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Bickell, Ludwig [Hrsg.]
Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Cassel (Band 1): Kreis Gelnhausen: Textband — Marburg, 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.13326#0211

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Unterreichenbäch. Untersotzbach. 193

In dem Unterbau befinden sieb zwei stichbogige Tiniren, eine mit der Jahreszahl 1565, die andere
mit 1597, beide zu kellerartigen Gefängnissen führend, dem oben erwähnte „Diebesstock" zu welchem als Er-
gänzung der eigentliche Stock, Halseisen u. dgl. hinzuzudenken sind. Junghans in den Mittheilungen des
Hanauer Geschichtsvereius 1877 p. 18 meint, das Gerichtshaus sei abgebrochen.

Untersotzbach.

Dorf von 360 Einwohnern, 4 Stunden nordnordöstlich von Gelnhausen, lag ehemals im Gericht Reichen-
bach, jetzt im Amtsgericht Birstein. Der Name ist ursprünglich ein Bachname und kommt als solcher in der
Beschreibung des Gebietes der Kirche zu Reichenbach vom Jahr 810 vor, wo er Rottesbach, Sotderesbach
(Schannat) genannt wird (Urk. I, p. 9). Auch bei der Beschreibung des Gebietes von .Salmünster um 900
wird er genannt und zwar nach den Traditionen verschieden: Scotdesbach, Sotesbach (cod. Eberhardi), Sotdes-
bach, Sodderesbach (Schannat) (cf. Urk. I, p. 20).

Erst 1326 kommt eine villa Sotsbach superior als Ort vor, in welchem fuldische Lehngüter lagen
(Urk. II, 278) und heisst schon 1356 Sotzbacb (Urk. III, 226, 12), 1543 wird sogar ein Ober-, Mittel- und
Untersotzbach unterschieden (Wippermann p. 82). Der Name wird wohl mit Simon als siedender, zischender
Bach zu deuten, nicht von söt = puteus abzuleiten sein, wie Arnold 322 annimmt.

In kirchlicher Beziehung gehörte es zu Reichenbach und in dem Conipetenzverzeichniss von 1488 wird
die Filialcapelle daselbst eine neue genannt. Nach Akten des Pfarrarchivs zu Reichenbach soll 1790 ein Umbau
stattgefunden haben, nach Hochhuth 1818 eine Neueinrichtung des Inneren, beides uncontrolirbare und wie die
Beschreibung zeigt, im AVesentlichen falsche Nachrichten.

Der alte Titel der Kirche ist nicht zu ermitteln gewesen.

Die Filialkirche

in ihrem gegenwärtigen Bestand ist auf Tab. 318 in Ansicht und Grundriss, Tab. 319 im Detail dargestellt,
und bildet ein fast quadratisches Schiff mit erheblich schmälerem, im halben Achteck geschlossenem Chor. Sie
ist aus Sand-Bruchstein mit Quaderecken errichtet, und hat nur am Chor einen Sockel mit einfacher Fase und
einen Dachsims mit Hohlkehle und Platte. Am Schiff ist derselbe durch eine gekehlte Mauerlatte im 18. Jahrb.
ersetzt, ist aber auf der Westseite über den massiven Giebel weitergeführt. Einfach gefaste, stumpf spitzbogige
Thüren liegen auf der West- und Südseite, während die Fenster im 18. Jahrhundert zu grossen rechteckigen
erweitert sind. Am Chor haben sich auf der Ost- und Nordseite die alten ungetheilten Spitzbogenfenster mit
Kleebogenmasswerk erhalten (Tab. 319, 1), das südliche ist aber auch in ein rechteckiges umgewandelt.

Das Innere hat eine durchgebende dache Decke, auch scheint der Chor bei seiner geringen Mauer-
stärke ursprünglich nicht gewölbt gewesen zu sein. Der Triumphbogen ist bei der Anlage der Emporen,
welche (wie in Hellstein) bis in den Chor vortreten, ausgebrochen worden. Damals erhielt das Ganze auch
eine neue Balkendecke und ein neues Dachwerk mit Dachreiter. Der liegende Dachstuhl zeigt noch ganz in
mittelalterlicher Weise überblattete Zugbänder. Der starke Unterzug der Decke ruht auf einer Mittelsäule,
welche, wie die Emporensäulen, aus Eichenholz gedreht ist, das angegebene Profil hat, und auf den Kopf-
bändern Datum und Initiale des Zimmermeisters eingeschnitzt trägt (cf. Tab. 319, 2).

Die Emporen (Tab. 319, 3) sind auf den grossen Feldern der Brüstung abwechselnd mit biblischen
Scenen in naivster aber interessanter Weise durch den Weissbinder Matthes aus Fischborn 1811 bemalt.

Die Kanzel ist an den Ecken mit flachen gekröpften Pilasteru auf Consolen geschmückt, und ent-
behrt des figürlichen Schmuckes, ist aber in dem sparsamen Ornament und in den Kehlungen fein und sauber
ausgeführt (Tab. 319, 5).

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