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Bickell, Ludwig [Hrsg.]
Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Cassel (Band 1): Kreis Gelnhausen: Textband — Marburg, 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.13326#0108

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Das Franziskanerkloster.

Die Südseite ist mit der jüngeren Kirche abgebrochen, die westliche bereits im 16. Jahrhundert, wo
eine Schule eingerichtet wurde, mit breiten Stichbogenfenstern versehen, in den letzten Jahren aber fast ganz
zerstört worden. Dieser Westflügel bestand noch bis 1892 und besass in einem grossen Flur zu ebener
Erde schöne Holzsäulen mit Kopfbändern, in einem oberen vor den Zimmern herlaufenden Corridor gepresste
einfache Ziegeiniessen, von denen eine Probe in der Sammlung des Geschichtsvereins zu Marburg sich befindet.
Von diesem Flügel ist bei dem Umbau durch Landesbaumspektor Wohlfarth nicht einmal ein Grundriss dem
Bauriss des Neubaues beigefügt worden, sodass die Disposition dieses letzten im wesentlichen intakten Kloster-
theils nicht mehr nachweisbar ist.

Das Innere der jüngeren Kirche und besonders der Kreuzgang war mit Grabsteinen belegt, von denen
Hundeshagen eine Anzahl verzeichnet.

Leider sind die meisten der betreffenden Blätter verloren gegangen, und nur drei erhalten. Darunter
ist die älteste Geinhäuser Grabplatte.

1. Grabstein mit der Randinschrift in Majuskeln:

M • CG • LXXXV11 . . . EG1DII . . . O . PETRISSA///CAL (de?)
In einer Urkunde vom Jahre 1282 wird eine Petrissa de Calde = Kahl genannt (Urk. I, Nr. 610).

2. Grabstein ohne Randinschrift. Darauf das Wappen der von Forstmeister in der ältesten Form mit
Spitzschild, Topfhelm mit Büffelhörnern zwischen denen der Mauerhaken.

3. Grabstein ohne Randinschrift. Auf einem unten abgerundeten Schild eine Scheere.

In dem Garten des Klosters, etwa an der mit g bezeichneten Stelle, befand sich nach den Aufzeichnungen
des Verfassers aus dem Jahre 1869 ein Ziehbrunnen, ganz dem des Deutschordenshauses (Tab. 126) ent-
sprechend. Jetzt fehlt er.

Baugeschichte.

Die Franziskaner oder, wie sie in Gelnhausen zumeist genannt wurden, Barfüsser, haben sich schon
früh hier niedergelassen. Bereits 1248 wird ein heinricus guardianus frater minorum genannt (Urkb. I, p. 187).
Wenn es dann anderwärts heisst: 1282 cepit aed'tßcari hoc monasterium ex eleemosynis fratrum collectis et quo-
rundam benefactorum et civhim Uberalitate (Zeitschr. f. Gesch. des Oberrheines 1863, p. 80), so kann damit
nur eine erhebliche Erneuerung oder Erweiterung gemeint sein, nicht etwa eine Verlegung an eine andere
Stelle. In der That passt dieses Datum für die Formen des Kreuzganges, während die kleine bescheidene
Kirche zweifellos vor 1248 bestanden hat, und etwa mit einem provisorischen, aus Fachwerk construirten
Kreuzgang und Zellenbau verbunden war. Im Anfang des 14. Jahrhunderts mag dann das bei der Bürgerschaft
stets sehr beliebte Kloster durch reiche Schenkungen in die Lage versetzt worden sein, eine neue, nicht aus-
schliesslich für die Klosterangehörigen benutzbare Kirche zu errichten, und damit stimmen sowohl die Formen
der Ansicht auf Tab. 16 als eine von Hundeshagen selbst später in seinen Brouillons gegebene Darstellung
eines Fensters „aus dem Kloster" (Fig. 7). Im 15. Jahrhundert werden auch andere Klostertheile
erwähnt; so findet 1424 eine Vertragsverhandlung in der „grossen conventstoben . . . der mynnerbruder zu
Geylnhusen" statt und 1429 eine ebensolche in „dem vordirn cruezegang zue den barfueszen" (Staatsarchiv
Marburg, Abtheilung Gelnhausen, und Berlin, Stadtbuch von Gelnhausen, bl. 104). Die Kirche wird 1426
(Stadtbuch bl. 166) „unser lieben frauwe nuwe kirche", offenbar im Gegensatz zur alten Capelle, genannt, woraus
zugleich hervorgeht, dass auch sie der Maria geweiht war. Das Kloster war trotz seiner Beliebtheit nur schwach
besetzt, und zwar mit sechs fratres und einem Guardian. Auf Bitten des Custos des Barfüsserordens am Nieder-
rhein, zu welcher Ordensprovinz Gelnhausen zählte, setzte der Rath einen Curator und fünf Vormünder zur
Verwaltung der Einkünfte und Erhaltung der Bauten gegen „weselichen Lohn" ein (Anfang 15. Jahrh. Staats-
archiv Marburg. Dep. d. Stadt Gelnh.).

Leider fehlen aus dem Mittelalter weitere Nachrichten. Im Jahre 1540 fand eine feierliche Uebergabe
des Klosters an die Stadt von Seiten des Ordensprovinzials statt, da die gestifteten Gefälle nicht eingingen,
dagegen Schulden vorhanden und die Gebäude verfallen waren, sodass nur ein Conventuale noch in dem
Kloster ausharrte. Die Gebäude des Klosters wurden für eine Schule bestimmt, die Einkünfte dem Hospital
zugewiesen (Zeitschrift für Geschichte des Oberrheins 1863, p. 81). 1542 übergab zufolge dieses Vertrages
 
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