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Bickell, Ludwig [Hrsg.]
Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Cassel (Band 1): Kreis Gelnhausen: Textband — Marburg, 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.13326#0112

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Der Johanniterhof

Das Johanniterhaus zu Rüdigheim (bei Hanau) besass m der Holzgasse zu Gelnhausen (Stadtplan 10)
einen Hof, welcher erst 1384 genannt wird, wohl aber schon erheblich früher bestand (Urkb. IV, p. 299). Ob
der 1360 genannte capellanus St. Johannis evangelistae eine zu diesem Höf oder eine zu der Pfarrkirche gehörige
Capelle verwaltet hat, ist fraglich, da in der betreffenden Urkunde (Urkb. III, p. 394) bei Festsetzung der
Oompetenz des plebanus der Marienkirche anscheinend wohl nur Capläne selbständiger Capellen: St. Peter,
St. Michael, St. Johannes evangelista genannt sind, der Titel aber Bedenken erregt, da bei einer Johanniter-
capelle Johannes baptista zu erwarten wäre. Eine Capelle in dein Johanniterhof ist thätsächlicn vorhanden
gewesen. Es wird 1426 „ein altarist zu St. Johann her Friedrich Krug" genannt und 1428 sein Nachfolger,
ein Prister St. Johansordens der den Altar der in der cleynen Capellen zu samten Johans bii uns gelegen, ist innehat
(Berlin, Stadtbuch von Gelnhausen, fol. 174 und 185).

Das Haus blieb auch nach der Reformation im Besitz des Ordens, doch musste der Comthur von
Rüdigheim dem Rath versprechen, von den Gefällen des Hauses, die noch bis 1524 durch Schenkungen ver-
mehrt waren, 10 ti. an den Kasten abzuliefern, falls und so lange als er keinen Priester „zur Verwaltung der
Gotteslehre in der Johanneskirchen" bestelle (Stadtarchiv Gelnhausen, Zinsen und Gefälle 1547 seq.).

Weitere Nachrichten, die über den baulichen Zustand und die Einrichtungen des Johanniterhauses
Aufschluss geben könnten, fehlen. In den Kriegszeiten scheinen die Herrn das Haus nicht mehr bewohnt zu
haben. 1675 wurde es von dem dortigen Apotheker commissarisch verwaltet, und war so herabgekommen, dass
ein auswärtiger Bürger heimlich einen Brennofen für Tabakspfeifen in der Capelle einrichten, wüste Gesellen
sogar todtes Vieh in dieselbe werfen konnten (Rathsprotokolle der betreifenden Jahre).

1707 wurde das Haus mit der zugehörigen Gerechtigkeit im Büdinger Wald gegen Uebernahme um-
fänglicher Reparaturen— Dielung des Speichers, Fenster, „Spindelsteig", neue Kelter, Oefen etc. — verpachtet
(Staatsarchiv Marburg, Archiv der Commende Rüdigheim). 1720—54 bewohnte es der Posthalter und Capitän
Fabricius, der den 1550 festgesetzten Zins u. a. entrichten musste (Rathsprotokoll), es war also noch in gutem
baulichen Zustand. Die Zeit des Ueberganges in Privatbesitz ist nicht zu ermitteln gewesen. Schon um 1830,
als Puhl es zeichnete und auf seiner Tabelle XXIV veröffentlichte, war es aber sehr heruntergekommen.

Von diesem Johanniterhof hat sich der Hauptwohnbau mit der Capelle erhalten, beide von geringen
Abmessungen, wie das ganze Grundstück, dessen Umfassungsmauern, wenn auch zu Gartenmauern erniedrigt
und des noch von Ruhl gezeichneten Rundbogenthores beraubt, noch zu verfolgen sind.

Der Wohnbau Tab. 125 hat ursprünglich auch auf der Südseite dieselben kleinen, paarweise gestellten
Spitzbogenfenster gehabt wie auf der Westseite, und wird unbedenklich in die Mitte des 14. Jahrhunderts ge-
setzt werden können. Im Laufe des 15. erhielt die Südseite dann Kreuzstockfenster, an deren Stelle in den
50er Jahren schlechte moderne traten. Das dreitheilige Fenster des Erdgeschosses beleuchtete nur den Haus-
flur, nicht etwa eine Capelle, wie Ruhl vermuthet. Bei der Umänderung der Fenster im 15. Jahrhundert sind
auch andere, nicht mehr auf den ursprünglichen Consolen ruhende Decken eingezogen.
 
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