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Blum, Gerd
Hans von Marées: autobiographische Malerei zwischen Mythos und Moderne — München, Berlin, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.14541#0216

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VI. Autobiographie und Abstraktion

die sich seit 1879, dem Entstehungsjahr der verschollenen ersten Fassung (vgl.
Abb. 88), beobachten lässt. In diesem Gemälde (Abb. 82), das er im Jahr 1885
größtenteils fertig gestellt haben dürfte, überführt Marees autobiographische Moti-
ve in eine Verbildlichung des antiken Mythos der Hesperiden, innerhalb derer sich
körpersprachliche und formale Bedeutungskonstitution durchdringen.

VI.2. >Drei Männer<
VI.2.1. Der Porträtcharakter der Figuren und ihre szenischen Bezüge
Das kleinformatige Gemälde (Abb. 73) übernimmt die antithetische Gegenüberstel-
lung eines unentschlossenen, die Hände hinter dem Rücken verschränkenden jun-
gen Mannes und eines >Stabträgers<, auf die sich die unmittelbar vorausgehenden
zeichnerischen Entwürfe konzentrieren (III.2.3.). Zwischen diesen beiden nackten
Gestalten steht nun ein dritter Mann, der durch die vielfältigen, teilweise leuchten-
den Rottöne seines kurzen Gewandes hervorgehoben ist. Die linke Figur mit dem
Stab — wie in den Zeichnungen eine Selbstdarstellung von Marees3 4 5 — blickt aus dem
Bild heraus. Das Gesicht, das sich dem Betrachter frontal zuwendet, ist stark ty-
pisiert. Sein resignativer, etwas bitterer Ausdruck bildet einen Gegensatz zu der
selbstsicheren, fast auftrumpfenden Körperhaltung: Der Bärtige hat den rechten
Arm in die Hüfte gestützt, hält mit der ausgestreckten Linken den Stab — vielleicht
eine vom oberen Bildrand überschnittene Lanze6 — umfasst und steht mit beiden
Füßen stabil auf dem Boden. Durch einen Zwischenraum, der von der ausgreifen-
den Gebärde seines linken Armes markiert wird, ist er von den beiden nahe beiein-
3 Siehe in der vorliegenden Arbeit VI.4.1.
4 Boehm 1987, S. 149
5 Dies erkannte schon Schmoll gen. Eisenwerth 1988, S. 312, in seiner wegweisenden Interpreta-
tion des Gemäldes. Vgl. jüngst Lichtenstern 2005, S. 115 — 116.
6 Es ist unklar, ob der linke Mann der Drei Männer einen Stab, oder, wie auf der Vorzeichnung
MG 505, eine (überschnittene) Lanze trägt. Eine Lanze statt eines Stabes trägt die Gestalt eines
jungen Mannes (Hildebrands?) auf einem Kompositionsentwurf für ein Dreifigurenbild, der sich
in der Mitte des in München aufbewahrten, von Meier-Graefe zu den Vorzeichnungen der Drei
Männer gerechneten Blattes MG 509 befindet, das Kompositionsentwürfe für Dreifigurenbilder
zeigt. Links wenden sich ein älterer Mann und eine Frau einander zu. Aid dem Gemälde Fünf
Männer in einer Landschaft (MG 331; GL 138, Hamburg, Privatbesitz), das ich nur aus unzu-
reichenden Abbildungen kenne, hält ein junger Mann einen Stab wie eine Lanze. Mit Lanzen hat
Meier-Graefe in militaristischer Diktion die Stäbe der beiden rechten Figuren assoziiert: »In den
drei Männern, die aus einer großen Serie von Zeichnungen hervorgingen, gelang ihm die glück-
lichste Fassung des Dreifigurenbildes, das er mit wahrer Hartnäckigkeit damals gesucht hat. Es
ist von allen Lösungen die einfachste. Nicht eine der Lücken der beiden früheren Bilder
schwächt die robuste Haltung. Wieder nehmen die Männer den Vordergrund ein, aber diesmal
scheidet sich das Bild nicht in Akteure und Kulisse. [...] Es ist ein sehr männliches Spiel. Wie
junge Krieger stehen die kraftvollen Gestalten da. Man meint durch Lanzen zu blicken. Das Rot
des Gewandes um den in der Mitte stehenden Gesellen leuchtet wie ein Banner im Felde« (Meier-
Graefe 1909-1910, Bd. I, S. 300).

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