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Bickell, Ludwig [Hrsg.]
Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Cassel (Band 1): Kreis Gelnhausen: Textband — Marburg, 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.13326#0176

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158

Lohrhaupten.

Die Pfarrkirche.

Die jetzige Dorfkirche liegt auf einem Vorsprung des Berges, an welchem sich der Ort
emporzieht, weithin sichtbar inmitten eines ehemals befestigten Todtenhofes. Nach einem verheerenden Brand,
welcher 1675 9./3. (nach Arnd p. 471) mit dem grössten Theil des Dorfes auch die angeblich ans Holz erbaute
Kirche vernichtet hatte, wurde der Pfarrsitz bis 1701 nach Partenstein verlegt (Hochhut p. 792), da aber die
Kirche erst 1765 neu gebaut ist, muss inzwischen ein Provisorium beschafft gewesen sein.

Der Neubau besteht aus einem geräumigen flachgedeckten saalartigen Schiff, dessen Axe von Nord
nach Süd gerichtet ist, so dass der von der alten Kirche beibehaltene quadratische Turm vor der Mitte der
östlichen Langseite steht (cf. Grundriss Tab. 250). Er hat stichbogig geschlossene grosse Fenster und recht-
eckige Thüren auf beiden Schmalseiten, deren nördliche über einem reiehprofilirten Rahmen ein grosses kräftig
modellirtes Hanauer Wappen besitzt, darunter die Inschrift:

©D3I3: gu ©breit j 11. gu heilfamer ©tbauuug [ rourbe unter ber Regierung be§ ®urchl. dürften unb .gerat |
.gerat 2SQß|>@8ä)i ßaubgrafen unb ©rbpringeu 31t Reffen regiereuben ©rafen gu Jauern | biefer ßtrcfjenbau
aufgefürjrt non ber ©Dcntgeltfd) ßuthertfehen ©emeinbe | %ü öobrbaupten int $abr 1765.

Im Innern umziehen Emporen mit einfachen aus Tab. 251 erkennbaren Formen Nord-, Ost- und
Südseite, deren Treppen in den Winkeln liegen.

Der Alt artisch von Holz steht mit einem schön und kräftig profilirten Holzgitter umgeben mitten
in der Kirche vor der

Kanzel, welche an der Westwand auskragt und von einem zugleich als Sacristei dienenden westlichen
Anbau aus zugänglich ist Tab. 252. Sie ist ein sorgfältig aus Eichen- und Nussholz hergestelltes mit spar-
samen Schnitzereien geziertes Schreinerwerkstück, dessen Verfertiger leider unbekannt ist, welcher aber der
Tradition nach aus dem bayrischen — aus Würzburg vermuthlich — stammt. In wirkungsvoller Weise belebt
sie durch eine umfangreiche wohlgegliederte Täfelung mit dem Sacristeieingang und Pfarrstand verbunden, diese
sonst nur von grossen Fenstern durchbrochene Seitemvaiid.

Die Orgel hat einen mustergiltigen Aufbau und eine wirkungsvolle, wenn auch im Einzelnen steife
Ornamentation, wie Tab. 251 zeigt. Auch sie soll aus Würzburg stammen.

Der Thurm bildete bei der alten Kirche den Chor und hat einen Schmiegesockel, sowie ein Wasser-
schlaggesims in der Höhe des Gewölbes. Die Fenster des Erdgeschosses waren ursprünglich zweitheilig, nach
den Ansätzen im hohlprofilirten Gewände mit einem Dreipass über zwei schlichten Spitzbögen als .Masswerk.
Die der Glockenstube haben noch die alte Theilung mit einfachen Spitzbogen wie an der Kirche zu Orb
(•cf. Tab. 250 und 270 seq.). Ein Zwischengeschoss hat jederseits zwei wohl gleichzeitige Schlüssellochscharton.
Dachsims und Helm sind beim Neubau des Schiffes erneuert.

Das Untergeschoss ist durch eine 2,56 in breite, wohl 1775 verengte unprotilirte Rundbogenöffnung'
mit dem Schiff verbunden, und hat ein Kreuzgewölbe mit hohl profilirten Bippen ohne Schlussstein, die auf
einfach pyramidalen Oonsölchen aufsetzen, von denen das rechts auf der Ostseite ein Schildchen mit dem Hanauer
Wappen trägt. In der Wand links (nördlich) fand sich vor einigen Jahren beim Ausbessern des Anstriches«
eine Nische, in wTelche Reste eines schönen Wandtabernakels vermauert waren, welche man 1775 abgeschlagen
hatte um eine „egale" Wand zu bekommen. Der Thurm ist nach den sparsamen Architekturformen um 1500
entstanden, von der alten schon im 12. Jahrhundert erwähnten Kirche aber keine Spur erhalten. Von den
Altargeräthen ist zu erwähnen nur ein

Kelch aus Silber, vergoldet mit Achtpassfuss und nachkugeligem zu acht quadratischem Stiruschildchen
ausgekerbtem Nodus, dessen Cuppa bereits ein nach Aussen ausgeschweiftes Profil hat.

Glocken. Die grösste von 1,047 Durchmesser, 0,78 m Höhe hat in lateinischen Grosshuchstaben
die Inschrift:

GIB • IESU • DASZ • MEIN • TON • IM ■ FRIEDEN • STAETS • ERSCHALLE • BEWAHRE - DIESEN -
ORT . IN . GOTTES . NAMEN . FLOSS . ICH . IOHANN • PETES • BACH . IN • WINDECKEN . GOSS • MICH i

ANNO 1770.

Die mittlere hat 0,82 Durchmesser, 0,63 Höhe und die Inschrift: PH ■ BACH • ZU • WINDECKEN 1837.
 
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