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Frimmel, Theodor von [Hrsg.]
Blätter für Gemäldekunde — 3.1907

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Heft 9
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Rundschau
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Zur Impressionisten-Ausstellung im Salon Miethke in Wien
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https://doi.org/10.11588/diglit.27900#0205

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Nr. 9.

BLÄTTER FÜR GEMÄLDEKUNDE.

177

Wien. Bei E. Hirschler waren eine Zeit'
lang Werke des Malers Paul Kutscha aus-
gestellt.

— Am 8. und 9. April Versteigerung im
Dorotheum.

— Aus den neuen Erwerbungen der
Sammlung Matsvanszky sei, dank dem
freundlichen Entgegenkommen des Besitzers,
ein Gemälde anbei abgebildet, und zwar ein
monogrammierter Abraham van Beyeren
oder Andre a Benedetti. Erwähnt sei ein sig-
nierter, mit 1620 datierter Mat. Gundelach
(auch Gondolach), der ehedem in der Galerie
Klinkosch und später bei Dr. Alois Spitzer
auf Schloß Mannsberg in Kärnten gewesen.
Nach Möglichkeit wird noch eingehend von
beiden Bildern gehandelt. Überdies hat sich
die Sammlung bereichert durch den signierten
P. Meulener, der aus der Brunsvikschen
Galerie in Sommerau stammt, und durch ein
interessantes Bild von Gysbert Jillisz
d’Hondecoeter. Von den Erwerbungen aus
der Auktion Goldschmidt wird noch die
Rede sein.

ZUR IMPRESSIONISTEN-AUS-
STELLUNG IM SALON MIETHKE
IN WIEN.

Die französischen Impressionisten haben
im Musee du Luxembourg längst Eingang ge-
funden. Damit ist auch ihre Aufnahme ins
Louvremuseum gesichert und vor kurzem ist
tatsächlich Manets Olympia in den Louvre
gewandert. Hat die neue Schule so viel Einfluß
im Staat, daß man das durchsetzen konnte
oder steckt in der so lange geschmähten Ein-
drucksmalerei dennoch etwas künstlerisch
Wertvolles, das nach und nach den Kunst-
kreisen klar geworden ist? Ich neige zu der
Ansicht, daß die impressionistische Richtung
einen wertvollen Kern hat, auch wenn allerlei
nichtige Hüllen herum liegen. Impressionismus
ist eben im großen genommen eine Art zu
sehen und zu malen, die ihre Berechtigung
hat, ebenso, wie man der feinsten Feinmalerei
oder der gröbsten dekorativen Stilisierung ihr
Recht des Daseins nicht bestreiten kann. Inner-
halb des Impressionismus gibt es dann wieder
viele Teilrichtungen, die entweder ganz sub-
jektiver Natur sind oder an ältere Zweige der
Malerei anknüpfen.

Der wahrste Impressionismus ist eine
nach Möglichkeit naturalistische Kunst, aber
eine von stärkstem Individualismus. E. Zola
hatte zum Teil recht, wenn er sagte: Ein
Kunstwerk ist ein Winkel der Schöpfung, ge-
sehen durch ein Temperament. Dieses oft

wiederholte und umgeformte Apercu ist freilich
lange, noch lange keine Definition, nicht einmal
eine Umschreibung des Begriffs Kunstwerk,
aber der Hinweis auf das Individuelle, auf ein
Temperament, trifft ohne Zweifel zu. Vielleicht
haben die Impressionisten das Individuelle an
der Kunst mehr betont als je ihre Vorgänger.
Darin liegt eine Befreiung von schulmäßigen
Fesseln, aber auch die Gefahr, das zu ver-
säumen, was sich von der Kunst in der Schule
lernen läßt.

Liegen einem nicht derlei Erörterungen
nahe, wenn man jetzt bei Miethke in* Wien *)
die Ausstellung von Werken eines Paul
Gauguin, eines Seurat, Signac, Cezannes,
Puy, van Rysselberghe, Em. Bernard,
M. Luce, Maurice Denis usw. durchstudiert?

Gauguin ist von einem überkräftigen
Subjektivismus, der jedem Betrachter ein
starkes Sicheinfühlen zumutet. Man muß sich
wohl in des Künstlers Gedankenwelt und Auf-
fassung einleben, um ihn nicht ungerecht zu
beurteilen. Er kann als Stilist auf impressioni-
stischer Grundlage angesehen werden.

Cezanne verlangt eine gezwungene Art
des Schauens, ein Schauen, ohne Einzelheiten
zu bemerken. Dem ungekünstelten Blick kann
er nichts bieten. Wenn man sich aber so
anstellt, als ob man nahezu gar nichts mehr
sehen wollte, tun die Bilder aus der Entfer-
nung eine gewisse malerische Wirkung. In der
ausgestellten Landschaft ein gelblichwarmer
sonniger verschwommener Fleck zwischen
Grün. Ein dunkles Stilleben, in dem die
Stimmung älterer italienischer oder spanischer
Meister anklingt. Ein flach modelliertes und
doch halb plastisch aufgetragenes Bildnis wird
vergeblich aus der Ferne, vergeblich aus der
Nähe betrachtet. Wo die vielgerühmten Quali-
täten Cezannes stecken sollen, ist wohl nur
der Partei klar.

Puy ist ein Talent, das noch nicht recht
fertig ist. Seine Stärke liegt, nach den aus-
gestellten Proben zu urteilen, in der Farbe.
Die Formgebung könnte noch lange kühn
und genial sein, ohne so nachlässig aufzu-
treten wie auf Puys Bildern. Indes könnte
seine Art in weiten Kreisen interessieren. Paul
Marquet muß erst Hände zeichnen lernen, viel-
leicht auch noch vieles andere. Henri Matisse ist
innerhalb der Richtung, die er eingeschlagen
hat, schwach. Aber wer möchte die gesunden
Ansätze verkennen, die nur so aus reiner
Ziererei unausgebildet bleiben! Ähnlich bei
einigen anderen, die man in der Ausstellung
vorfindet. Die bedeutendste Erscheinung in
der Ausstellung ist ohne jeden Zweifel Gau-

*) Als Anhang ist auch eine Reihe von Werken
Wilhelm Lists ausgestellt.
 
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