die Erhaltung hinzuwirken, der sogar in den baupolizeilicher
Genehmigung unterbreiteten Bläuen als ..Kirche" bezeichnete Bau an den Vorschussverein zu Gelnhausen ver-
kauft, und nach den Plänen des Landesbauinspektors Wolfarth in der Weise umgebaut worden, dass die Apsis
ganz abgebrochen, die Gewölbe der Vierung eingeschlagen und von allen Mauern gerade an der Stelle der
Fenster breite Streifen herausgebrochen wurden, um die neue Wohnhausfacade herzustellen. Sogar die Arkaden-
pfeiler wurden zerstört und nur ein ganz kleines Stück der Südwand der Vierung hat sein altes Aussehen
behalten. Da es sich um Privatbesitz handelte, waren die Bemühungen des Verfassers, jetzt noch das Zer-
störungswerk zu hindern, vergeblich. Ks war nicht einmal mehr möglich photographische Aufnahmen zu machen,
nur die alten Aufmessungen konnten ergänzt und einige Fragmente gerettet werden.

Baubeschreibung.

Das Hospital zum heiligen Geist liegt unweit des äusseren Röderthores dicht an der in der Ebene
herlaufenden ehemaligen Fischer-, jetzt Rödergasse, von welcher die Kirche direkt betreten wurde (cf. Stadtplan
Tab. 2). Diese war eine Basilika mit flachgedeckteni Mittelschiff, und nur einem ebenfalls flach gedeckten
Seitenschiff auf der Südseite, mit gewölbtem Chorquadrat und gewölbter, halbrunder Apsis, wie aus Tab. 16
sowie 114 und 115 hervorgeht.

Der Bau war in Bruchstein mit Hausteindetails ausgeführt. Der Schmiegesockel in Quadern trat
nur an der Ost- und Südseite zu Tage, und war nach der Strasse zu unter dem später erhöhten Pflaster ver-
borgen. Flache lisenenartige Strebepfeiler verstärkten die Ecken des Chorquadrats und der Westseite, der
Dachsims fehlte seit im 17. Jahrhundert unter Abtragung der oberen Mauerschichten ein neuer Dachstuhl mit
reich gekehlter, mit Zahnschnitt geschmückter Mauerlatte an seine Stelle getreten war. Wie die kümmerliche
aber einzige Abbildung nach Hundeshagen (Tab. 16) angiebt, führten von der Nordseite zwei Portale in das
Innere, deren Gliederung an die der Peterskirche erinnert. Nur von der östlichen war ein Stück äusserer
Bogenkante nebst einem Ansatz des Kämpferprofiles gleich dem auch am übrigen Bau verwendeten erhalten,
nachdem Beul grosse Thore für seine Postwagen an deren Stelle gesetzt hatte. Die westliche Thüle bei
Hundeshagen scheint übrigens irrthümlich zugesetzt, da an der betreffenden Stelle keine alte Bogenspur zu
sehen war. Kino Säule, an welcher Stamm mit Basis und Capitäl aus einem Stück gearbeitet ist, welche Ver-
fasser in einem Hause dicht am Lambertusbrunnen fand, und nach der Erwerbung in der Burg deponirte,
könnte von diesem Portal herrühren. Auf der Südseite führte eine schlichte, ungegliederte Rundbogenthüre

') Trotzdem dass Verfasser den Bau bereits in dem Anzeiger des germanischen Museums vom Jahre 1882 erwähnt und
genügend beschrieben hatte.
 
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