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II. Mobilinr.

Das antike Wohnhaus kennt nicht entfernt den Reichtum
an allerlei Arten von Mobiliar, welchen unsere modernen Woh-
nungen aufweiseu. Da gab cs keine Schreibtische und Büsfets,
Kleiderschränke und Schubkästen, Näh- und Waschtische, um von
Klavieren, Nähmaschinen u. dgl. zu schweigen, welche heutzutage
die uns ohnehin schon knapp genug bemessenen Wohnräume noch
mchr beengen. Einige Sitzmöbel, Ruhelager und Betten, Tische
und etwa daneben noch in bescheidenen Dimensionen sich haltende
Truhen oder Kästen, das macht das Mobiliar des Griechen wie
des Nömers aus; nur die mehr oder minder kostbare Beschaffen-
heit des Mobiliars, die künstlerische Ausstattung und die im
Verhältnis mit der Größe des Haushalts steigende Zahl dieser
Möbel unterscheidet den Hausrat des Neichen von dcm des
Armen. So unendlich reichhaltig und vielseitig sich hier der
Luxus entfalten konnte, so mannigfaltig Form und Ausstattung
dieser Möbel sein mochtcn, so sind cs doch immer nur diese
weuigen Grundformen, welche die antike Möbelfabrikation zu
ihrer Aufgabe hat.

Es herrscht nach allem, was wir aus unseren schriftlichen
und bildlichen Quellen entnchmen können, auf diesem Gebiete
antiken Lebens eine ganz auffallende Stabilität der Verhältnisse.
Nicht nur, daß dcr Hcmsrat selbst jahrhundertelang den gleicheu
Bestand bildet, ohne daß irgcnd ein neues Möbel dazu käme
— auch in stilistischer Hinsicht ist von jenen charakteristischen
und zum Teil schnellen Wandclungen, wie sie uns Mittelalter,
Renaissance und Neuzeit bietcn, im Altertum kaum eine Spnr
zu stnden. Jeder einigermaßen geübte Kenner des ncuern Kunst-
gewerbes versteht sich darauf, das Mobiliar nicht bloß noch
Jahrhunderten, sondern häufig sogar nach Dezennien chronologisch
zu bestimmen; man hält sein ästhetisches Gefühl für beleidigt,
wenn man in unserer erftndungsarmen, an die Mnster der Ver-
gangenheit sich anlehnenden Zeit in einer „stilvoll" eingerichteten
Wohnung einem Schreibtisch L 1u illouis XVI. in Verbindung
 
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