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Bock, Franz; Willemsen, M.
Die mittelalterlichen Kunst- und Reliquienschätze zu Maestricht: aufbewahrt in den ehemaligen Stiftskirchen des h. Servatius und Unserer Lieben Frau daselbst — Köln [u.a.], 1872

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https://doi.org/10.11588/diglit.26787#0058
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Das Tragahärchen des h. Servatius.

Es würde im Interesse der kirchlichen Alterthumswissen-
schai't eine sehr dankbare Aufgabe sein, wenn von competenter
Seite der Nachweis versucht würde, wie seit den frühesten Zeiten
des Chi'istenthums diese tragbaren Altärchen formell gestaltet und
durch die Hand der Goldschmiede artistisch ausgestattet zu wer-
den pfiegten.

Manche von diesen aJ/arM welche in den Kunst-

schätzen deutscher, italienischer und französischer Kirchen aufbewahrt
werden, leiten sicli, so viel wenigstens den consecrirten Altarstein
betriift, auf vorkarolingische Zeiten zuriick. Auch dem Maestrich-
ter Tragaltärchen schreibt die Ueberlieferung ein hohes Alter
zu, indem sie angibt, dass der h. Servatius sich desselben auf
seinen Pilgerreisen bedient habe. Offenbar kann dies nur von
dem Altarstein verstanden werden, der die obere Deckplatte des
Altärchens bildet; denn die Einfassung des Steines, sowie die
übrige metallische Bekleidung mit ihren getriebenen und niellirten
Ornamenten spricht deutlich fiir eine Entstehungszeit in der letz-
ten Hälfte des XII. Jahrhunderts.

Dazu kommt noch, dass jener interessante hgurirte Stoh,
anscheinend der sarazenisch-sicilianischen Fabrication angehörend,
der sich auf der unteren Seite des tragbaren Altärchens da be-
findet, wo ursprünglich die Oehnung war, durch seine charakte-
ristischen Dessins ebenfalls für die genannte Entstehungszeit mass-
gebend ist. Unter Fig. 11 ist in verkleinertem Massstabe ein
Theil dieses eigenthümlich gewirkten Seidenstoffes abgebildet.
Leider ist von der zusammenhängendcn Musterung ausser einigen
charakteristischen Ornamenten nur der Obertheil des Kopfes und
Halses einer pliantastischen Thierhgur, anscheinend eines Löwen
ersichtlich.

Der geschlihene Altarstein in rechteckiger Form ist ein griin-
lich gesprenkelter Serpentin und stimmt insofern mit den meisten
der erhaltenen überein.

Ein grosses Interesse für die Archäologie bietet unstreitig
jenermerkwürdige, von einemversilberten cordonnirten Rande ein-
gefasste Blutstein der gleichsain als Doppelsiegel mit

dem Aitärchen durch eine grünseidene Schnur in Yerbindung
steht. Unter Fig. 12 geben wir eine getreue Abbildung der beiden
Seiten dieses AYayYo in Originalgrösse. Sowohl die Darstellun-
gen als die Umschriften liaben sich bis heute dem eingehenden
 
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