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Bickell, Ludwig [Hrsg.]
Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Cassel (Band 1): Kreis Gelnhausen: Textband — Marburg, 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.13326#0185

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Niedermittlau.

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Niedermittlau.

Dorf von 750 Einwohnern, l»/4 Stunde südwestlich von Gelnhausen im ehemaligen Gericht Mittlau,
jezt Meerholz. Auf diesen Ort, nicht auf Altenmittlau, beziehen sich die ältesten urkundlichen Nachrichten,
welche das Verhältnis zu Kloster Seibold veranlasste und bewahrte. Die gefälschte Urkunde von 1151 nennt
ihn Mittlau. 1101 heisst es Mittilaha, 1210 Mitteln. 1258 Mitla major (Urk. I, p. 253), 1266 Mittelau, 1536
Niederinitlau.

Das Gericht Mittlau war ein Märkergericht als Theil des Centgerichtes Seibold, und hatte seine Malstätte
auf der Neuenbürg' bei Meerholz (Jungh. p. Ol). Sein Gebiet war zumeist in den Händen von Adelsfamilien
der Umgegend, der von Rückingen, Gondsroth, Fuszechin u. s. w., auch des Klosters von Seibold, und gelangte
allmälig besonders seit der Säcularisation des letztern in die der Ysenburger. Kirchlich gehört der Ort zu
Mainz. Es bestand sehon früh daselbst:

Die Laurentius^ und Georgscapelie,

deren Patronat bereits 1258 Helfricb von Rüdigheim dem Kloster Meerholz käuflieh überlassen ha'te: patronatm
capellae cum decimis tum in villa superiori quam inferiori (Urk. 1. p. 253). Der Titel der Capelle ist genannt
in einer Urkunde von 1426 (Würdtwein Dipl. Hl. 220)]). Nach der Reformation wurde sie zur Pfarrkirche
erhoben, und Gonsroth und Neuenhasslau eingepfarrt.

Nach dem 30jährigen Krieg war sie in schlechten Zustand gerathen, und wurde 1650 nothdürftig mit
Collektgeldern hergestellt, auch ein Gemeindewald dazu an einen holländischen Holzhändler verkauft. Die
alte Kirche besass bis dahin „nicht eine einige bohrkirch" (cf. Collektenbrief des Grafen von Ysenbnrg im
Archiv zu Büdingen, Culturwesen Nr. 567). Trotzdem verfiel sie immer mehr, und wurde 1780 durch einen
Neubau ersetzt, wobei man jedoch den starken quadratischen alten Thurm beibehielt, an den ein einfach
rechteckiges Schiff mit flacher Decke, grossen Stichbogenfenstern rechteckigen antikisirend umrahmten Thüren,
nach Osten hin angesetzt wurde, dessen einzigen Schmuck der der Strasse zugekehrte geschweifte Giebel bildet.

Der Thurm ist der interessanteste Theil des Baues und wohl der älteste des Kreises. Er ist aus
gut behauenen Bruchsteinen von sehr ungleicher Schichthöhe, aber mit regelmässig geraden, starken Lagerfugen
und Eckquadern errichtet, deren untere zum Teil Bossen tragen.

Das Erdgeschoss. in welches eine schmale unprofilirte Rundbogenpforte führt, ist mit einem rippen-
losen Kreuzgewölbe überdeckt, und durch einen breiten, jetzt vermauerten, unprotilirten Bogen mit dem Schiff
Aerbunden. Leber der Eingangspforte ist ein kleines, tief abgeschrägtes Rundfehsterehen angebracht, und in
ca. 6 m Höhe befindet sich der alte Eingang zu den oberen Theilen des Thurmes. Zur Erleuchtung dieses
Eingangsgeschosses dient ein winziges Rundbogenfensterchen nach Süden, darüber hinaus sind die Thurmmauern
ausser von einem schmalen Lichtschlitz nach Süden nur von den gekuppelten Schallöflhuiigen der Glockenstube
durchbrochen.

Diese sind jetzt durch dünne Mauern halb verschlossen, welche jedoch die Säulen nach Innen vollständig
freilassen. Die unprotilirten Arkadenrundbögen ruhen auf schlanken Säulchen, deren Capitäle wie Basen die
Würfelform zeigen (cf. Tab. 347 D, Fig. 1). Die Mauern laufen im Ausseren um 15 cm nach oben zusammen,
und haben im Inneren Rücksprünge, auf welchem der Hölzeinban von selten altertümlichem Verband ruht (Fig. 3 ).
"Während dieser noch aus der Erbauungszeit stammen könnte, scheint der Thurmhelm mit seinen schmalen steilen
Giebeln dem Umbau von 1454 anzugehören, welcher durch eine neben der Südthüre eingemauerte alte Inschrift
bezeugt ist (Fig. 2), die sich vielleicht zunächst nur auf den Chor bezogen hat. In halber Höhe des Thurms
sitzt nach Süden ein kleiner Fratzenkopf.

Im Innern umziehen Emporen mit getäfelten Brüstungen auf ausgeschweiften vierkantigen Säulen
mit Kopfbändeni (Fig. 4) Nord-, Ost- und Südseite.

l) von Steiner irrtümlich auf Altenmittlau bezogen.
 
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