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Boehlau, Johannes
Aus ionischen und italischen Nekropolen: Ausgrabungen und Untersuchungen zur Geschichte der nachmykenischen griechischen Kunst — Leipzig, 1898

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https://doi.org/10.11588/diglit.669#0170
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Rückblick.

Die Fikelluravasen sind Erzeugnisse des samischen Handwerks. Das ist das greif-
barste, das unmittelbar verständlichste Resultat der Habichschen Ausgrabung. Was eine
eindringende Forschung*) lange auf richtigem Wege gesucht hatte, ist durch den Spaten
gefunden worden. Es beginnt sich damit der Nebel zu lichten, der bisher die Anfänge
griechischer Kunstübung im Osten umwob, aus dem nur die allgemeinen Umrisse durch-
einanderwogender mykeniscber, geometrischer, orientalisierender Richtungen und Elemente
hervorschimmerten. Die Bestimmung des samischen Eigentums führt zur Abgrenzung des
milesischen Gutes und im Norden lassen sich Spuren einer parallelen Kunstweise grade
noch erkennen. Mit der Erkenntnis dieser lokalen Stile treten an Stelle eines vagen
Sammelbegriffs lebensfähige und lebendige Individuen, für deren Werden und Entwicklung
wir die Bedingungen ergründen, deren Eigenart wir erfassen können. Wir beobachten
die preciöse Zierlichkeit, die sich auf den samischen Gefäfsen kund giebt. Wenn uns die
milesischen Tierfriese gelegentlich an die Dekoration schwerfaltiger Teppiche gemahnen, so
mutet uns die Zeichnung auf samischen Vasen wie von der Hand eines Goldschmieds
entworfen an. Und daran ist doch wohl kein Zweifel, dafs die Vasen uns zuverlässige
Zeugen von der allgemeinen Richtung der altsamischen Kunst sind, mögen sie immerhin
hinter den Prunkstücken aus edlem Metall zurückbleiben wie die mykenischen Vasen und
Wandbilder hinter den Bechern von Vaphio. Die wundervollen Stelenkrönungen der Poly-
kratischen Nekropole sind die rechten Verwanten der Thongefäfse. Durch den nun möglich
gewordenen Vergleich zweier unabhängig von einander unter ähnlichen Bedingungen
erwachsener Stile tritt deren Struktur bestimmter und schärfer hervor. Wir lernen
die orientalisierenden Stile des Ostens als nachmykenische ansehen. Die Stärke der Zu-
sammenhänge nach rückwärts wird deutlich, das Phantom einer trennenden geometrischen
Periode verschwindet, die Umrisse der neuen Einflüsse aus Syrien beginnen sich klar
zu zeichnen. So macht unsere Ausgrabung den Weg frei, um das für das 9. Jahrhundert
centrale Problem des Verhältnisses des Mykenischen zum Orientalisierenden zu erfassen,

*) Löschcke, Athen. Mitteil. 1897. S. 261.
 
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