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Bickell, Ludwig [Hrsg.]
Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Cassel (Band 1): Kreis Gelnhausen: Textband — Marburg, 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.13326#0175

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Lichenroth. Lohrhaupten.

157

orientirt und kein charakterischer alter Theil blieb erhalten. Von dein damaligen Neubau gibt Tab. 248 eine
Ansicht, 249 die schöne Kanzel wieder. Der Grundriss (Tab. 242, H, 1.) zeigt die Disposition als Saalkirche,
wobei nicht recht verständlich ist, wesshalb man den im Innern gar nicht bemerkbaren polygonen westlichen
ScMugs ausführte. Der Altartisch steht von einem Gitter umgeben in der Mitte der Kirche, davor auf der
Südseite die Kanzel. Der mittlere Raum ist so vorzüglich beleuchtet und übersichtlich.

Die Emporensäulen und Brüstungen haben das Fig. 2 angegebene Profil, die Brüstungen aus-
geschnittene Baluster. Der Altar ist ein hölzerner Tisch, die Orgel modern.

Das Hauptinteresse concentrirt sich auf die steinerne Kanzel deren Ornainentation und Aufbau lebhaft
an die freilich viel sorgfältiger gearbeitete in der Schlosscapelle zu Büdingen erinnert. Auf der vordersten
Füllung neben einer aus einem Krug aufsteigenden Lilie steht

Ao 16 77
I, M
W CG

Eine weitere Füllung enthält das Isenburgische Wappen. Der Kanzelfuss ist eine mit anliegendem Laubwerk
bekleidete Candelabersäule.

Das Gestühl ist dem zu Kirchbracht sehr ähnlich, aber besser detaillirt (Fig. 3).

Die Glocken sind nach dem Bau neu beschafft.

Im Ort sind einzelne Fachwerkhäuser von guter Durchbildung zu verzeichnen, darunter besonders Nr. 47,
welches für die „hessischen Holzbauten" aufgenommen wurde.

Lohrhaupten.

Dorf von 880 Einwohnern, 6 Stunden südöstlich von Gelnhausen. Hatte ehemals ein eigenes Gericht
und gehört jetzt zum Amtsgericht Bieber. Das alte Gericht unifasste nur die Orte Lohrhaupten, Kempfenbrunn
und Flörsbach nebst dem 1767 neuangelegten Nusborn.

Der Ort wird bereits 1184 unter den Besitzungen des Stiftes zu Aschaffenburg genannt: predinm in
Larhoubeten cum parrochia et decimis (Urk. I, p. 88) und heisst später 1265 Larhoybeten, 1324 Lorhaupten. Arnold
p. 140 leitet den Namen von lar = locus mansio ab; es ist aber nicht wahrscheinlich, dass mit diesem
Grundwort der Name des Baches „Lohr" zusammenhängt, an dessen Quelle unser Ort liegt, und welcher offen-
bar auch der an seiner Mündung in den Main liegenden Stadt Lohr den Namen gab. Lohrhaupten würde dem-
nach naturgemäss Quelle der Lohr bedeuten, während die Ableitung des Bachnamens selbst noch unentschieden
bleiben muss. Der Bach lare selbst wird zuerst 1339 (Urk. II, 509) genannt.

Der Ort muss schon früher einige Bedeutung erlangt haben, da man ihn 1265 bei Bestimmung des
Gebietes für den damals zwischen Mainz, den wetterauischen Reichsstädten und mächtigen Territorialherrn ver-
einbarten Landfrieden, als einen der weit auseinanderliegenden Grenzpunkte festsetzte (Urk. I, p. 295).

In weltlicher Beziehung gehörte Lohrhaupten zur Grafschaft Rieneck (cf. Vergleich der Grafen mit dem
Stift zu Aschaffenburg von 1233, Urk. I, 389), kam nach dem Aussterben der Rotenfelser Linie dieses Hauses
an Hanau und so an Hessen.

In kirchlicher Beziehung gehörte es zu Mainz, welches auch nach der Reformation das Patrohat fest-
hielt und erst 1685 an Hanau abtrat. (Marburg, Staatsarch. 0. S. S. 2404).

Bereits 1184 wird, wie eingangs erwähnt, die parochia in Larhoubeten genannt, es muss also auch
eine Kirche dort vorhanden gewesen sein, doch fehlen Nachrichten über dieselbe aus dem Mittelalter scheinbar
vollständig, nicht einmal der Titel ist bekannt.
 
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