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Bickell, Ludwig [Hrsg.]
Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Cassel (Band 1): Kreis Gelnhausen: Textband — Marburg, 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.13326#0164

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146

Gonsroth. Hailer.

getrieben, sodas bei der Reparatur 1717 eiserne Anker gezogen werden mussten, welche mittelst starker,
aussen angelehnter und unten eingegrabener Eichenbalken die Mauern gleichmässig stützen sollen.

Von den auf der Nord-, West- und Ostseite umlaufenden Emporen ist der östliche Arm, welcher die
Orgel trägt, später, wohl 1717, zugesetzt.

Der Altar ist ein Tisch mit gedrehten Beinen.

Die Orgel und

Das Gestühl sind durch die Tab. 237 hinlänglich illustrirt.

Das Thurmkreuz und der noch in alter Weise iin Querschnitt an den Kanten verstärkte Thürbeschlag
sind bemerkenswerthe Schmiedearbeiten. In dem vom Dachwerk isolirten, wohl eonstruirten Glockenstuhl hängen

Zwei Glocken. Die grössere hat 0,72 Durchmesser, 0,56 Höhe und in den schönen Minuskeln aus
den ersten Jahren des 16. Jahrhunderts (cf. Tab. 180) die Inschrift :

peter • gerenfgert • goäg • mtdj • 1520 -4- anrta • formt • fugito • fulmen • gelibeuque prume +

tempeta§ • fileat • nerttuS • et • tp3e • furen§ +
Die kleinere hat 0,0675 Durchmesser, 0,50 Höhe und die Inschrift in lateinischen Grossbuchstaben:
am- GOS • MICH • 10HANNES • VND • ANDREAS • SCHNEIDEWIND • ZU • FRANKFURT ■ ANNO • 1774 •
Die Kirchengeräthe sind modern, nur eine zinnerne Taufschüssel aus dem vorigen Jahrhundert.

Hailer.

Dorf von 650 Einwohnern, 3/4 Stunden südwestlich von Gelnhausen. Gehörte ehemals zum Gericht
Mittlau bezw. Seibold jetzt zum Amtsgericht Meerholz. Es kommt zuerst in einer Urkunde vom Jahr 1207 vor,
in welcher das Kloster Meerholz ihm ungelegene Güter zu Büdingen gegen reichslehnbare zu „Heiler"
mit kaiserlicher Genehmigung eintauscht (Urk. I, p. 99).

Meerholz, welches selbst auf Reichsboden lag (in obiger Urkunde sagt K. Philipp „in bonis nostris
•constitutum"), besass in Hailer nur diesen Hof, den Zehnten daselbst hatte Selbold behalten (Urk. v. 1236, I,
151). Hailer muss schon im Anfang des 13. Jahrhunderts ein selbständiges Dorf gewesen sein, da 1251 ein
villicus in Heyleres genannt wird (Urk. I, 204). Dass das Reich noch andere Höfe in Hailer besass, geht
daraus hervor, dass K. Wenzel 1394 einen Burgmann von Gelnhausen, Quiddenbaum mit dem „hof hailir zu
selbolder gericht gelegen uf der lauterlachen" belehnte (Urk. IV, p. 587).

Der Name wird noch verschiedentlich variirt: Heyleyrs 1236, Heylires 1251, Hyller 1399 und 1521
wieder Heyler, und ist in der auf fuldischem Gebiet häufig vorkommenden Weise von dem genetiv eines Personen-
namens — etwa heilmar, heilrat abzuleiten (Arnold p. 424).

Im Anfang des 17. Jahrh. wurde Hailer, nachdem schon im 15. verunglückte Versuche gemacht waren,
in Gruben die nach Altenhasslau zu lagen ein Bergbau auf Gold, Silber und Kupfer eröffnet, und von Kaiser
Mathias 1617 dem Grafen von Isenburg ein Privileg zum Prägen von Gold- und Silbermünzen ertheilt. Graf
Wolfgang Ernst betrieb die Gruben auf eigene Rechnung und prägte thatsächlich 1618 Münzen mit der Inschrift:
„donum dei ex fodinis Heiler". 1702 wurden die Gruben verpachtet, der Betrieb aber bald als unergiebig
eingestellt.

Der Ort, wenigstens ein Theil desselben war ummauert, da sich Mauern mit Schiessscharten noch längs
der Chaussee nach Meerholz erhalten haben. Zahlreiche gut ausgebildete Fachwerkbauten zeichnen ihn vor
allen anderen Orten des Kreises aus und besonders bemerkenswerth sind die Nrr. 1 und 6.

Hailer ist kirchlich von jeher unselbständig gewesen und noch jetzt nach Meerholz eingepfarrt. Dass
daselbst ehemals eine Capelle bestanden ist nicht nachzuweisen, aber wahrscheinlich, da die jetzige Todten-
capelle auf alter Grundlage errichtet erscheint.
 
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